Hintergrund : Ein Blick auf Rudolf Diesel

Der Motor, der seinen Namen trägt, war eine Jahrhunderterfindung. Am 27. Februar 1892 meldet Rudolf Diesel beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin eine "neue, rationelle Wärmekraftmaschine" zum Patent an. Ein Jahr später erhält Diesel das Patent unter der Nummer 67207. Es war der Anfang einer Weltkarriere. Ohne seinen Dieselmotor wären Menschen und Güter in der heutigen Welt längst nicht so in Bewegung.

Diesels Idee war, Luft im Motorenbrennraum so großem Druck auszusetzen, dass sich der Kraftstoff von selbst entzündet. Dieselmotoren arbeiteten deutlich effektiver als andere Antriebe. Der Dieselmotor hatte einen Wirkungsgrad von etwa 26 Prozent - also das Maß, mit dem der Motor die zugeführte Energie nutzt - und übertraf damit die Dampfmaschine um mehr als das Doppelte. Moderne Dieselmotoren erreichen inzwischen einen Wirkungsgrad um die 50 Prozent.

VW-Skandal brachte den Diesel in Verruf

Für den weltweiten Handel ist der Dieselmotor immer noch elementar, vor allem im Schiffsverkehr. Als Antrieb von Autos ist der Diesel zwar nach dem VW-Abgasskandal in Verruf gekommen, vor allem in Deutschland aber haben Dieselfahrzeuge immer noch einen hohen Anteil.

Diesel wurde 1858 als Sohn eines süddeutschen Buchbinders in Paris geboren. In den Wirren des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 kam er als Flüchtling von Paris über London nach Augsburg. Diesel wurde Ingenieur. Mit der Idee seines Lebens, dem später nach ihm benannten Wärmemotor, stieß er zunächst auf viel Skepsis.

Der Direktor der Maschinenfabrik Augsburg, eine der Wurzeln von MAN, bot Diesel schließlich einen Entwicklungsvertrag an. Gemeinsam mit Krupp wurde ein Versuchsmotor gebaut. Der Ingenieur war endlich seinem "Lebenstraum" nahe: dem Menschen die schwere Arbeit vor allem in den Kleinbetrieben abzunehmen, wo Dampfmaschinen aus technischen Gründen kaum zum Einsatz kamen.

Die Reaktion auf Diesels Erfindung war gewaltig. Sein Motor sorgte weltweit für Aufsehen. Auf der Weltausstellung 1900 in Paris wurde der Dieselmotor mit dem "Grand Prix" ausgezeichnet. Ausländische Unternehmen schlossen Lizenzverträge für den Bau von Dieselmotoren. Ein Buch Diesels über die Lösung zur sozialen Frage aber wurde skeptisch aufgenommen. Die Anstrengungen und Kämpfe seiner Erfinderkarriere machten Diesel gesundheitlich zunehmend zu schaffen.

Am 29. September 1913 kam der geniale Erfinder Diesel ums Leben. Sicher ist nur, dass Rudolf Diesel an jenem Tag auf dem Schiff "Dresden" eine Kabine für eine Überfahrt des Ärmelkanals von Belgien nach England gebucht hatte. In der Nacht ging der 55-Jährige über Bord und ertrank. War es Unfall, Mord oder Suizid? Diesels Tod ist bis heute rätselhaft. (apa/dpa)

Der Präsident des Autoverbands VDA, Matthias Wissmann, glaubt, dass neue Technologien mit synthetischem Öko-Sprit "einen neuen Frühling" in den klassischen Motoren erleben können. "Wir werden auch 2030 noch hocheffiziente Verbrenner brauchen", sagte er im November.

Verglichen mit Ottomotoren ähnlicher Leistung kamen ältere Diesel bis zur Euro-5-Abgasnorm meist nicht um ein Dilemma herum: Die Senkung des Verbrauchs - und damit auch des Klimagases CO2 - gelang in der Regel besser als bei Benzinern, weil Dieselmotoren aufgrund der Selbstentzündung des Kraftstoffgemischs im Zylinder effizienter arbeiten. Dafür stoßen sie im Schnitt aber größere Mengen Stickoxide (NOx) aus, die bei hoher Konzentration als Atemgifte wirken können.

Stetige Weiterentwicklung

Auf Superbenzin ausgelegte Motoren konnten demgegenüber mit einer besseren NOx-Bilanz punkten, pusteten jedoch mehr CO2 in die Luft. In den vergangenen Jahren hat sich die Technik allerdings stark weiterentwickelt. Während Benziner durch kleinere Hubräume bei gleichzeitiger Leistungssteigerung ("downsizing") oft deutlich sparsamer und CO2-ärmer als herkömmliche Spritschleudern wurden, hievten Ingenieure den Diesel in erträglichere NOx-Bereiche.

