Innovation in Krise : Wittmann-Kunststoffgeräte-Chef Michael Wittmann : "Der Kreis muss sich schließen"

Wittmann Michael Geschäftsführender Gesellschafter Wittmann Kunststoffgeräte
© Sophia Hilmar ,MA s.hilmar@gmx.at

Herr Wittmann, Kunststoffe stehen wegen der Abfallproblematik in der Kritik, die Forderungen nach einer Kreislaufwirtschaft werden lauter. Als Maschinenbauer: Wie erleben Sie die aktuelle Diskussion?

Michael Wittmann: Unsere Maschinen und Geräte sind im Wesentlichen auf die Verarbeitung von plastifizierbaren Werkstoffen ausgelegt, wobei die allermeisten Anwendungen heutzutage noch auf synthetische Polymere oder Kunststoffe entfallen. Das Thema Kreislaufwirtschaft und somit die Müllvermeidung nimmt in unserer Branche somit einen sehr hohen Stellenwert ein.

Dabei geht es einerseits um die Verarbeitung von Post-Industrial und Post-Consumer-Materialien, welche wiedergewonnen und vor der Verarbeitung dem Neumaterial beigemischt werden. Ebenso zielen unsere Entwicklungen auf die Verarbeitung von biobasierten Kunststoffen ab.

Welche Herausforderungen gibt es zu stemmen?

Wittmann: Die Schwierigkeit ist in allen diesen Fällen die steigende Verarbeitungsvarianz im Spritzgießprozess, die durch intelligente und adaptive Prozessalgorithmen und damit sehr leistungsfähige Steuerungen gemeistert werden muss. Wir nennen diese Algorithmen HiQ-Softwarepakete, die über die gesamte Maschinenbaureihe anwendbar sind. Die Entwicklung dazu wurde bereits vor einigen Jahren begonnen und mit der gleichen Intensität auch während der Coronakrise weitergeführt.

Welche weiteren Stellhebel für effizienteres Produzieren gibt es?

Wittmann: Selbstverständlich ist Energieeffizienz bei Spritzgießmaschinen ein wichtiges Argument und fließt in alle Entwicklungen ein. So werden beispielsweise nicht nur hocheffiziente Antriebe betrachtet, sondern es werden auch gezielt Schneckengeometrien für niedrige Antriebsdrehmomente und gleichzeitig hohe Plastifikatgüte entwickelt, womit sich der Kreis zum Material wieder schließt.

Was wünschen Sie sich aus energiepolitischer Sicht?

Wittmann: Unabhängig von Corona ist der Ausbau von erneuerbaren Energiequellen im Sinne der Nachhaltigkeit und der Verringerung des CO2-Ausstoßes erstrebenswert und notwendig. Dies muss einhergehen mit der Beibehaltung der aktuellen Netzsicherheit, um Ausfälle auch in herausfordernden Fällen von zu viel oder zu wenig erneuerbarer Energie, sowie stark schwankenden Verbrauchen zu gewährleisten.

Österreich sollte auch aus den Fehlern der unüberlegten und überhastet durchgeführten Energiewende in Deutschland gelernt haben und den Aufbau von erneuerbarer Energie und entsprechend flexiblen Verteilnetzen intelligenter angehen.

In der Coronakrise sind die Strompreise stark eingebrochen und haben sich zwischenzeitlich wieder auf ein normales Niveau bewegt. Welche preislichen Entwicklungen erwarten Sie für den Herbst?

Wittmann: Wir erwarten, dass im Herbst die Preise noch weiter anziehen und auch in 2021 ein höheres Niveau erreichen werden, sofern die Wirtschaftsleistung nicht nochmals durch einen weiteren Lockdown einbricht.