Kooperationen : VW zahlt Milliarden an Ford - und teilt auch die Plattform MEB

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© APA/dpa/Peter Steffen

Volkswagen und Ford wollen künftig auch bei Elektrofahrzeugen und Roboterautos die Kräfte bündeln. Das verkündeten VW-Konzernchef Herbert Diess und Ford-Chef Jim Hackett in New York.

Die Eckdaten

Im Rahmen der erweiterten Allianz wird VW Milliarden in Fords Tochter Argo AI für selbstfahrende Autos stecken. Die Amerikaner wollen im Gegenzug Hunderttausende Fahrzeuge für den europäischen Markt auf der E-Auto-Plattform MEB von VW fertigen. "Volkswagen investiert zusammen mit Ford in das auf Softwareplattformen für autonomes Fahren spezialisierte Unternehmen Argo AI, dessen geschätzter Unternehmenswert damit auf mehr als 7 Milliarden Dollar steigt", (6,2 Mrd. Euro) teilten die beiden Konzerne mit.

"Unsere Allianz mit Ford entwickelt sich immer vielversprechender"

"Unsere Allianz mit Ford entwickelt sich immer vielversprechender. Wir prüfen auch weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit", sagte Diess bei einer Pressekonferenz an der Wall Street in Manhattan. "Während Ford und Volkswagen weiterhin unabhängige Wettbewerber bleiben, vergrößert die Zusammenarbeit beider mit Argo AI die Leistungsfähigkeit, die Skaleneffekte sowie die geografische Reichweite auf dem Gebiet des autonomen Fahrens", ergänzte Hackett.

Volkswagen werde 2,6 Mrd. Dollar in Argo AI investieren, teilten die Unternehmen mit. Der Betrag ergibt sich aus einer Milliarde Dollar an Finanzmitteln, zudem bringt VW seine eigene Sparte AID für autonomes Fahren ein, die 200 Mitarbeiter hat und mit 1,6 Milliarden bewertet wird. Der bisherige AID-Sitz in München soll künftig als Europa-Zentrale von Argo AI dienen.

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Enorme Aufgaben auch für die Größten der Branche

Die Branchenriesen - VW ist der weltgrößte Autobauer, Ford die Nummer Zwei in Amerika - stehen wie die gesamte Industrie vor enormen Herausforderungen durch den technischen Wandel. Bei innovativen Zukunftsthemen wie Roboterautos und E-Antrieben machen die Tech-Riesen aus dem Silicon Valley wie Google-Schwester Waymo und Apple, aber auch Tesla oder Uber mächtig Druck.

Ford und VW werden durch den Deal, bei dem Argo AI insgesamt mit 7 Mrd. Dollar bewertet wird, in Zukunft gemeinsam und zu gleichen Teilen eine deutliche Mehrheit an der Tochter halten. Innerhalb der nächsten drei Jahre wird VW zudem Ford laut Mitteilung weitere Argo-Aktien im Wert von 500 Mio. Dollar abkaufen. Auch die Amerikaner versprechen, weiter kräftig zu investieren.

Ein sehr hoher Preis für die Deutschen

Aufhorchen lässt indes die vergleichsweise hohe Bewertung, die Argo AI bei der Vereinbarung zwischen VW und Ford erhält. Zuletzt war über einen Firmenwert von lediglich rund 4 Mrd. Dollar spekuliert worden, VW greift für die Beteiligung also offenbar tief in die Tasche. Das ist insbesondere bemerkenswert, da die hohen Erwartungen ans autonome Fahren von der Branche zuletzt eher gedämpft wurden. "Man muss heute investieren, um vielleicht 2030 die ersten Umsätze damit zu machen", sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen.

Trotz des hohen Preises, den VW zahlt, bleibt Argo AI im Vergleich zu den führenden Firmen in der Roboterautoentwicklung eine recht kleine Nummer. So warb die General-Motors-Tochter Cruise Automation bei ihrer letzten Finanzierungsrunde zu einer Gesamtbewertung von 19 Mrd. Dollar Geld bei Investoren ein. Googles Schwester Waymo, die als Vorreiter bei der Technik gilt, trauen Analysten sogar eine Bewertung von weit mehr als 100 Mrd. Dollar zu.

Wie bereits seit Monaten vermutet wurde, hat Ford es bei der Kooperation insbesondere auf den VW-Elektroautobaukasten MEB abgesehen. Der kriselnden Europa-Tochter von Ford fehlt ein solches System bisher. Angesichts verschärfter CO2-Abgasregeln in der Europäischen Union von 2021 an könnten daher Strafzahlungen drohen.

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Ford will als erster Autokonzern Volkswagens MEB-Plattform mit benutzen

Nun steht fest: Ford wird der erste Autokonzern, der Volkswagens MEB-Plattform mit nutzt und will darüber innerhalb von sechs Jahren insgesamt mehr als 600.000 Wagen für den europäischen Markt produzieren. VW selbst werde den Baukasten in den nächsten zehn Jahren für 15 Millionen Autos nutzen. Ford fährt in Sachen E-Autos aber mehrgleisig und ist auch am Tesla-Rivalen Rivian beteiligt. Auch die Entwicklung von Elektroautos und entsprechenden Plattformen ist teuer: VW hat nach eigenen Angaben seit 2016 mehr als 6 Mrd. Euro in den MEB investiert.

VW und Ford hatten bereits im Jänner beschlossen, bei leichten Nutzfahrzeugen zu kooperieren und über eine erweiterte Partnerschaft verhandelt. Dass große Autokonzerne gemeinsame Sache machen, ist angesichts hoher Kosten, Regulierungsdrucks, magerer Gewinnspannen und schwieriger Marktumstände keine Seltenheit mehr. Zuletzt hatten sich sogar die Erzrivalen Daimler und BMW bei Roboterautos verbündet, um die Technik für autonomes Fahren kostenschonender voranzutreiben.

Weiter offene Fragen zum Standort Türkei

Die Standortfrage für ein neues VW-Werk in Osteuropa ist indes weiter offen. Die Planungen seien "konkretisiert, nicht finalisiert" worden, teilte ein Sprecher des VW-Aufsichtsrats am Freitag mit. Zuvor hatte die "Automobilwoche" geschrieben, der Aufsichtsrat habe am Donnerstag beschlossen, das neue Mehrmarkenwerk in der Nähe von Izmir in der Türkei zu bauen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur könnte sich die Entscheidungsfindung aber noch einige Zeit hinziehen.

Die Standortfrage für ein neues VW-Werk blieb indes weiter offen. Die Planungen seien "konkretisiert, nicht finalisiert" worden, teilte ein Sprecher des VW-Aufsichtsrats am Freitag mit. Zuvor hatte die "Automobilwoche" berichtet, der Aufsichtsrat habe am Donnerstag beschlossen, das neue Mehrmarkenwerk in der Nähe von Izmir in der Türkei zu bauen. Nach dpa-Informationen könnte sich die Entscheidungsfindung aber noch einige Zeit hinziehen. Zuletzt war berichtet worden, dass neben der Türkei auch Bulgarien in der engeren Auswahl für das Werk sei. In beiden Ländern sind die Personalkosten niedriger als in Deutschland. Bei der Entscheidung geht es um eine Milliardeninvestition. (dpa/reuters/apa/red)