Voestalpine : Wolfgang Eder kämpft mit massiven Sonderbelastungen

Voestalpine Voest Wolfgang Eder
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Im Juli wechselt der langjährige Voestalpine CEO (er ist 1978 als Mitarbeiter der Rechtsabteilung zur damaligen VOEST-ALPINE gekommen) Wolfgang Eder von der Unternehmensspitze in den Aufsichtsrat, dessen Vorsitz er zwei Jahre später übernehmen soll. Seinen Abschied aus dem operativen Geschäft hat sich Eder sicher einfacher vorgestellt: Kurz vor Übergabe seines Chefsessels an Herbert Eibensteiner sieht er sich mit einem massiven Gewinneinbruch konfrontiert. Grund dafür sind eine ganze Reihe von Zusatzausgaben wie etwa die Hochofen-Großreparatur in Linz, die rund 150 bis 160 Mio. Euro vom Ergebnis kostet, sowie unerwartete interne und externe Problemen.

Automotive drückt.

Zu spüren bekommt der Stahlkonzern, der einen starken Automotive-Schwerpunkt hat, unter anderem die negativen Auswirkungen der neuen Abgasemissionstestvorgaben (WLTP), die seit 1. September gelten und "zu einer erheblichen Verunsicherung in der Automobilindustrie" führten, wie Eder am Donnerstag in einer Telefonkonferenz sagte. Zusätzlich sei die Konjunktur und somit auch die Nachfrage in China schwächer. Auf verschiedenen Märkten machen sich bei der voestalpine den Angaben zufolge auch bereits negative Auswirkungen der protektionistischen Handelspraktiken bemerkbar, die ursprünglich von den USA ausgegangen waren.

Als externen belastenden Faktor erwähnte der Konzernchef zudem die stark gestiegenen CO2-Emissionskosten - waren es im Sommer noch 5 bis 7 Euro je Tonne, seien es nun 20 Euro. "Natürlich hat das Auswirkungen auf die Kostenstruktur", so Eder. Auch die Energiepreise hätten deutlich angezogen.

Corpus Christi stand still.

"Wir haben im vergangenen Jahr auch drei hausgemachte Probleme zu bewältigen gehabt", räumte der CEO ein. Das US-Werk im texanischen Corpus Christi stand im ersten Halbjahr sieben Wochen still - drei Wochen davon waren "für Reparaturen geplant", jeweils zwei Wochen waren einer Überschwemmung bzw. einem Gasrohrgebrechen zuzuschreiben. "Seit Oktober läuft Corpus Christi sehr gut - wir sind in stabiler Produktion", betonte Eder. Das Werk wurde im November 2016 hochgefahren.

Cartersville "größtes internes Problem".

Massive Probleme bereitet zudem das US-Werk in Cartersville, der größte außereuropäische Automotive-Standort der voestalpine, "unser größtes internes Problem", wie der Konzernchef es nannte. Infolge von "externen Auftragsverlagerungen" musste eine hohe Rückstellung gebildet werden. Es kam zu "signifikant höheren Anlaufkosten" für die zweite Werksgruppe, die nun noch im Hochfahren ist und erst ein Jahr später als ursprünglich geplant in Betrieb geht statt "vor sechs oder neun Monaten". Die Höhe der Zusatzkosten wollte er nicht bekanntgeben.

Nur soviel: "Das war zusammenfassend gesagt etwas überambitioniert", sagte Eder. "Da kam Druck aus der Automobilindustrie, die den Boom nutzen wollte." Die Voest musste Mitarbeiter aus Europa einfliegen, "das haben wir zurückfahren können", so der CEO. "Das Werk wird die ursprünglich geplante Dimension annehmen, die gleichen Stückzahlen produzieren", stellte er in Aussicht. Der Unterschied sei "die gestreckte Zeitleiste" - "statt 2021 wird das nun 2022 sein". Der Hochlauf werde sich gegenüber der Planung "möglicherweise um ein Jahr verschieben, aber das heißt nicht, dass wir in einem Jahr so lieferfähig sein werden, wie wir es heute sein sollten", meinte Eder. "Die theoretische Maximalauslastung werden wir wahrscheinlich ein Jahr später erreichen."

Eder ist eigenen Angaben zufolge jedenfalls "zuversichtlich, dass Cartersville schon in einem Jahr überhaupt keine Probleme mehr macht". Das Problem dort sei "die Komplexität des Zusammenbaus der Teile", "die Verknüpfung dieser überaus komplizierten Wertschöpfungskette". Und der Konzernchef weiters: "Es tut weh, nun einen erhöhten Betrag in die Optimierung stecken zu müssen." Eine Reihe von Aufträgen mussten zwischenzeitlich an Konkurrenten abgegeben werden. Das erste Automotive-Werk in Cartersville ging 2015/16 in Betrieb. Das Unternehmen hat dort den Angaben zufolge bisher 130 Mio. Euro investiert.

Kartellverfahren.

Als dritten "hausgemachten Sonderpunkt" nannte der voestalpine-Chef die Vorsorge für das in Deutschland anhängige Kartellverfahren im Grobblechbereich. Die dafür zurückgelegte Summe wollte er nicht nennen. Die voestalpine erwartet laut Eigenangaben "womöglich noch vor dem Sommer" weitere Ermittlungsschritte durch das deutsche Bundeskartellamt. Mit einem Abschluss des Verfahrens rechnet sie allerdings "nicht in nächster Zeit".