Luftfahrtindustrie : Airbus kann Nettogewinn trotz Schwierigkeiten fast verdreifachen

Der europäische Flugzeugbauer Airbus steckt eine neuerliche Milliardenbelastung für den Militärtransporter A400M gut weg. Nach einer Grundsatz-Einigung mit Deutschland und den sechs weiteren Käufern des Militärflugzeugs auf einen neuen Auslieferungs-Zeitplan schreibt der französisch-deutsche Konzern noch einmal 1,3 Mrd. Euro auf den Airbus A400M ab.

Dadurch reduzierten sich aber die finanziellen Risiken für die Zukunft deutlich, sagte Vorstandschef Tom Enders am Donnerstag vor der Bilanzpressekonferenz in Toulouse. Insgesamt hat Airbus damit bereits mehr als 8 Mrd. Euro für den A400M zurückgestellt. Enders hatte zwischenzeitlich mit einem Abbruch des Programms gedroht.

Großer Umbau an der Konzernspitze

Der Konzern steckt in turbulenten Zeiten: Korruptionsermittlungen in Großbritannien und Frankreich haben den Flugzeugbauer erschüttert. Zudem wird das Top-Management umgebaut, Konzernchef Enders scheidet im Frühjahr 2019 aus.

Verkehrsflugzeugchef Fabrice Brégier, die Nummer zwei des Konzerns, übergibt seinen Job schon in diesem Monat an den bisherigen Chef der Hubschrauber-Sparte, Guillaume Faury. Mehr dazu hier: Airbus findet neuen Chef für die Hubschraubersparte >>

Verdreifachter Nettogewinn

Operativ schnitt Airbus 2017 trotzdem dank eines fulminanten Endspurts besser ab als von den meisten Analysten erwartet. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) stieg um 8 Prozent auf 4,25 Mrd. Euro. "Dank unserer sehr guten operativen Ergebnisse - insbesondere im letzten Quartal - haben wir alle Ziele für 2017 übertroffen", erklärte Enders.

Unter dem Strich stand ein fast verdreifachter Nettogewinn von 2,87 (2016: 0,99) Mrd. Euro, unter anderem wegen des Gewinns aus dem Verkauf der Rüstungselektronik-Sparte von 604 Mio. Euro und Währungseffekten. Die Dividende wird um elf Prozent auf 1,50 (1,35) Euro je Aktie erhöht.

Der Umsatz stagnierte bei 66,8 (66,6) Mrd. Euro, obwohl Airbus mit 718 Verkehrsflugzeugen 50 mehr auslieferte als ein Jahr zuvor und so viele wie nie. Der Auftragseingang erhöhte sich auf 158 (134) Mrd. Euro, in den Orderbüchern stehen nun mehr als 7.200 Flugzeuge im Wert von fast einer Billion Euro. Nach dem jüngsten Großauftrag der arabischen Fluglinie Emirates ist auch die Zukunft des Großraumflugzeugs A380 gesichert.

Einige Fragen offen

Hinter den Gewinnerwartungen für das laufende Jahr steht allerdings ein Fragezeichen. Das bereinigte Ebit soll eigentlich um 20 Prozent auf rund 5,1 Mrd. Euro steigen. Voraussetzung dafür ist aber, dass Airbus rund 800 Flugzeuge ausliefern kann.

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Doch jetzt macht der größte Airbus-Verkaufsschlager, der Mittelstreckenjet A320neo, Negativschlagzeilen. Triebwerke bei einem Teil der Baureihe drohen während des Flugs auszufallen. Flugsicherheitsbehörden haben bereits Betriebseinschränkungen verhängt. Der Flugzeugbauer macht es von der Lösung des Problems abhängig, ob er sein Ziel erreichen kann, in diesem Jahr insgesamt 800 Zivilflugzeuge auszuliefern. Enders sagte aber, er sei "recht zuversichtlich", das Triebwerks-Thema zu bewältigen.

Triebwerksprobleme

Betroffen sind 32 ausgelieferte Flugzeuge mit Triebwerken des Herstellers Pratt & Whitney - bei einem Drittel davon geht es um beide Motoren. Dem Triebwerksbauer tritt Airbus schon seit 2016 auf die Füße, weil die Lösung von Hitze- und Softwareprobleme an den Triebwerken die Auslieferung vieler Jets verzögerte.

Dadurch wackelten Airbus' Auslieferungsziele 2017 bis kurz vor Jahresende, auch derzeit stehen rund 30 praktisch fertige Maschinen ohne Antriebe auf dem Hof. Neben den Triebwerken von P&W habe es auch beim Konkurrenzantrieb des Herstellers CFM teilweise Probleme bei der Einsatzreife gegeben, hieß es. Dennoch hatte Airbus im vergangen Jahr mit 718 ausgelieferten Verkehrsmaschinen einen neuen Firmenrekord aufgestellt - auch wenn der amerikanische Erzrivale Boeing weiter die Nase vorn hat.

Beim A400M-Programm ist Airbus zuversichtlich, die verbleibenden Risiken für das Unternehmen durch eine Vertragsanpassung mit Deutschland und den anderen Käuferstaaten deutlich zu reduzieren. Eine entsprechende Absichtserklärung, unter anderem den Zeitplan für die Auslieferungen anzupassen, war kürzlich unterzeichnet worden.

Die A400M gilt als modernstes militärisches Transportflugzeug der Welt, hatte aber in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme gemacht. Flugzeuge wurden später ausgeliefert als vereinbart, was zu Vertragsstrafen führt. Enders hatte dafür neben Technikärger auch eine "unrealistische Vertragsgestaltung sowie ein unzureichendes Budget" verantwortlich gemacht und die Käufer zu Zugeständnissen gedrängt. (reuters/apa/red)