Automotive : AVL List: Erfolge in Italien

Helmut List AVL List

Helmut List: Guter Geschäftsgang auch in Italien

- © Helene Waldner

Der weltweit tätige Grazer Motorenentwickler AVL wächst in Italien. AVL Italia, italienische Tochter des Testsystem-Spezialisten, hat das Jahr 2021 mit einem Umsatz von 130 Mio. Euro abgeschlossen, was einem Plus von 18 Prozent gegenüber 2020 und von 34 Prozent gegenüber dem Jahr vor der Pandemie 2019 entspricht, teilte das Unternehmen am Montag mit.

"Im Jahr 2021 haben wir insgesamt 30 Millionen Euro für Maschinen, Gebäude und Neueinstellungen investiert", erklärte Cristiano Auriemma, Finanzdirektor von AVL Italia. Der italienische Zweig der österreichischen Mutter ist an zwei Standorten - in Turin und Cavriago - tätig, wo sich auch das Technische Forschungszentrum befindet, und beschäftigt 300 Mitarbeiter.

Zu den Vorhaben von AVL Italia gehört eine Geschäftseinheit, die sich mit der Großserienproduktion neuer Produkte zur Prüfung von Batteriezellen für den Automobilsektor befasst. Dafür wird eine Produktionsfläche von 1.000 m2 auf dem Gelände des Technischen Forschungszentrums in Cavriago eingerichtet. Für das neue Projekt sollen 12 Mio. Euro investiert werden, die zum Teil vom italienischen Industrieminister und der norditalienischen Region Emilia Romagna bereitgestellt werden. Geplant ist die Anstellung von zusätzlich 20 Mitarbeitern. Das Projekt zielt darauf ab, die Klimatests von Fahrzeugbatterien zu optimieren, berichtete das Unternehmen.

Die 1948 gegründete AVL ist nach eigenen Angaben das weltweit größte unabhängige Unternehmen für die Entwicklung, Simulation und Prüftechnik von Antriebssystemen in den Bereichen Hybrid, Verbrennungsmotoren, Getriebe, Batterien und Software) für Pkw, Lkw und Großmotoren.

Auch andere Teilsparten mit Gewinnen

Auch andere Sparten des Unternehmens haben 2021 gute Ergebnisse verzeichnet. So hat etwa die AVL DiTest, der auf Kfz-Diagnose und Messtechnik spezialisierte Teil der AVL Gruppe, das Geschäftsjahr 2021 nach einer Delle 2020 mit einem Umsatzrekord von 71,5 Mio. Euro abgeschlossen und damit trotz Corona-Pandemie um fast 40 Prozent zugelegt, teilte das Unternehmen am Donnerstag in einer Aussendung mit. 2019 lag man noch bei 57 Mio. Euro Umsatz, doch dann folgte 2020 ein Rückgang um 9,8 Prozent auf 51,4 Mio. Euro. Mit dem neuen Rekord scheint die Pandemie überwunden.

Lieferengpässe und lange Lieferzeiten waren für Unternehmen im Jahr 2021 eine Herausforderung und hätten auch AVL DiTest beschäftigt: "Etablierte Rituale, die schnelles entschlossenes Handeln ermöglichen, und gegenseitiges Vertrauen sind in Ausnahmesituationen besonders wichtig", führte Gerald Lackner, Geschäftsführer von AVL DiTest, als Grund für den Erfolg trotz Krise an. Das Unternehmen installierte ein crossfunktionales Fokusteam, in dem der Beschaffungsprozess unter Einbeziehung aller Disziplinen gesteuert wurde. Darauf basierend seien rasches und wirkungsvolles Handeln möglich gewesen. Hinzu komme: "Lösungen rund um die Elektromobilität bleiben ein wichtiger Faktor für den Erfolg."

Umsatztreiber war somit die Elektromobilität, wo sich deutliche Zuwächse abzeichnen würden, hieß es in der Aussendung. "Im Vergleich zum Jahr 2020 wurde mit Lösungen für Elektro- und Hybridfahrzeuge im vergangenen Jahr doppelt so viel Umsatz erwirtschaftet." Zu den Kunden zählt etwa der Volkswagen-Konzern. AVL DiTest entwickelt aber auch unter anderem Lösungen zur Messung der Anzahl von Rußpartikeln im Abgas, damit Prüforganisationen und Kfz-Werkstätten etwa für strengere Gesetzgebungen gerüstet sind. Man behalte sowohl alternative Antriebstechniken als auch die klassische Abgasmesstechnik im Blick, so Lackner.

