Textilindustrie : Bei Lenzing stehen heuer zwei wichtige Entscheidungen an

2019 stehen beim Faserkonzern Lenzing zwei weitreichende Entscheidungen an. Der über 6.800 Mitarbeiter zählende Konzern will in Zukunft mehr Spezialfasern produzieren, weil er daran besser verdient als an Viskosefasern. Derzeit macht Lenzing 45,5 Prozent des Umsatzes mit Spezialfasern, 2020 soll dieser Anteil bei 50 Prozent liegen.

Eine Strategie des Unternehmens ist, mit Spezialfasern wie Tencel auch beim Endkunden sichtbarer zu sein. Tencel-Fasern befinden sich etwa in Produkten von Levis, Löffler oder Esprit. Bei der Supermarktkette Billa gibt es Mehrwegnetze für Obst und Gemüse aus Lenzing-Modalfasern.

Wichtigster Markt für Lenzing ist Asien

Der Weltkonzern mit Sitz in Oberösterreich liefert inzwischen 70 Prozent seines Faseraufkommens nach Asien, China ist für Lenzing der größte Markt. Dahinter folgen Europa und die USA.

Zwei zentrale Entscheidungen zu Thailand und Brasilien

Anfang des zweiten Halbjahres will Lenzing über den Bau eines Lyocellwerkes in Thailand entscheiden, zudem soll Ende des zweiten Halbjahres die Entscheidung über den Bau eines Faserzellstoffwerkes in Brasilien fallen, sagte Vorstandschef Stefan Doboczky bei der Bilanzpressekonferenz vor wenigen Tagen.

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Ausbau in den USA gestoppt

Den Lyocell-Ausbau in den USA (Mobile) hat Lenzing hingegen wie berichtet vorübergehend gestoppt. "Wir müssen warten, bis sich die Rahmenbedingungen ändern. Nun konzentrieren wir uns auf Thailand", sagte Doboczky. Es sei die schwierigste Entscheidung des Jahres gewesen, aber die richtige, so der Vorstand.

Die Lyocell-Faser wird unter anderem für die Herstellung von Jeansstoffen, Blusenstoffen, Sport-Funktionstextilien, Arbeitsbekleidung, Unterwäsche und Bettartikel sowie als Vliesstoff für Hygiene- und Kosmetikartikel verwendet.

Megaprojekt in Brasilien im Blick

Ein Megaprojekt hat Lenzing in Brasilien ins Auge gefasst. Dort plant der Faserhersteller gemeinsam mit dem brasilianischen Partner Duratex ein 1-Milliarden-Dollar-Investment in ein neues Zellstoffwerk mit einer Kapazität von 450.000 Tonnen.

Damit will sich Lenzing unabhängiger vom Markt machen. Mit den Zellstoffwerken in Lenzing (Oberösterreich) und Paskov (Tschechien) deckt das Unternehmen derzeit 55 Prozent des Bedarfes selbst ab. Der Rest muss zugekauft werden. Mit dem neuen Zellstoffwerk in Brasilien steige der Eigendeckungsgrad Richtung 75 Prozent.

Die Hälfte des Geldes soll Duratex, ein Hersteller von Holzpaneelen, beisteuern. Die Entscheidung, das Werk zu bauen, hänge noch von Zulassungen, technischen Planungen und der Finanzierung ab. Lenzing sieht sich für das Großprojekt finanziell gut aufgestellt. Die Bilanz sei solide und der Verschuldungsgrad gering, sagte Doboczky.

Umsatzrückgänge nach dem Rekordjahr 2017

"2018 war ein sehr, sehr solides Jahr in einem durchaus herausfordernden Marktumfeld. 2017 waren alle Sterne gut ausgerichtet", so der Lenzing-Chef. 2017 war für Lenzing ein Rekordjahr. 2018 sorgten ein Umsatzrückgang um fast 4 Prozent, gestiegene Kosten für Natronlauge, Energie und Personal sowie Einmaleffekte für eine Halbierung des Jahresüberschusses auf 148 Mio. Euro (davor 282 Mio. Euro).

Das Betriebsergebnis (EBIT) verringerte sich um 36 Prozent auf 238 Mio. Euro. Einmaleffekte in Höhe von rund 35 Mio. Euro entstanden etwa durch die Wertminderung der Anlage im Bau in den USA oder durch die Übernahme der verbleibenden 30 Prozent des staatlichen Joint-Venture-Partners NCFC an ihrer chinesischen Tochtergesellschaft Lenzing (Nanjing) Fibers Co. Ltd. (LNF).

Aktionäre kassieren Dividende samt Sonderdividende

Trotz halbierten Gewinns plant Lenzing seinen Aktionären eine Dividende von 3 Euro samt einer Sonderdividende von 2 Euro auszubezahlen. An der Börse schmierte das Papier dennoch ab und war zu Mittag um 3,9 Prozent im Minus.

Für 2019 rechnet der Vorstand mit Ergebnissen auf dem Niveau von 2018, allerdings mit (noch) mehr Herausforderungen. Die geopolitische Situation bleibe herausfordernd, die Preise für Standardviskose dürften noch weiter sinken, jene für Natronlauge hingegen hoch bleiben. Lenzing kauft pro Jahr 500.000 Tonnen Natronlauge, hohe Preise treffen den Konzern hier deutlich. Der Verfall der Standardviskose hingegen bekommt dem Unternehmen nicht gut. Für 2019 wird erwartet, dass zusätzliche Mengen auf den Markt kommen, was den Preisdruck verschärft.

Auf den bevorstehenden Austritt der Briten aus der EU ("Brexit") sieht sich Lenzing gut eingestellt. Das Unternehmen hat in Großbritannien eine Tochtergesellschaft, die mit 190 Mitarbeitern Spezialfasern für den Export nach Asien erzeugt. Da die Fasern aus England primär nach Asien gingen, würden keine unmittelbaren Auswirkungen aus dem Export erwartet, so der Lenzing-Chef. (apa/red)