Interview : „Übernahmeversuch ist Fakt“

Herr Gasselsberger, die 3-Banken-Gruppe Oberbank, BKS und BTV wehrt sich gegen angebliche Übernahmeversuche der Bank Austria. Kurz vor der Hauptversammlung am 14. Mai verlangte die Wiener Bank einen dritten Aufsichtsratssitz. Dieser Antrag wurde letztlich abgewiesen. Wie überrascht waren Sie vom Antrag auf einen dritten Aufsichtsrat?

Franz Gasselsberger Im Vorfeld haben wir diesen Antrag nicht erwartet. In der HV selbst waren wir aber nicht überrascht, weil der Antrag ja schon einige Tage vorher bei uns eingegangen ist.

Der Finanzvorstand der Bank Austria, Gregor Hofstätter-Pobst, ist bereits seit eineinhalb Jahre im Aufsichtsrat der Oberbank. Bei der HV zeigen Sie sich „persönlich und menschlich enttäuscht“. Fühlen Sie sich hintergangen?

Gasselsberger ‚Hintergangen‘ ist nicht das richtige Wort. Es stimmt aber schon, dass ich mich enttäuscht gefühlt habe. Wir haben Herrn Hofstätter-Pobst in den letzten eineinhalb Jahren immer als einen professionellen und fachlich sehr versierten Aufsichtsrat erlebt. Die jetzige Situation hat aber gezeigt, dass er nicht ausschließlich die Interessen der Oberbank verfolgt, was ja seine Pflicht als Mitglied des Aufsichtsrats der Oberbank wäre.

Die Bank Austria dementiert Übernahmeabsichten. Gibt es noch andere Gründe für diese Aktivitäten?

Gasselsberger Darüber spekuliere ich nicht. Die Anträge sind für mich ein Versuch, die Kontrolle über diese Banken zu erlangen. Wir sehen das als Fakt. Aber wir wissen uns in einer komfortablen juristischen Position. Ich bin sicher, dass wir keine Gefährdung unserer Unabhängigkeit hinnehmen müssen. Aber wir akzeptieren, dass die Bank Austria Eigentümer von 30 Prozent unserer Aktien ist. Und jeder Eigentümer kann mit seinen Anteilen tun und lassen, was im Rahmen des Aktienrechtes erlaubt ist.

...auch verkaufen, wenn der Preis stimmt und die Mailänder Mutter bitter benötigtes Eigenkapital benötigt?

Gasselsberger Wie gesagt, jeder Eigentümer kann mit seinen Rechten tun und lassen, was er will.

Themenwechsel: Herr Gasselsberger, Ende 2019 wird die Oberbank über 43 Filialen in Deutschland verfügen, 50 sollen es werden. Was macht den ausgereizten deutschen Markt für eine österreichische Bank interessant?

Gasselsberger Es gibt nicht den einen Grund. Das Image Österreichs ist in Deutschland gut. Und wir als Oberbank sind bei den Kosten konkurrenzfähig. Unsere wichtigsten Mitbewerber aus dem deutschen Sparkassensektor sind größenmäßig bei 3 bis 4 Milliarden Euro Bilanzsumme limitiert. Da haben wir mit 22 Mrd. Volumen eine bessere Wirkungsbreite, die für die meisten Geschäfte mit dem starken deutschen Mittelstandsunternehmen ohne Syndizierungen auskommt. Die Diskussionen über die mögliche Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank haben unserem Auftritt als stabile Mitbewerber sicher auch nicht geschadet.

Im Stadtbild von Budapest finden sich 4 Oberbank-Filialen, in ganz Ungarn sind es 13. Sie haben angekündigt, in Ungarn expandieren zu wollen. Was sehen Sie, was Ihre Mitbewerber in Ungarn nicht mehr sehen?

Gasselsberger Um ehrlich zu sein, wundert mich die schwache Reaktion der ausländischen Geschäftswelt auf die ungarische Wirtschaftsentwicklung. Die Medien berichten sehr viel über Orban-Ungarn und über die innenpolitische Situation in Tschechien oder Slowakei. Es gibt aber wenig Information über die Wachstumsstärke dieser Länder. Wir sind sehr spät in diesen Markt eingetreten und haben viele der Probleme unserer österreichischen Konkurrenz in diesem Markt nicht. Wir hatten keine Ausfälle von Fremdwährungskrediten in Ungarn zu verkraften.

In einem Interview zu Jahresanfang kündigten Sie an, die „Kultur des Hauses zu ändern“. Sie wollen auf allen Managementebenen eine Frauenquote einführen. Bis heute ist der Oberbank-Vorstand aber rein männlich. Wie ernst gemeint ist Ihre Idee?

Gasselsberger Wir stehen im Haus in den kommenden fünf bis zehn Jahren vor einem grundlegenden Generationenwechsel auf allen Ebenen. Ich will nicht auf die weiblichen Potenziale verzichten. Reine Männerbastionen sind bei weitem nicht so effektiv wie gendermäßig gemischte Abteilungen. Frauen sind kritischer, präziser und risikoaverser. Das bringt jedem Unternehmen mehr Qualität.

Wie soll das funktionieren?

Gasselsberger Für die Bankzentrale sind Quoten festgelegt worden, die wir in den nächsten zehn Jahren erreichen werden. Wir schreiben im Haus künftig Führungspositionen aus. Das bedeutet, dass scheidende Manager nicht einfach selbst ihre Nachfolger in Position bringen können. Die entscheidende Maßnahme wird aber sein, dass wir die Karenz als Karrierekiller beseitigen. Wir begleiten Managerinnen und Kandidatinnen in die Mutterschaftspause und helfen, durch flexible Arbeitszeiten aus der Karenz wieder in die Verantwortung zu kommen.