Standort : Ziviltechniker gegen rasend schnelle Zubetonierung Oberösterreichs

Die Raumplanung muss klimafreundlicher und ressourcenschonender werden - so lassen sich die Vorschläge der oberösterreichischen Ziviltechniker zusammenfassen, die in einer Pressekonferenz präsentiert worden sind. Dort prangerten sie Zersiedelung und Grundstücksspekulation an und plädierten für eine Stärkung der überörtlichen Raumplanung sowie Steuerung durch Förderung.

In Oberösterreich würden täglich rund 2,5 Hektar - etwa das Doppelte des Linzer Hauptplatzes - verbraucht, rechnete Ulrich Aspetzberger, Mitglied des Kammervorstands, vor. Dem stünden 6.000 Hektar - rund 4.500 Linzer Hauptplätze - an Leerständen und Brachen gegenüber, die man für Neubauten nutzen könnte. Die vorgeschriebenen Parkplatzflächen seien ein weiterer "gesetzlich verordneter Flächenfraß". Oberösterreich habe zudem europaweit die höchste Supermarktfläche pro Kopf, und das Straßennetz sei doppelt so dicht wie in Deutschland, gemessen an der Einwohnerzahl.

"Die Raumplanung nach rein marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten hat zur Verlagerung der Geschäftszentren an den Ortsrand geführt", bilanzierte Rudolf Wernly, Präsident der Ziviltechnikerkammer für Oberösterreich und Salzburg. Das solle man bei der Erarbeitung eines neuen Raumplanungsgesetzes bedenken. Der allseits verbreitete Wunsch nach einem Einfamilienhaus und Begehrlichkeiten der Wirtschaft würden gepaart mit dem Horten von Bauland zu einem immer größeren Verbrauch an Flächen führen, die sowohl für die Landwirtschaft als auch im Sinne des Klimaschutzes offen gehalten werden sollten, bemängeln er und seine Kollegen. Das Ergebnis: Bodenversiegelung, leblose Ortskerne, Supermärkte am Stadtrand und jede Menge dadurch verursachter Individualverkehr.

Das Land solle für den Erhalt bzw. die Schaffung von unverbaubaren Grünräumen rund um die Ballungsgebiete sorgen, so eine Forderung der Ziviltechniker. Als Erfolgsmodell sehen sie etwa den Grüngürtel rund um Linz, allerdings sollte es den bei mehreren größeren Städten geben. Auch die Einrichtung interkommunaler Wirtschaftsbereiche (Inkobas) solle stärker zentral gesteuert werden. Stärkt man die überörtliche Raumordnung durch das Land, kann das aber zu Akzeptanz-Problemen führen, räumen die Ziviltechniker ein, weshalb sie regionale Fachbeiräte vorschlagen, um die Regionen und Gemeinden an Bord zu holen.

Gefordert wird zudem ein Umdenken bei der Bebauungsplanung: "Das öffentliche Interesse ist vor privates und Investoren-Interesse zu stellen", so Heinz Plöderl, Sektionsvorsitzender der Architekten. Bei Baulandüberhang solle es deshalb keine weiteren Neuwidmungen mehr geben, für nicht genutztes Bauland sollten Abgaben zu zahlen sein, schlägt er vor. Statt der Einfamilienhäuser solle man stärker zu verdichteten Bauweisen mit kleineren privaten Gärten und öffentlichen bzw. halböffentlichen Grünflächen übergehen. In Oberösterreich gebe es nur das Einfamilienhaus und den Geschoßbau - "dazwischen nichts", bemängelte er.

Auch Sanierungen müssten stärker vorangetrieben werden: "Wir brauchen bis 2036 keine Neubauten mehr, sondern können den Bedarf für Wohnen, Betriebe und Freizeit durch Adaptieren abdecken", erklärte Wernly - und räumte ein: "Es ist wahrscheinlich billiger, ich reiße die alte Hütte ab, das kostet die Hälfte", aber man müsse auch bedenken, dass Sanieren und Adaptieren weit weniger CO2 verursache als Wegreißen und neu Bauen. Hier können sich die Ziviltechniker vorstellen, mit Förderungen steuernd einzugreifen. Alles von oben zu verordnen sei nicht möglich. (apa/red)