Währungen : Türkei: Lira stark unter Druck - Reserven könnten bis Juli weg sein

Die türkische Lira steht nach zahlreichen Zinssenkungen der Notenbank des Landes weiter unter Druck. Am Dienstag wurde für einen Euro zeitweise bis zu 7,62 Lira gezahlt. So viel musste zuletzt im Spätsommer 2018 für einen Euro gezahlt werden, als heftige Währungsturbulenzen infolge eines politischen Streits zwischen der Türkei und den USA die türkische Währung auf ein Rekordtief abstürzen ließen.

Experten verweisen auf angespannte Haushaltslage

Im August 2018 wurde für einen Euro der Rekordpreis von 8,12 Lira gezahlt. Seitdem war die türkische Währung tendenziell unter Druck gestanden. Auch im Handel mit dem US-Dollar näherte sich der Lira-Kurs am Dienstag dem Tief von 2018. Am Nachmittag wurde ein Dollar zeitweise für knapp 7 Lira gehandelt. Damit stand der Kurs nur knapp unter dem Rekordwert von 7,23 Lira, der im August 2018 zeitweise für einen Dollar gezahlt wurde.

Bereits acht Zinssenkungen seit vergangenem Sommer

Marktbeobachter verwiesen auf eine angespannte Haushaltslage, die der Regierung Grenzen im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise setze. Außerdem hatte die türkische Notenbank zuletzt erneut die Zinsen gesenkt. In der vergangenen Woche war der Leitzins um 1,0 Prozentpunkt auf 8,75 Prozent reduziert worden. Es war bereits die achte Zinssenkung seit dem vergangenen Sommer, als der Leitzins noch bei 24,0 Prozent lag.

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Experten sehen die türkische Geldpolitik auf einem riskanten Pfad: Auf der einen Seite sprechen die Auswirkungen der Coronakrise und die schwächere Inflation wegen der niedrigen Ölpreise zwar für niedrigere Leitzinsen. Auf der anderen Seite liegen die Leitzinsen schon seit längerem deutlich unterhalb der Inflationsrate.

Beobachter: Bis Juli könnten Reserven der Türkei weg sein

Der Türkei könnten Analysten zufolge im Juli die Devisenreserven ausgehen, falls der Druck auf die Landeswährung Lira anhält. Wenn man die auf die Zukunft orientierten Swap-Geschäfte herausrechnet, sind die Reserven nach Berechnungen der Experten von Oyak Securities möglicherweise schon jetzt negativ. Die Notenbank war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Cristian Maggio, Chefstratege für Schwellenländer beim Finanzdienstleister TD Securities, sagte, die Notenbank gebe derzeit etwa 440 Millionen Dollar (rund 405 Mio. Euro) pro Tag aus, um die Lira zu stützen. Wenn es in diesem Tempo weitergehe, dann seien die Reserven ohne die Goldbestände bis Anfang Juli aufgebraucht, das Gold sei dann bis zur dritten Septemberwoche weg. Das könnte die Notenbank dazu zwingen, ihren Leitzins wieder deutlich anzuheben. (dpa/reuters/apa/red)