Autoindustrie : Umbruch der Autoindustrie bringt hunderttausende Arbeitsplätze in Gefahr

er schwierige Strukturwandel in der Autoindustrie mit dem Umstieg auf die Elektromobilität gefährdet nach der Analyse einer Expertenkommission hunderttausende Jobs in der Branche. In einem Extremszenario sind demnach bis zu 410.000 Arbeitsplätze in Gefahr. In dieser Arbeitsgruppe sind neben der Gewerkschaft IG Metall auch Unternehmen wie VW, Daimler, Siemens, BASF sowie Forschungsinstitute vertreten.

Wenn sich die Wettbewerbslage der deutschen Industrie bei der Elektromobilität in den kommenden Jahren nicht verbessere und der Importbedarf für Batteriezellen und Elektrofahrzeuge weiter steige, wäre ein "erheblicher Beschäftigungsrückgang" bis 2030 zu erwarten, heißt es im Bericht einer Arbeitsgruppe der von der deutschen Bundesregierung eingesetzten Kommission Nationale Plattform Zukunft der Mobilität.

Studie: In Österreich bis zu 24.000 Arbeitsplätze gefährdet

Diese Zahlen variieren jedoch. So hieß es Ende November vom deutschen Branchenverband VDA, dass in Deutschland 70.000 Arbeitsplätze in Gefahr seien. Dazu: VDA: Wegen Elektroautos verschwinden allein in Deutschland 70.000 Jobs >>

Für Österreich hält eine Studie der Industriellenvereinigung und des Infrastrukturministeriums den Verlust von bis zu 24.000 Arbeitsplätzen für möglich, falls sich Zulieferer nicht rechtzeitig anpassen. Zu dieser Studie: Elektroautos können in Österreich 24.000 Arbeitsplätze vernichten >>

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Neue deutsche Analyse berechnet Extremszenario

Diese Woche kommt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt mit Vertretern von Gewerkschaften sowie des Auto-Branchenverbands VDA zusammen. Schwerpunkt dürfte der Umbruch in der Branche sein.

In dem heute vorgelegten Bericht der Arbeitsgruppe heißt es: "Auch wenn dieses Extremszenario aufgrund einer besseren Entwicklung inländischer Angebote von Elektrofahrzeugen und inländischer Produktion von Batterien abgewendet werden kann, gilt: In keinem Fall werden die Automobilhersteller weiterhin im selben Maße für eine solche Wertschöpfung und Beschäftigung entlang der Zulieferketten sorgen können, wie es heute der Fall ist."

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Der Leiter der Arbeitsgruppe, IG Metall-Chef Jörg Hofmann, sagte laut Mitteilung, der Markthochlauf der Elektromobilität bis 2030 aufgrund der europäischen und auch nationalen Klimaschutzregelungen und weitere Effizienzsteigerungen durch eine zunehmende Automatisierung in der Produktion wirkten sich immer stärker auf die Beschäftigungsstrukturen aus. Im Vergleich zu bisherigen Ergebnissen gehe der Personalbedarf in den neuen Elektromobilitätsszenarien weiter zurück, auch weil die Produktivität durch eine höhere Automatisierung in Zukunft weiter steigen werde. Die Herstellung von Elektrofahrzeugen sei stärker automatisierbar.

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Hofmann forderte konkrete Schritte von Betrieben und Politik. Knapp die Hälfte der Unternehmen im Organisationsbereich der IG Metall - insbesondere kleine und mittlere Zulieferer - habe keine Strategie für den Strukturwandel. "Das gefährdet Hunderttausende von Arbeitsplätzen", sagte Hofmann dem "Handelsblatt". Nötig seien Zukunftstarifverträge und verbindliche Zusagen für Investitionen in neue Geschäftsmodelle, Produkte und Entwicklungsaufträge.

Der IG Metall-Chef hatte bereits im Dezember gesagt, viele kleine Zulieferer hätten Finanzierungsprobleme beim Übergang vom Verbrennungsmotor zu alternativen Antrieben. Dazu kämen Auftragsrückgänge. Hofmann hatte sich für Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld ausgesprochen, außerdem seien "dringend" arbeitsmarktpolitisch begleitende Maßnahmen nötig.

Bisher haben Elektroautos in Deutschland trotz steigender Zulassungszahlen noch nicht den Durchbruch auf dem Massenmarkt geschafft. Die Elektromobilität spielt eine zentrale Rolle im Klimaschutzprogramm der deutschen Regierung, mit dem die Klimaziele 2030 vor allem im Verkehr erreicht werden sollen. Dafür wird bis 2030 eine Zahl von 7 bis 10 Millionen Elektroautos in Deutschland als notwendig angesehen. Die Autobranche ist auch wegen strengerer Klimavorgaben der EU auf deutlich mehr Elektroautos in den kommenden Jahren angewiesen.

Hintergrund:

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