Bauindustrie : "Den Haselsteiner will ich nicht mehr": Strabag überprüft nach Skandalvideo Aufträge
Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist wegen des Skandalvideos von Ibiza von allen Funktionen zurückgetreten. In einer Erklärung nach einem Gespräch mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte Strache, dass er als Vizekanzler zurücktrete und seine Funktionen in der Bundes- und der Wiener Landespartei zurücklege. Unmittelbar danach erklärte der bisherige geschäftsführende Klubobmann Johann Gudenus, ebenfalls von all seinen politischen Ämtern zurückzutreten.
Herkunft des Videos völlig unklar
Das Video wurde von Unbekannten heimlich auf Ibiza aufgenommen und dem "Spiegel" sowie der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt. Bei seiner Rücktrittserklärung hat Strache von einem "gezielten politischen Attentat" und einer "geheimdienstlich inszenierten Lockfalle" gesprochen, mit der ihn jemand zu Fall habe bringen wollen.
Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, gebe es tatsächlich zur Motivation der Personen, die die Aufnahmen gemacht haben, keine gesicherten Erkenntnisse. Das Video sei "auf einem Datenstick" Mitgliedern der Redaktion in einem verlassenen Hotel in der Nähe einer Autobahnraststätte übergeben worden.
Strache forderte auch "die Herausgabe des gesamten Videomaterials" und kündigte an, er werde alle medienrechtlichen und strafrechtlichen Mittel ausschöpfen. Allerdings hat die "Süddeutsche Zeitung" bereits erklärt, dass sie die Originalaufnahmen nicht zur Verfügung stellen werde. Aus Gründen des Quellenschutzes werde man keine Angaben über die Herkunft des Videos machen. Die Zeitung schreibt auch, ebenso wie der "Spiegel" kein Geld für das Video gezahlt zu haben.
"Alle staatlichen Aufträge, die jetzt die Strabag kriegt, kriegt sie dann"
Im Video stellt Strache einer angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen für Hilfe im Wahlkampf, konkret für eine Beteiligung an der "Kronen-Zeitung", öffentliche Aufträge in Aussicht. Die Dame solle eine Firma wie die Strabag gründen, so Strache bei dem in Ibiza heimlich gefilmten Gespräch an ihren Übersetzer, und "alle staatlichen Aufträge, die jetzt die Strabag kriegt, kriegt sie dann."
Die Strabag ist bekanntlich der größte österreichische Baukonzern und einer der größten Baukonzerne Europas. Aufträge des Staates spielen für die Strabag wie für viele andere große Baukonzerne eine zentrale Rolle, etwa im Straßenbau, Bahnbau und Kraftwerkbau.
Weiters ist im Video zu sehen, wie Strache sagt: "Weil den Haselsteiner will ich nicht mehr. (...) Der Haselsteiner kriegt keine Aufträge mehr." Gemeint ist damit Hans Peter Haselsteiner, Anteilseigner der Strabag, Großinvestor unter anderem bei der privaten Westbahn sowie maßgeblicher Geldgeber der österreichischen Partei "Die Neos", die gerade im Europawahlkampf für die "Vereinigten Staaten von Europa" wirbt.
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Haselsteiner will Aufträge nochmal überprüfen
Die Strabag hat nach der Veröffentlichung des Videos angekündigt, die Auftragsvergaben des vergangenen Jahres noch einmal prüfen zu lassen. Der Strabag-Eigentümer und frühere Konzernchef Haselsteiner sagte der Zeitung "Standard", er wolle "alle Aufträge des vergangenen Jahres, die wir verloren haben", genau analysieren.
ÖBB dementieren Einflußnahme
Der staatliche österreichische Bahnbetreiber ÖBB hat danach versichert, dass Bauaufträge der ÖBB-Infrastruktur an Unternehmen "immer transparent und nach dem Bestbieterprinzip vergeben" würden. "Eine Einflussnahme jeglicher Art - sei es von Parteien, privaten oder öffentlichen, in- oder ausländischen Institutionen - ist dabei ausgeschlossen und würde von den ÖBB sofort den Behörden gemeldet werden", so die ÖBB.
Asfinag betont "transparente Auftragsvergabe"
Auch der staatliche Autobahnbetreiber Asfinag hat eine Einflussnahme bei Bauaufträgen ausgeschlossen. Die Vergabe von Bauaufträgen erfolge "transparent und ausschließlich nach dem Bestbieterprinzip. Eine Einflussnahme - sei es von Interessenten oder auch eine politische - ist ausgeschlossen", so die Asfinag.
Strabag zählt zu den größten Auftragnehmern beim Autobahnbau
Es sei auch in der Vergangenheit zu keinem Versuch einer Einflussnahme aus dem politischen Bereich gekommen, betonte das Unternehmen. Die Asfinag investiere in die österreichische Infrastruktur jedes Jahr etwa eine Milliarde Euro. Die Strabag zähle dabei zu den größten Auftragnehmern.
Nur mit geheimdienstlichen Methoden möglich
Zahlreiche Medien wie etwa hier die Zeitung "Die Welt" weisen daurauf hin, dass ein solches Video nur mit professionellen geheimdienstlichen Kenntnissen hergestellt werden kann - wie sie der russische Geheimdienst unter dem Schlagwort "Kompromat" perfektioniert hat.
Doch sowohl Strache als auch Kanzler Sebastian Kurz nehmen in ihren ersten Erklärungen zur Causa nicht auf den russischen Geheimdienst, sondern ausdrücklich auf den israelischen Wahlkampfberater Tal Silberstein Bezug. Tal Silberstein hat im Auftrag der SPÖ in der Schlussphase des Wahlkampfes zur Nationalratswahl 2017 massiv in den Wahlkampf eingegriffen und "dirty campaigning" gegen die ÖVP und die FPÖ betrieben. Diese Vorgänge werden heute unter dem Schlagwort "Affäre Silberstein" zusammengefasst.
Unter anderem hat das Team von Silberstein bewusst unprofessionell gehaltene Videos gegen Sebastian Kurz produziert und Seiten auf Facebook aufgebaut, die politisch weit rechts stehende und teils rassistische, antisemitische und fremdenfeindliche Themen behandelten, um potentielle Wähler abzuschrecken und gezielt der ÖVP wie der FPÖ zu schaden.
Tal Silberstein wurde im August 2017 in Israel verhaftet wegen des Verdachts der Bestechung, Urkundenfälschung und Geldwäsche. Danach löste die SPÖ den Vertrag mit ihm auf.
(pm mit APA/Agenturen)