Digitale Transformation : Wie Palfinger seine Prozesslandschaft mit SAP revolutioniert

Palfinger-Kranwagen beim Container-Laden
© Stefanie Mayrhuber

Er kennt die Palfinger-Prozesswelt bis in die Tiefenstruktur: Seit fast 15 Jahren arbeitet Gerald Reger - ein ausgebildeter Wirtschaftsinformatiker - nun beim Salzburger Kranhersteller. Erst leitend im Prozessmanagement, später kamen die Bereiche IT und Informationssicherheit in seine Verantwortung hinzu, seit 2017 leitet er den neu geschaffenen Bereich Process Excellence. Und der brachte in der Organisation ein gerütteltes Maß an Veränderung. Prozesse wurden mit Blick auf die neuen digitalen Möglichkeiten vereinheitlicht, und zwar - ein Highlight - strikt nach Geschäftsmodellen statt auf Divisions-, Länder- oder Abteilungsebene.

Was die radikale Ausrichtung an Prozessen bedeutet, macht Reger am Beispiel der Beschaffung von Rohmaterialien anschaulich. "Ob eine Palfinger-Lösung im Rahmen eines Windkraftwerkes oder in der Baustoffindustrie eingesetzt wird, ist für unseren zentralen Einkauf und die Logistik nicht entscheidend", sagt er. Wichtig dagegen sei das übereinstimmende Geschäftsmodell "und die Möglichkeit für Kunden, Palfinger-Lösungen, da wo es für den Kunden Mehrwert stiftet - von der Farbe bis zur Reichweite und Traglast - mitgestalten zu können", sagt er.

Eine Aussage, die all jene direkt an den Vorstand berichtenden Process-Owner (Prozessverantwortliche) im 11.000-Mitarbeiter-Konzern unterschreiben. Ebenso herrscht Konsens darüber, dass das ERP (Enterprise Ressource Planning)-System mittlerweile einen wesentlichen Bestandteil des digitalen Kerns der Salzburger einnimmt. “Fast alle Prozesse haben heute Berührungspunkte zu unserer SAP-Landschaft", sagt Reger.

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Teil-Go-Live im Vorjahr

Die sich dazu freilich in den vergangenen Monaten radikal wandelte. Seit den frühen 2000er-Jahren war beim Kranbauer, der heuer einen Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro anpeilt und in der Pandemie etwa mit einem agil entwickelten Tool zur digitalen Brückeninspektion den Nerv der Zeit traf, das langgediente Ressourcenplanungstool R/3 im Einsatz. "Bis zuletzt wurden Upgrades in die Plattform eingespielt, im finalen Schritt vollzog man den Sprung auf ECC 6.0", hört man im Unternehmen. Mit der Entscheidung, das ERP als zentrales "Vehikel zur Prozessstandardisierung" (O-Ton Reger) heranzuziehen und auch deutlich mehr Stringenz in die nach Zukäufen sukzessive herangewachsene IT-Systemlandschaft zu bekommen, fiel der Startschuss für ein Migrationsprojekt. "Wir definierten ausgehend von 2017 eine Standort-Roadmap für den Releasewechsel auf SAP S/4 HANA", erzählt Gerald Reger.

Konsens bestand recht rasch darüber, zum Auftakt parallel auf zwei produktive Systeme zu setzen - SAP R/3 und S/4. Nach und nach migrierte das über 50-köpfige Team des Palfinger-Bereichs Process Excellence - unterstützt durch SAP und den Wiener Implementierungspartner ITSDONE Services - die ersten Stammdatenobjekte auf die neue Plattform. Bald waren eine große Zahl der Produktlinien – unter anderem Krane, Hakengeräte, Marinekrane sowie Hubarbeitsbühnen - die zugehörigen Engineeringdaten betreffend, in S/4 übernommen. Dann folgte ein weiterer Meilenstein: die Integration des Salzburger Palfinger-Standorts Elsbethen, an dem man Krane für die Holzmanipulation und Recyclingeinsätze montiert. "Im August des Vorjahres gingen wir wie geplant live", erzählt Reger.

Selbst die Anbindung der Palfinger-Vertriebs- und Serviceeinheit der Region EMEA an die neue SAP-Welt ging inmitten des Lockdowns weitestgehend friktionsfrei - und über virtuellen Support abstandswahrend, wie man es sich wünscht - über die Bühne.

Aus Regelorganisation ausgegliedert

Auch, weil, wie Reger festhält, die Stärken im Projektmanagement - etwa im Mix aus agilen Projektmethoden analog zu SCRUM bei der Softwareentwicklung und gut eingeführten Prozesshilfen wie Wasserfallmodellen für das Erreichen von Meilensteinen - ausgespielt werden. Und, wie SAP-Österreich-Geschäftsführer Christoph Kränkl hervorhebt, weil in der Palfinger-Organisation vom Vorstand abwärts an einem Strang gezogen wird. "Bei jedem einzelnen Mitarbeiter genießt das Transformationsprojekt besondere Aufmerksamkeit", sagt er.

Und: Das Migrationsprojekt aus der Regelorganisation auszugliedern, "ist gewiss ein Erfolgsfaktor", so Kränkl. Weltweit seien bereits mehr als 14.600 SAP S/4 Implementierungen erfolgt - bei großen Industriekunden wie auch bei mittelständischen Unternehmen, die die Transformation zu einem „intelligent enterprise“ vollziehen. Damit gelingt es, "den heutigen Anforderungen der digitalisierten Geschäftswelt gerecht zu werden und auch einen Schritt voraus zu sein", sagt Kränkl.

Die SAP-Projektteams sind demnach auf hohem Skill-Level eingespielt. "Auch wenn es etwa darum geht, in den Tiefen eines konzernweiten SAP-Systems noch die eine oder andere Schwachstelle zu eliminieren", sagt Gerald Reger.

Zum Jahreswechsel erhalten bei Palfinger nun jedenfalls acht weitere Werke - darunter die heimischen Standorte Kasern, Köstendorf und Lengau - das begehrte SAP-Upgrade. "Das wird eine durchaus aufregende Weihnachtszeit", freut sich Reger. Auch Palfinger-Kunden rund um den Erdball wird es freuen: "Die Vereinheitlichung unserer Datenbasis macht uns ein ganzes Stück schneller im Aufsetzen von neuen innovativen Branchenlösungen - und den dazugehörigen digitalen Features“, heißt es bei den Salzburgern.