Stahlindustrie : Voestalpine: Milliardeninvestition in Elektroöfen und Kampf gegen Kurzarbeit

Die Voestalpine ist der mit Abstand größte Emittent von Abgasen, und verschärfte Klimaschutzvorgaben zwingen den Stahlkonzern jetzt zum Gegensteuern. Derzeit ist die Voestalpine für die Hälfte der CO2-Emissionen der heimischen Industrie und somit für rund 10 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes in Österreich verantwortlich.

Nun will die Voestalpine drei ihrer fünf Hochöfen in Österreich durch Elektroöfen ersetzen, wie die Austria Presseagentur mit Bezug auf informierte Kreise meldet. Das würde eine Investition von einer Milliarde Euro bedeuten. Ungefähr im Jahr 2030 könnte das "Hybrid-Stahlwerk" Wirklichkeit sein, meldet auch das Magazin "Trend".

Mit der Maßnahme könnte der Stahlerzeuger seinen Kohlenstoffdioxid-Ausstoß um ein Drittel, also um drei bis vier Millionen Tonnen pro Jahr, senken, so Konzernchef Herbert Eibensteiner.

Berechnung der riesigen Investition läuft

"Technisch ist das alles möglich, uns geht es jetzt nur um das Wirtschaftliche", hieß es aus dem Konzern zur APA. Bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres 2019/20 soll das Projekt fertig durchgerechnet sein. Für die Umsetzung wendet sich der Konzern aber auch um Unterstützung an die Politik. Eibensteiner habe bereits einen Brief an die Vorsitzenden aller Parteien im Parlament, an die Sozialpartner und an Nichtregierungsorganisationen (NGO) geschrieben, berichtet das Wirtschaftsmagazin.

Konkret lobbyiert die Voestalpine für einen Ausbau der Stromnetz-Infrastruktur und billigeren "grünen" Strom etwa durch die Befreiung von Abgaben und Rückvergütungen. Weiters sollten dem Management zufolge die Zahlungen für CO2-Zertifikate über den Umweg eines Innovationsfonds für eigene Investitionen in klimafreundliche Technologien zweckgewidmet werden. Für Wasserstoff hätte die Voest jedenfalls gerne eine Zweckwidmung der aus den CO2-Zertifikaten eingenommenen Gelder.

Das Ziel: Kohle als Energieträger ersetzen

Ziel der Voest ist es, Kohle und Koks als Energieträger für die hohen Temperaturen, die für die Stahlerzeugung nötig sind, zu ersetzen und somit den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß zu senken. Die zwei kleineren Hochöfen in Linz und einen der beiden in Donawitz durch Elektro-Öfen zu ersetzen, sei dabei nur ein Zwischenschritt. Denn die langfristige Vision heißt nicht Strom sondern Wasserstoff. Ein erster kleiner Schritt in diese Richtung wird kommenden Montag gesetzt. Die Voestalpine nimmt eine Wasserstoff-Pilotanlage in Linz in Betrieb. Wasserstoff in der Stahlherstellung gilt konzernintern aber erst nach 2035 als realistische Option.

Mit Innovationen in der Steiermark gegen Kurzarbeit

Bei den Ergebnissen steht die Voest derzeit unter Druck wegen weltweiter Handelskonflikte und des Konjunkturabschwungs in der Industrie. "Die Zahlen waren schon prickelnder", so Voest-Vorstandsmitglied Franz Kainersdorfer kürzlich in einem Hintergrundgespräch im Steirischen Presseclub. Mehrere österreichische Standorte sind von Maßnahmen betroffen. Die Folge seien sinkende Umsätze und die Kündigung von Leiharbeitern.

2020 wird nicht einfach: Kurzarbeit nicht ausgeschlossen

Kurzarbeit sei noch kein Thema, aber für das erste Quartal 2020 nicht ausgeschlossen, so Kainersdorfer weiter.

Trotz aller Innovationen dürfte das kommende Jahr herausfordernd werden, weshalb Kurzarbeit nicht ausgeschlossen sei. Zudem werden in den kommenden Wochen weiterhin Urlaubsabbau forciert und Schichten reduziert. Bis Ende 2019 sei man noch "ordentlich ausgelastet", was danach komme, sei noch schwer abzuschätzen, weil die Verhandlungen noch geführt werden, so Kainersdorfer. Sollte es zu Kurzarbeit kommen, könne damit aber weiterer Personalabbau verhindert werden.

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Flaute der Autoindustrie

Vor allem im Bereich Automotive, der zuletzt rund ein Drittel zum Umsatz und auch zum Ertrag des Konzerns beisteuerte, krankt es, wie bereits am Mittwoch bei der Präsentation der Konzernzahlen mitgeteilt wurde. Auswirkungen hat das auch auf die Steiermark, doch da will man mit Innovationen neue Märkte erschließen: Die Strategie sei der Weg vom Komponentenhersteller zum Gesamtsystemanbieter. Das werde nun auf den Bahn- und den Schweißbereich umgelegt, so Kainersdorfer.

Mit "wartungsfreier Schiene" und Schweißgeräten neu am Markt

Im Bereich Bahnindustrie habe sich die Sparte für Metallbau (Metal Engineering Division) der Voest mit Sitz in Leoben-Donawitz als Marktführer für Bahninfrastruktursysteme einschließlich digitaler Signaltechnik etabliert. Neben den 120 Meter langen Schienen werden auch Spezialweichen mit bis zu 40 Sensoren hergestellt, die beispielsweise Hitze, Gewicht und Rundlauf prüfen.

Zweite Gemeinschaftsfirma in China

Nach einer ersten Gemeinschaftsfirma in China 2007 ist nun auch eine zweite mit einem weiteren Weichenwerk in China unter Dach und Fach, so Kainersdorfer. Standort ist Ruzhour in der Provinz Henan und das Ziel ist der Einstieg in den Nahverkehrsbereich in China. Allein in den kommenden Jahren seien landesweit über 100 neue U-Bahn- und Straßenbahnprojekte geplant. In Thailand wurde gerade erst ein Großauftrag an Land gezogen: Das Nahverkehrsprojekt "Red Line" umfasst ein Gesamtprojektvolumen von 23 Mio. Euro. 80 Prozent seien von der Voestalpine bereits ausgeliefert worden.

Ein neues Steckenpferd des Konzerns soll die "wartungsfreie Schiene" werden: Jahrelange Entwicklung sei in sie geflossen und nun gehe man damit auf den Markt. Das Besondere: Die sogenannten Schienenköpfe der "340 Dobain HSH" bleiben praktisch rissfrei.

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Voestalpine Böhler Welding: Komplettanbieter für Schweißlösungen

Die Voestalpine Böhler Welding mit einer Produktion in Kapfenberg will sich nun ebenfalls als Komplettanbieter für Schweißlösungen etablieren. Neben Schweißzusätzen, Lotprodukten und Zubehör werden nun auch Schweißgeräte hergestellt und zwar in Kooperation mit der italienischen Selco aus Onara.

(red mit Material von APA)