Chemieindustrie : US-Regierung unterstützt Bayer im Glyphosat-Streit

Standort von Agrar- und Pharmakonzern Bayer

Im milliardenschweren Rechtsstreit zeichnet sich für Bayer eine Exit-Lösung ab.

- © Bayer AG

Der Generalanwalt der US-Regierung hat den Supreme Court offiziell aufgefordert, den Fall zu prüfen und damit rechtliche Klarheit zu schaffen. Die Richter hatten zuvor um eine Einschätzung gebeten. Erfahrungsgemäß folgen sie häufig der Empfehlung des Regierungsgremiums. Sollte der Fall angenommen werden, sehen Juristen gute Chancen, dass das Urteil für Bayer positiv ausfallen könnte.

Nie mehr die wichtigsten News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Signalwirkung sorgt für deutlichen Kurssprung

Die Glyphosat-Verfahren zählen seit Jahren zu den zentralen Belastungsfaktoren des Unternehmens und haben den Aktienkurs wiederholt unter Druck gesetzt. Die neue Unterstützung aus Washington wurde an den Finanzmärkten entsprechend begrüßt: Die Bayer-Aktie legte am Dienstag zum Handelsstart um fast 15 Prozent auf rund 35 Euro zu – dem höchsten Stand seit Anfang 2024.

>>> Glyphosat-Streit eskaliert: Warum jetzt sogar die US-Regierung eingreifen muss

Übernahme von Monsanto als Ursprung der Klagewelle

Mit der Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto im Jahr 2018 hatte sich Bayer ein erhebliches Rechtsrisiko ins Haus geholt. Mehr als 100.000 Klagen wegen angeblicher Krebsgefahren durch Glyphosat wurden seither eingereicht. Die bisherigen Verfahren endeten teils mit hohen Schadensersatzforderungen, teils mit Erfolgen für Bayer – eine klare juristische Linie entstand dabei nicht.

Bislang kosteten die Vergleiche den Konzern über zehn Milliarden Euro. Rund sieben Milliarden Euro wurden zusätzlich für mögliche weitere Einigungen zurückgestellt. Derzeit sind noch mehr als 60.000 Klagen anhängig.

>>> BASF und CATL schmieden Allianz – Europas Batteriepläne am Abgrund

Kernfrage: Sind bundesstaatliche Warnpflichten mit Bundesrecht vereinbar?

Im Zentrum des Rechtsstreits steht die Frage, ob Monsanto beziehungsweise Bayer verpflichtet gewesen wäre, auf den Produktetiketten vor möglichen Krebsrisiken zu warnen. Bayer verneint das – mit Verweis auf die US-Umweltbehörde EPA. Diese stuft Glyphosat weiterhin als “wahrscheinlich nicht krebserregend für Menschen” ein und schreibt keine entsprechenden Warnhinweise vor.

Die Kläger berufen sich dagegen auf Regelungen einzelner US-Bundesstaaten, die von den EPA-Vorgaben abweichen. Auf Basis dieser lokalen Bestimmungen konnten sie bereits in mehreren Prozessen hohe Schadensersatzurteile erwirken, etwa in Kalifornien oder Missouri.

>>> Trump-Zölle: Alarmstufe Rot – wie BASF, Voestalpine und Palfinger jetzt gegensteuern

US-Regierung folgt Bayers Argumentation

Bayer sieht darin einen Konflikt zwischen Bundesrecht und einzelstaatlichem Recht. Der Supreme Court soll nun klären, ob die Glyphosat-Regulierung der EPA bundesweit bindend ist – und ob abweichende Urteile in US-Bundesstaaten Bestand haben dürfen.

Die US-Regierung schließt sich dieser Rechtsauffassung nun explizit an. Konkret geht es um ein Urteil aus Missouri, das einem Kläger 1,25 Millionen US-Dollar Schadensersatz zugesprochen hatte. Generalanwalt D. John Sauer betonte in seinem Schreiben, die EPA habe die Roundup-Etiketten mehrfach ohne Krebswarnhinweis genehmigt. Gerichtliche Entscheidungen, die auf gegenteiligen Annahmen beruhen, würden demnach die wissenschaftliche Bewertung der zuständigen Bundesbehörde unterlaufen.