Metallverarbeitung : Wie Maco mit elektromechanischen Beschlägen das Fenster-Business elektrisiert

Nürnberg, Mitte März: Nirgendwo fachsimpelt es sich so gut wie auf der Fenstermesse Frontale. Das liegt auch daran, dass man fast zwangsläufig vom selben spricht: Den Einhand-Drehkipp-Beschlag – ein Klassiker der Schließtechnik – gibt es seit über 50 Jahren, fast jeder Ausstatter hat ihn im Programm. Eine neue Funktionalität hier, ein neues Feature da – Innovation passiert, das lässt sich an vielen Messeständen der Frontale ablesen, in der Branche eher sanft als disruptiv. Schert einer aus, sorgt das für Gesprächsstoff. Macos seriennahe Studie für ein „smartes“ Fenster? Sieht man so zum ersten Mal. Digital steuerbar und an Internet- und Smart-Home-Dienste wie Alexa und biometrische Sicherheitssysteme koppelbar, ist die Entwicklung eine Weichenstellung: Das digitale Fenster soll neue Zielgruppen und Absatzmärkte erschließen, den Beschlägehersteller aus seiner eher konservativen in die digitale Welt überführen. "Unser Bestandsgeschäft bleibt hochattraktiv", stellt Ewald Marschallinger, Geschäftsführer bei Maco für Vertrieb und Marketing, klar. "Mechanische Beschlagskomponenten sind in Zukunft aber sicherlich nicht mehr die Lösung für alles", so Marschallinger.

Nur Gerätebau reicht nicht mehr

Damit ist der Salzburger Beschlägehersteller nur einer von vielen Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie, die ihr Geschäft einem radikalen Wandel unterziehen: Maschinenbauer steigen ins Softwarebusiness ein, Apparatebauer wie der Prüfgerätehersteller Emco Test arbeiten an neuen Kundenbindungsstrategien abseits des klassischen Gerätebaus. Auch Aufragsfertiger - und deren Kunden Trumpf, Engel oder Salvagnini - stecken inmitten der Transformation. War die Nabelschau bisher häufig ein Thema für die Krisenmonate, die schmerzlichen Tage der Unterauslastung, sind die großen Themen wie maschinelles Lernen dauerhaft in den Shopfloors der Lohnfertiger angekommen.

Erste Pläne 2016

Perfekter Anpressdruck, immer dicht, an smarte Devices anbindbar: Erste Ideen für elektromechanische Beschläge, für das digitale Fenster der Zukunft, reiften bei Maco 2016. Von der Eigentümerfamilie gab es grünes Licht, sich in das viel "lifestyligere Segment vorzuwagen", heißt es bei Maco. Zielmärkte sind unter anderem Südkorea und der skandinavische Raum. Immer mehr Singlehaushalte, ein Run auf Concierge-Services – das Leben der Menschen verändert sich. Man holte Mechatronik-Kompetenz für das Projekt an Bord. Ein Entwicklerteam aus jungen Wilden und erfahrenen alten Hasen erarbeiteten mit agilen Methoden stichhaltige Konzepte und erste Prototypen. Und es braucht ein Netzwerk. Mit Somfy, dem französischen Hersteller für Antriebs- und Steuerungstechnik für Rollläden, kooperieren die Salzburger. Im April des Vorjahrs bekam die Eigentümerfamilie das „Roboterfenster“ in voller Funktionalität zu Gesicht. Ihre Reaktion machte den Entwicklern zusätzlich Mut.

Kein Matchen mit Google

Bei aktuell 96 Prozent liegt die Fertigungstiefe von Maco. Die Salzburger beherrschen die Prozesswelt: Von der CNC-Technik bis zum Stanzen, dem Zinkdruckguss und sämtlichen Nachbearbeitungsschritten inklusive der Galvanik und dem Spritzgießen sind die Salzburger am neuesten Stand. Einen Fehler wollte Ewald Marschallinger bei der Zuwendung zum digitalen Fenster nicht begehen: Den klassischen Beschlagmarkt zu vernachlässigen. "Im Bereich Smart Homes konkurrenzfähig zu Google oder Amazon zu sein, schaffen nur die wenigsten", sagt er. Die Kernkompetenz müsse "weiterhin auf dem Fenster liegen".

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