Digitales Bauwerksmodell : Wie der Baustoffhersteller Wienerberger Akteure der Bauwirtschaft vernetzt

Zwei Arbeiter in gelben Schutzwesten und Helm auf Ziegeldach
© Wienerberger AG

Als Jörg Reinold 2017 die Posten als CIO und CDO beim Baustoffproduzenten Wienerberger übernimmt, weiß er instinktiv, hier an der richtigen Adresse zu sein. Die Refinanzierung des Unternehmens bis 2027 erfolgt zu einem Gutteil aus Green Bonds, Heimo Scheuch, der langjährige CEO des Unternehmens, hat sich besonders der Nachhaltigkeit verschrieben. Zugleich treibt das Vorstandsgremium den Wandel von der Produkt- zur Lösungsorientierung. Volle Rückendeckung für Veränderung also in einem Unternehmen mit über 200-jähriger Tradition - kann man sich als Innovationsmanager sehnlicheres wünschen?

Den Sprung in die Baubranche - Reinold kommt von IBM, wo er ab 2002 in München, London und Hongkong im Beratungsgeschäft tätig war - fasst der diplomierte Betriebswirt denn auch wie folgt zusammen: „Hochgradig spannend“. Wiewohl Reinold Wert darauf legt, nicht mit dem Ziel angetreten zu sein, die Organisation „neu aufzubauen“ oder etwa an den Grundpfeilern des Unternehmens zu rütteln. Sehr wohl aber solle Wienerberger mithilfe der neuen digitalen Möglichkeiten in der Wertschöpfungskette „näher an die Entscheidungsträger“ gelangen.

Also an Planer, Architekten, Errichter - und die Professionisten wie etwa die Dachdecker, die eine Gebäudestruktur über den gesamten Lebenszyklus „in Schuss halten“, sagt Reinold.

Neue Wertbeiträge

Reinold sieht zahlreiche Anknüpfungspunkte, auf diese Weise „gemeinsam qualitativ hochwertigen Lebensraum zu gestalten“ (O-Ton), zumal die Branche immer noch hochgradig kleinteilig beschaffen ist. Ein Befund, den Valerie Herzog, die beim Wiener Digitalberatungsunternehmen Techhouse das Innovationsmanagement leitet, unterschreibt.

Fazit ihrer Keynote bei Wienerberger Ende 2020 zu Aspekten der Plattformökonomie: Die Vernetzung - neudeutsch: Matching & Connecting - über eine multimodale Plattform sei trotz regulatorischer und rechtlicher Herausforderungen auch für den Ziegelhersteller ein Weg, sich in der auch pandemiebedingt rasant verändernden Welt „neue Wertbeiträge zu sichern“, unterstreicht die Ökonomin und Spezialistin für B2C-Geschätsmodelle.

Community wächst und gedeiht

Ausgangspunkt für das Aufbrechen von starr sequenziellen Arbeitsformen in der Bauwirtschaft - über Jahrzehnte tradiert - sei das digitale Bauwerksmodell, hört man bei Wienerberger. Über dieses zentrale Planungsmodell erhielten alle beteiligten Parteien Zugriff. Bildhaft gesprochen: Dieselbe Datenqualität vorausgesetzt, könnte der Dachdecker nach einem Sturm, der einen Dachziegel löst, „zwei Mausklicks später die Montage ohne großen adminstrativen Aufwand millimeterexakt an der vorgesehenen Stelle durchführen“, sagt Digitalchef Reinold.

Auch weitere Services wie die digitale Planungsunterstützung, Produktschulungen für die Akteure oder Co2-Nachweise sollen in einem solchen Ökosystem, das Wienerberger zur Stunde sukzessive aufbaut, entstehen. Im Planungsbereich würde die BIM-Funktionalität schon weithin genutzt. Und speziell bei den Dachdeckern sei gerade „eine Community im Entstehen“, sagt Reinold.