Elektroautos : Daimler EQS: Neues Flaggschiff und "Tesla-Jäger" im Nobelsegment

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© Daimler AG

Mit der neuen vollelektrischen Luxuslimousine EQS greift Daimler den bisherigen Vorreiter bei hochpreisigen E-Autos Tesla an. Schon vor der für Donnerstagabend angekündigten Weltpremiere, die um 18.00 Uhr über das Internet verbreitet wird, ließ Daimler Analysten hinter das Steuer des neuen Mercedes-Spitzenmodells.

Viele zeigten sich danach überzeugt, dass den Schwaben nach dem holprigen Einstieg in die Elektro-Ära mit dem ersten Modell der Stromer-Baureihe EQ, dem EQC, im vergangenen Jahr mit dem EQS jetzt ein Coup gelingt.

Analysten: Mit dem EQS kann Daimler ein Coup gelingen

"Daimler ist der Platzhirsch für Luxuslimousinen, was Fahrverhalten, Komfort und Opulenz in der Innenausstattung betrifft. Das werden sie auf Elektroautos übertragen können", sagte Jürgen Pieper, Autoanalyst vom Bankhaus Metzler.

Das Pendant zu dem im Herbst neu aufgelegten Flaggschiff-Modell S-Klasse mit Verbrennungsmotoren ist im Reigen der neuen E-Autos von Mercedes-Benz das wichtigste Modell. Elektroautos werfen zunächst bei allen Autokonzernen kaum oder keinen Gewinn ab, weil die Herstellungskosten hoch und die Stückzahlen vorerst viel geringer sind als die von Verbrenner-Pkw. Doch der EQS werde "aus dem Stand vernünftige Renditen" einfahren, hatte Daimler-Chef Ola Källenius am Wochenende der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt.

Fahrzeug kann autonom überholen, beschleunigen und bremsen

"Der EQS setzt einen neuen Maßstab an Komfort, Bedienung, Technologie, Materialqualität und Attraktivität für Elektroauto-Limousinen", schrieb Stephen Reitman, Analyst von Societe Generale. Er sei die Herausforderung für reine E-Autohersteller, allen voran für den US-Elektroautopionier Tesla. Die Elektro-Offensive der Schwaben müsse sich auch in einer höheren Bewertung an der Börse widerspiegeln, an der Tesla die traditionellen Hersteller bei weitem übertrumpft.

Allerdings übertrumpft gerade EQS das vergleichbare Konkurrenzmodell bei Tesla in Punkto Reichweite: Das neue Flaggschiff von Daimler bringt es auf eine Reichweite von bis zu 770 Kilometern - ein vergleichbarer Tesla nur auf 628 Kilometer. Außerdem kann der EQS alleine überholen, bremsen und beschleunigen.

"Tesla Fighter" und "Game Changer"

Die Deutsche Bank nannte das Luxusauto denn auch "Tesla Fighter" und "Game Changer", nicht nur für Mercedes, sondern für die gesamte deutsche Autoindustrie. "Das Auto setzt Maßstäbe mit Technik, Design und Qualität", schrieben Tim Rokossa und seine Kollegen. Als erstes echtes Luxus-Elektroauto werde der EQS die Marke mit dem Stern stärken. Das werde helfen, dass Investoren Mercedes nicht länger vorrangig als konventionellen Autobauer wahrnähmen, sondern als Marke für Luxus-Stromer. Der EQS demonstriere außerdem, dass die traditionellen Hersteller die Umstellung auf Elektromobilität schafften.

In der Früh setzten drei weitere Investmentbanken - HSBC, RBC und UBS - ihre Kursziele für die Daimler-Aktie herauf auf bis zu 90 Euro. Barclays setzte die Latte noch höher auf 100 Euro. Derzeit rangiert das im Dax enthaltene Daimler-Papier bei knapp 76 Euro. In den vergangenen Monaten waren Aktien der deutschen Autobauer schon stark im Auftrieb, nachdem sie lange unter dem VW-Dieselskandal und Zweifeln an ihrer Wandlungsfähigkeit zu emissionsfreien Fahrzeugen gelitten hatten. Denn Marktführer Volkswagen untermauerte seine Entschlossenheit dazu mit der Ankündigung von sechs Giga-Batteriefabriken in Europa Mitte März. Auch BMW macht Tempo mit dem Ziel, bis Ende 2025 zwei Millionen E-Autos zu bauen.

Eine Reichweite von stattlichen 770 Kilometern

Mit einer Reichweite von 770 Kilometern und der Schnelllademöglichkeit werde Daimlers EQS der wichtigste Herausforderer von Tesla, erklärte auch Kai Alexander Müller, Autoanalyst von Barclays. Die für dieses Jahr angekündigte zweite Generation von Teslas Konkurrenzmodell Model S kommt 660 Kilometer weit ohne Strom nachladen zu müssen.

Die deutschen Daimler-Rivalen spielen in der Tesla-Liga mit dem Audi e-tron GT, dem Porsche Taycan und dem BMW ix mit. Doch die Amerikaner blieben noch länger unerreicht, was die Software für Kommunikation und Unterhaltung im Auto betreffe, erklärte Metzler-Analyst Pieper. "Auch der EQS bietet noch nicht so viel wie Tesla, was Vernetzung und ständige Updatefähigkeit der Software angeht." (reuters/apa/red)