Eine wichtige Rolle spielte dabei die zunehmende Verbreitung der "Adblue"-Technik. Die Einspritzung von Harnstoff in den Abgasstrom führt dazu, dass der Katalysator besser läuft und mehr Stickoxide zu harmlosen Stoffen reagieren, bevor die Rückstände den Auspuff verlassen. Autoexperte Willi Diez sieht hier aber primär große Wagen vorn: "Bei kompakten Fahrzeugen ist der Diesel auf dem Rückzug." Jedenfalls sind im vergangenen Jahr 2016 in Österreich 8,3 Millionen Tonnen - rund zehn Milliarden Liter - Benzin und Diesel verbraucht worden. Der Benzinverbrauch blieb dabei mit 2,1 Milliarden Liter stabil, während der Dieselverbrauch um 3,6 Prozent auf den Spitzenwert 7,9 Milliarden Liter anstieg, so der Mineralölindustrie-Fachverband.

Dennoch muss der Diesel mit großer Skepsis kämpfen - angesichts des in den USA ausgebrochenen Abgasskandals zum Teil durchaus zu Recht. In den Vereinigten Staaten sind Behörden und Gesundheitspolitik traditionell besonders sensibel, wenn es um NOx oder Feinstaub geht. Die Regulierung in etlichen Bundesstaaten ist hierbei sehr strikt.

Diesel hat große Bedeutung für deutsche Autobauer

In der EU hingegen sind vor allem strenge CO2-Regeln ein zentraler Pfeiler der Umweltpolitik. Nach dem Jahr 2020 dürfen die Flotten der Autohersteller in Europa nur noch durchschnittlich 95 Gramm des Treibhausgases pro gefahrenen Kilometer in die Atmosphäre blasen. Die Verschärfungen kritisierten Industrielobbys immer und immer wieder.

Für die deutschen Autobauer sind Dieselfahrzeuge relativ betrachtet bisher ungleich bedeutender als für die Konkurrenz in Übersee. Bei BMW etwa entfielen im vergangenen Jahr fast drei Viertel der in der Bundesrepublik verkauften Wagen auf die Diesel-Sparte.

Auch Daimler und Volkswagen sind noch stark vom Selbstzünder abhängig. Von den insgesamt 45,1 Millionen Personenwagen, die Anfang 2016 hierzulande zugelassen waren, waren laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) 32,2 Prozent Diesel- und 66,2 Prozent Benzinerautos.

Technologien bestehen nebeneinander

Der Ausbau der Elektromobilität und von weiteren Alternativen wie Brennstoffzelle oder Erdgasmotor - so schleppend er derzeit auch noch läuft - wird die Marktanteile mittelfristig sicher verschieben, schätzt der scheidende Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber: "Wir planen jetzt den Großangriff." Auf dem Weg dorthin werde man jedoch kaum auf den Diesel in seiner modernen Form verzichten können.

Ein Faktor sind neben dem häufig hohen Anschaffungspreis eines neuen Diesels aber auch unterschiedliche Betriebskosten. Solange die Kfz-Steuer für Dieselautos über der für Benziner liegt, ist der Umstieg auf neue Modelle nur bedingt attraktiv. Andererseits wird Diesel heute noch deutlich geringer besteuert als Benzin.

Abgasprobleme in der Schifffahrt

Hinzu kommt, dass der Antrieb aus anderen Branchen nicht wegzudenken ist. Beispiel Schifffahrt: Auf den Weltmeeren fahren Containerriesen mit teils haushohen Diesel-Aggregaten. Der Ausstoß von Schadstoffen hat auch hier Umweltschützer auf den Plan gerufen - ein Punkt, der laut dem Nabu lange unterschätzt wurde: "Die Seeschifffahrt hat ein massives Abgasproblem." Die Branche will daher weg von Schweröl und altem Diesel - und schrittweise sauberere Motoren einsetzen. Der Lkw-Verkehr dürfte ebenfalls mittelfristig auf Diesel angewiesen bleiben, Hybrid- oder E-Laster erreichen keine größeren Stückzahlen.

Ausgedient hat der moderne Diesel also noch nicht. Peter Mock - Europa-Chef der Umweltorganisation ICCT, die den VW-Skandal mit aufdeckte - betont: "Ihn sauber zu bekommen, ist absolut möglich." Aber die Erben von Rudolf Diesel müssten sich ranhalten, mahnt der Ex-Mitarbeiter der Daimler-Umweltabteilung. "Die Reise geht immer mehr in Richtung Elektrifizierung. Das wird immer günstiger werden." (apa/dpa)