Corona-Strategien : Ex-Schaeffler-Chef Oliver Lödl: „Hier ist ein Ungleichgewicht am Markt entstanden“

Schaeffler Lödl Orderfox
© Schaeffler

INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Lödl, wie wirkt sich die Coronapandemie auf Ihr Geschäft aus? Treibt die Unterauslastung CNC-fertigende Unternehmen in Scharen auf Ihre Plattform?

Oliver Lödl: Wir registrieren schon jeden Tag einen Zuwachs von neuen Partnern und sehen die wachsende Nachfrage an den vielen Anfragen und Aufträgen, die vergeben werden. Einerseits sind - wie Sie sagen - viele Maschinen nicht in Betrieb oder laufen in gedrosselter Fahrt. Andererseits gibt es auch Einkäufer, die nicht wissen, wo sie dringend benötigte Bauteile herbekommen. Hier ist ein Ungleichgewicht am Markt entstanden, dass wir wieder ins Lot bringen können.

Wie sieht denn ein typisches Szenario aus, bei dem ein Fertigungsbetrieb über Ihre Plattform kapazitätsmäßig durchtauchen kann?

Lödl: Ein Beispiel ist ein Sonderfahrzeugbauer, der Module, die er zugekauft hat, nicht geliefert bekam. Orderfox half seinem Lieferanten, die fehlenden Teile in der richtigen Qualität zu besorgen. So konnte er das Modul an den Fahrzeugbauer liefern und der wiederum sein Fahrzeug ausliefern. Gemeinsam konnten wir die gesamte Lieferkette absichern. Und sogar für einen neuen Partner Aufträge sichern.

In den letzten Monaten arbeiteten viele Betriebe ihren Auftragsbestand ab. Projekte oder Anlagen wurden fertig gestellt. Wie geht es für diese Betriebe jetzt weiter?

Lödl: Diese Betriebe stehen jetzt vor einer echten Herausforderung. Über Wochen hat ja kaum eine Vergabe von Neuprojekten, Maschinen oder Investitionen stattgefunden. Auch für manche Serienfertiger ist es hart. Sie waren - als Folge ihrer globalen Sourcing-Strategien - sehr oft über Wochen von Lieferanten abgeschnitten. Die Zwischenlager wurden aufgebraucht, der Aufbau von neuen Lieferanten war oft wegen fehlender Auditierungen und Qualitätsparametern nicht möglich. Hier beginnt jetzt mit Sicherheit ein Umdenken hin zur Glokalisierung.

Manche geben der Re-Regionalisierung wenig Chancen - Sie setzen lieber auf Straffung internationaler Lieferketten.

Lödl: Auch durch neue Supply Chain-Strategien lassen sich einige Risiken des globalen Marktes abfangen. Die Risikobetrachtung wird sich aber mit Sicherheit ändern. Die lokale Vergabe von Aufträgen wird an Bedeutung gewinnen. Plattformen werden in diesem Bereich an Bedeutung gewinnen.

Die Idee, in Fertigungsverbunden Kapazitäten zu teilen, ist nicht ganz neu - man bleibt aber gern im eigenen Netzwerk unter sich.

Lödl: Ja, bisher war der CNC-Markt und das Segment der mechanischen Bearbeitung stark gekapselt. Jeder Beschaffer hat sich seine Lieferanten aufgebaut und kaum weitergegeben. Aufseiten der Fertiger war der Grund dafür zumeist der fehlende Vertrieb. Oder eine Auslastung über achtzig Prozent durch Stammkunden und wenig Druck, auf Laufkundschaft zu achten. Ganz nach dem Grundsatz: Wir uns sucht, wird uns schon finden. Das stellt Unternehmen in der Pandemie aber vor Probleme. Orderfox begann bereits vor vier Jahren, den Markt transparenter zu machen und die Vertriebsagenden für Fertiger zu übernehmen.

In Europa gibt es mehr als 130.000 CNC-Fertiger. Wieviele davon sind auf Ihrer Plattform?

Lödl: Mehr als 24.000 Partner sind bei uns registriert. Jede Woche werden über 100 Aufträge vergeben. Das Auftragsvolumen liegt bei mehr als sechs Millionen Euro im Monat. Durch unser internationales Netzwerk findet man für seinen Bedarf überall Partner und Fertigungsstätten. Auch bei Lokal-Buy-Verträgen im Anlagenbau.

Wie wird man Partner in Ihrem Netzwerk, wie rechnen Sie Ihre Dienste ab?

Lödl: Mit nur wenigen Klicks kann man sich bei Orderfox registrieren und Partner werden. Für Einkäufer ist die Partnerschaft kostenlos. Fertiger können ebenso bis zu fünf Angebote zu Anfragen pro Monat kostenlos abgeben oder sich bei Bedarf zusätzlich Kredits kaufen. Mit einer Partnerschaft um 160 Euro monatlich kann man Orderfox uneingeschränkt nutzen.

Vielen Dank für das Gespräch!