Opel-Übernahme : Auf dem Weg zum "europäischen Champion" wartet eine harte Sanierung

Nicht weniger als einen "europäischen Champion" will PSA-Chef Carlos Tavares mit der Übernahme des deutschen Konkurrenten Opel schmieden. Doch bis dahin sind noch harte Sanierungsschritte nötig, sagen Branchenexperten in Deutschland. Vor allem in den Opel-Werken ist die Sorge groß, dass nach einer Trennung von der bisherigen Konzern-Mutter General Motors (GM) tausende Jobs auf der Strecke bleiben könnten.

Eine ähnliche Modellpalette

Die Chance auf zusätzliche Märkte oder erhebliche Mehrverkäufe bestehe mit der Übernahme nicht, sagt Branchenspezialist Ferdinand Dudenhöffer. PSA und Opel seien mit ähnlichen Modellpaletten beide zu stark auf Europa konzentriert und hätten in den vergangenen Jahren beständig Marktanteile verloren. Tavares habe PSA in den vergangenen Jahren allein mit drastischen Sparmaßnahmen auf Gewinnkurs gebracht - ein Konzept, das er nun bei Opel wiederholen könnte.

"Am Ende macht ein Käufer doch, was er will", sagte der Berater Marc Staudenmayer dem "Manager Magazin". Tavares könne bei Opel "locker" 10.000 Arbeitsplätze streichen, wenn er die Produktion straffe und zentrale Funktionen künftig von Paris aus erledigen lasse.

Zusagen zur Eigenständigkeit des Unternehmens Opel und Jobgarantien für die gut 38.000 Opelaner bis Ende 2018 scheinen wenig wert zu sein, denn nach den Maßstäben solcher Großübernahmen ist das bereits übermorgen.

Gewerkschaften verzichten vorerst auf Konflikte

Die Gewerkschaften wissen, dass sie auch mit GM neu hätten verhandeln müssen und sind stark daran interessiert, in die Planung der neuen Mutter eingebunden zu werden. Daher verzichtet die IG Metall auf öffentliche Kritik und Machtdemonstrationen.

Der europäische Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug sucht über die Ländergrenzen hinweg nach gemeinsamen Strategien. Das ist in der letzten Opel-Krise 2009 gründlich schiefgegangen, als britische Gewerkschafter einem kräftigen Lohnverzicht zustimmten, wenn statt Ellesmere Port die Werke Antwerpen und Bochum geschlossen würden.

Dem Branchen-Experten Stefan Bratzel zufolge ist der Schrumpfprozess auch bei über 4 Millionen verkauften Autos im Jahr nahezu unausweichlich. Doppelfunktionen etwa bei Marketing, Einkauf und Vertrieb müssten beseitigt, die Produktionskapazitäten in den Werken verringert werden, sagt der Experte von der FH Bergisch-Gladbach. Das werde nicht ohne Stellenverluste abgehen.

Opel-Chef Neumann gibt sich betont optimistisch

Die Übernahme von Opel durch PSA verschafft dem Rüsselsheimer Autobauer nach Einschätzung von Opel-Chef Karl-Thomas Neumann neue Wachstumschancen. "Aus der heutigen Ankündigung entsteht die Chance, einen wirklichen europäischen Champion zu schaffen", betonte Neumann in einer Botschaft an die Opel-Mitarbeiter.

"Fast 17 Prozent gemeinsamer Marktanteil - das bedeutet Rang zwei in Europa. Wir würden von der neuen Größe profitieren, aber auch von einer gemeinsamen Fahrzeugentwicklung und der Stärke zweier Unternehmen mit hoch motivierten und hoch qualifizierten Mitarbeitern."

"Heute ist ein historischer Tag für Opel und Vauxhall", befand Neumann. Opel werde nach Abschluss der Transaktion "ein integraler Teil der PSA-Gruppe". PSA-Chef Carlos Tavares sagte, dass Neumann als Opel-Chef weitermachen solle. Er lobte dessen "exzellente Arbeit".

Opel und PSA hätten bereits in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie erfolgreich zusammenarbeiten könnten "und dass aus dieser Teamarbeit fantastische Autos entstehen", meinte Neumann. "Das ist ein sehr gutes Zeichen für die Zukunft."

Die gemeinsamen Modelle haben zahlreiche Kostenvorteile nicht nur im Einkauf. Sofern bereits erprobte Teile eingebaut werden, entfällt aufwendige Prüf- und Zertifizierungsarbeit. Das Rad muss sozusagen nicht jedes Mal neu erfunden werden.

Wohin die Reise gehen wird

Die PSA-Seite hat bereits eine harte Sanierung hinter sich, seit 2011 sind dort fast 30.000 Jobs gestrichen worden. Auch die beiden Vauxhall-Werke in Großbritannien könnten in abgespeckter Form gesetzt sein, um nach einem Brexit auf der Insel für den dortigen Bedarf zu produzieren. Damit konkurrieren Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach mit anderen Opel-Werken in Polen, Spanien und Österreich.

Wohin die Reise im neuen Konzern gehen wird, ist schon an aktuellen Modellen zu besichtigen, die aus einer 2012 gestarteten Kooperation zwischen GM und PSA entstanden sind. In weiten Teilen baugleich rollen gerade der Opel Crossland X, der Citroen C3 Picasso und der Peugeot 2008 auf die Straßen, allesamt im Opel-Werk Saragossa gefertigt. "Alles was man sehen und berühren kann, stammt von Opel", sagt Crossland-Chefingenieur Olaf Kaden. Das Übrige kommt weitgehend aus dem PSA-Baukasten und steht auf einer Plattform der Franzosen. (dpa/apa/red)