Bahnindustrie : Wut in Paris über plötzliches Auftauchen von CRRC in Deutschland

Nach dem Verkauf der Bahnsparte des deutschen Vossloh-Konzerns an das chinesische Staatsunternehmen CRRC ist Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire erbost über die EU-Kommission. Er habe sich seinerzeit zusammen mit seinem deutschen Kollegen Peter Altmaier (CDU) für die Fusion der Bahnsparten von Siemens und Alstom eingesetzt, um Europa gegen die "chinesische Konkurrenz" zu rüsten. Diese Fusion wurde von der EU-Kommission untersagt. "Ich bin außer mir", so Le Maire bei einer Medienveranstaltung am Wochenende.

Vossloh verkauft Lokomotivgeschäft an Bahnriesen aus China

Der deutsche Bahntechnikkonzern Vossloh will wegen einer höheren Rendite seine Lokomitsparte verkaufen, die am Standort Kiel in Norddeutschland mit 500 Mitarbeitern Diesel-Lokomotiven produziert. An diesem Standort werden "hochmoderne Lokomotiven entwickelt und produziert" sowie "alle notwendigen Serviceleistungen rund um die Wartung und Instandhaltung dieser Lokomotiven angeboten", so der Hersteller.

Verkauf schon fixiert

Vor wenigen Tagen hat Vossloh bekannt gegeben, dass der Verkauf an den chinesischen Staatsriesen CRRC, den mit Abstand größten Bahnkonzern der Welt, fixiert ist.

Industriemagazin.at mit den Eckdaten:

Chinesischer Bahnriese CRRC bekommt einen Standort in Deutschland >>

Heuer hat übrigens der Münchener Unternehmer Heinz Hermann Thiele nach einer Kapitalerhöhung die Mehrheit an Vossloh übernommen. Der 78-Jährige, der auch Mehrheitseigentümer des Bremsen-Herstellers Knorr-Bremse ist, hält derzeit 50,1 Prozent an Vossloh. Dazu: Großaktionär Heinz Hermann Thiele hält jetzt die Mehrheit an Vossloh >>

"Schlaft ruhig weiter, liebe Leute"

Le Maire beklagt nun, die EU-Kommission habe seine und Altmaiers Warnungen vor derartigen Szenarien als "falsch" abgetan. "Schlaft ruhig weiter, liebe Leute", habe es aus Brüssel geheißen. "Was passiert? CRRC kommt nach Europa, will Unternehmen kaufen und fängt an, Eisenbahnlinien zu bauen", sagte Le Maire bei einer Veranstaltung der Sender Europa 1, CNEWS und der Zeitung "Les Echos".

"Ich kämpfe für ein Europa, das beschützt und nicht seinen Markt riesengroß öffnet"

Die Entwicklung empöre ihn, denn er kämpfe für ein "starkes Europa, das beschützt, nicht für ein Europa, das seinen Markt riesengroß für andere Akteure öffnet, die ihre eigenen Märkte nicht öffnen". Le Maire kündigte an, gemeinsam mit Deutschland und Polen an die künftige Kommission der designierten Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf eine Änderung der Wettbewerbsregeln zu drängen.

EU hat Fusion bei Siemens und Alstom verboten

Die EU-Kommission hatte die Fusion der Bahnsparten des deutschen Siemens-Konzerns und der französischen Alstom-Gruppe im Februar untersagt. Zuvor ist auch der Versuch gescheitert, die Bahnsparte von Siemens mit jener von Bombardier zusammenzulegen. Sowohl Bombardier als auch Siemens betreiben große Standorte in Wien.

Berlin und Paris hatten die Bildung eines solchen "Airbus der Schiene" mit Blick auf die wachsende Konkurrenz aus China unterstützt. Auch Siemens-Chef Joe Kaeser hat explizit vor einer Übermacht des chinesischen Staatsriesen gewarnt - vergeblich.

Die Kommission hat bei ihrer Entscheidung "erhebliche wettbewerbsrechtliche Bedenken" geltend gemacht und ihrerseits vor höheren Preisen bei Signalsystemen und Hochgeschwindigkeitszügen gewarnt.

Dazu:

Siemens-Alstom-Fusion scheitert nun offiziell >>

Siemens mit Alstom: Kritik am Kartellrecht der EU >>

CRRC: Ein gefürchteter Rivale von Siemens, Bombardier und Alstom

CRRC ist der größte Bahnkonzern der Welt, der vor einigen Jahren selbst aus einer Fusion zweier Bahnindustrieunternehmen entstanden ist. Das Unternehmen ist alleine größer ist als die Bahnsparten von Siemens, Bombardier und Alstom zusammen.

(red mit afp/apa)

Grafik: Die größten Bahnindustriekonzerne der Welt