AVL DiTest ist Teil der AVL-Gruppe. Das Unternehmen beschäftigt gemeinsam mit den internationalen Tochtergesellschaften 331 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit zwei eigenen, akkreditierten Kalibrierlaboren und anderen Entwicklungen gilt das österreichisch-deutsche Kfz-Diagnose- und Messtechnik-Unternehmen laut eigenen Angaben als technologischer Vorreiter. Die Forschungs- und Entwicklungsquote liegt bei 14 Prozent. Prüforganisationen wie Dekra oder TÜV sowie Automobilhersteller, darunter VW, BMW, Jaguar Land Rover, PSA, der Daimler-Konzern und der österreichische Motorradhersteller KTM, beziehen Produkte aus Graz und der Niederlassung in Cadolzburg in Deutschland. E-Mobility, Kfz-Diagnose, Messtechnik, Klimaservice und Abgasuntersuchung sind die bedeutenden Geschäftsfelder von AVL DiTest.

Führend in der Batterieentwicklung

Auch in der Forschung sorgt das Unternehmen wieder mit einem spannenden Projekt für Aufsehen. Zur Verbesserung von Lithium-Ionen-Zellen haben sich vier maßgebliche Player der steirischen Industrie- und Forschungslandschaft zusammengefunden. Das ehrgeizige Ziel ist laut dem Grazer Forschungszentrum Virtual Vehicle die Steigerung der Energiedichte der Akkuzellen um 20 bis 30 Prozent bei 1.000 Ladungen. Am Projekt OpMoSi sind zudem die Materials Center Leoben Forschungs GmbH, die Varta Innovation GmbH sowie die AVL List beteiligt.

Die Lithium Ionenn-Batterie hat in den 1990er-Jahren den Energiespeichermarkt erobert: Man findet sie in Smartphones ebenso wie in Digitalkameras, E-Bikes, Notebooks oder Haushaltsgeräten und Werkzeugen. Vor allem durch die rasante Entwicklung im Bereich der E-Mobilität verzeichnet die Technologie weiterhin konstante Wachstumsraten. Nicht zuletzt, weil es gelungen ist, die Dichte der Batterien um mehr als das Dreifache zu erhöhen. Um den Trend fortzusetzen, ist aber eine weitere Verbesserung der Technologie und die Entwicklung neuer Materialien notwendig.

Hier setzt das steirische Konsortium, das von der Virtual Vehicle GmbH koordiniert wird, an: Vorrangiges Ziel des dreijährigen Projektes ist es, die Ladungsdichte und Lebensdauer von Li-Io-Zellen zu erhöhen. Gelingen soll dies durch neuartige Anoden, sogenannte "Hollow Core-Shell Silizium Kohlenstoff (HCS Si-C) Komposit Anoden". Diese neue Zellgeneration soll verglichen mit bestehenden Technologien eine 30 Prozent erhöhte Energiedichte bei gleicher Ladestabilität erreichen. Im Entwicklungsprozess sollen die Kompetenzen der Projektpartner in verschiedenen Bereichen effektiv kombiniert und gebündelt werden: Von der Simulation über die Elektroden- bzw. Zellfertigung bis zur Elektrochemie. "Künftig soll eine zielgerichtetere, kostengünstigere und ressourcenschonendere Herstellung von verbesserten Lithium-Ionen-Batterien mit Si-Anoden ermöglicht werden", hieß es vonseiten Virtual Vehicle. Nach erfolgreicher Projektdurchführung sei ein Folgeprojekt auf nationaler oder EU-Ebene geplant.

Die Virtual Vehicle Research GmbH ist mit 300 Mitarbeitern laut eigenen Angaben Europas größtes Forschungszentrum für virtuelle Fahrzeugentwicklung. Der Schwerpunkt liegt auf der engen Verknüpfung von umfassender Systemsimulation und Hardware-Tests in der Automobil- und Bahnindustrie. Das Materials Center Leoben (MCL) ist ein Forschungsunternehmen mit hoher Expertise im Bereich der Materialforschung, das sich auf Werkstoffe, Herstell- und Verarbeitungsprozesse sowie innovative Werkstoffanwendung spezialisiert hat. Im Projekt will man hochauflösende bildgebende Verfahren sowie KI-basierte Bildanalyse-Modelle heranziehen, um die Struktur der Anode bestmöglich verstehen zu können.

Die Varta Innovation GmbH ist Teil der Varta AG, die zur Industriegruppe Montana Tech Components gehört. Sie bringt die Kompetenz in der Fertigung von Elektroden und Batteriezellen sowie ein grundlegendes Verständnis der verwendeten Materialien und der Zellauslegung bzw. des Zelldesigns ein. Die AVL List GmbH ist für die Entwicklung, Simulation und das Testen von Antriebssystemen in der Automobilindustrie und anderen Industrien bekannt. Das Unternehmen mit rund 11.000 Mitarbeitern hat sich über Jahre eine Expertise im Design und der Auslegung von Batteriemodulen und Batterie-Packs erarbeitet. Das Gesamtprojekt wird vonseiten der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mit 2,7 Mio. Euro gefördert.