Stahlindustrie : Thyssen: Offenbar Gespräche über Verkauf der Stahlsparte ins Ausland

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© Peter Martens

Thyssenkrupp führt angesichts der hohen Verluste seiner Stahlsparte einem Insider zufolge auch mit ausländischen Konkurrenten Gespräche über eine Konsolidierung der Branche. Dies gehöre zum neuen Kurs von Vorstandschefin Martina Merz, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person Reuters. Merz will ihre Pläne für die künftige Strategie dem Aufsichtsrat vorstellen.

Stahlsparte sollte nun eigentlich im Zentrum stehen

Bisher war erwartet worden, dass nach dem Verkauf der Aufzugssparte das Stahlgeschäft als größter Bereich im Zentrum der Strategie stehen werde. Thyssenkrupp Steel Europe mit seinen rund 27.000 Beschäftigten ist aber einmal mehr unter Druck geraten. Das konjunkturanfällige Geschäft fuhr im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019/20 einen operativen Verlust von 372 Millionen Euro ein.

Insider: Konzern verhandelt auch mit Chinas Stahlriesen

Thyssenkrupp lehnte eine Stellungnahme dazu ab. Das "Handelsblatt" hatte zuerst darüber berichtet und die Namen Baosteel aus China, die schwedische SSAB und Tata Steel genannt. Baosteel und SSAB bevorzugten eine Mehrheitsübernahme.

Eine Fusion mit Tata Steel Europe war im vergangenen Jahr am Widerstand der EU-Kommission gescheitert. Völlig abgerissen ist der Gesprächsfaden aber Insidern zufolge nie. Thyssenkrupp halte eine Konsolidierung der europäischen Stahlindustrie nach wie vor für richtig, hatte auch das Management seitdem immer wieder betont. SSAB wollte sich dazu nicht äußern. Von Baosteel und Tata war zunächst auch keine Stellungnahme zu erhalten.

IG Metall: Mehrheit von Thyssen-Stahl muss in Deutschland bleiben

Die deutsche Gewerkschaft IG Metall ist grundsätzlich offen für Gespräche von Thyssenkrupp mit potenziellen Fusionspartnern im Stahlgeschäft. "Es ist klar, dass man die Suche nach strategischen Partnern auf alle Bereiche des Konzerns ausweitet", sagte der nordrhein-westfälische IG Metall-Chef Knut Giesler der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Stahlunternehmen seien durch die Coronakrise zusätzlich unter Druck gekommen. Zugleich stünden Milliardeninvestitionen in eine CO2-freie Produktion an. "Das kann kein Unternehmen alleine stemmen." Daher sei es sinnvoll, Gespräche zu führen. "Wir würden eine deutsche Lösung mit Salzgitter und den Saar-Unternehmen bevorzugen. Wenn man sich mit einem ausländischen Partner zusammen tut, dann muss die Mehrheit in Deutschland bleiben", machte Giesler deutlich.

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Metallergewerkschaft ist für Thyssen ein gewichtiger Machtfaktor

Gegen die Arbeitnehmervertreter könnte das Management eine Stahlhochzeit kaum durchsetzen. Die IG Metall hat unter den Stahlkochern von Thyssenkrupp nach eigenen Angaben einen Organisationsgrad von über 90 Prozent. Betriebsräte und Gewerkschafter stellen die Hälfte der Mitglieder im Konzern- und im Stahlaufsichtsrat.

Entscheidend sei, dass mit dem Partner Investitionen in eine moderne Technologie getätigt werden könnten, betonte Giesler. "Wir wollen ein innovatives Stahlunternehmen haben. Nur so können die Arbeitsplätze gesichert werden." Ob das bei einem chinesischen Konzern möglich sei, müsse man sich sehr genau ansehen. "Klar ist für uns, dass bei jeder Lösung die Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland gesichert werden müssen. Ein zusätzlicher Stellenabbau bei Thyssenkrupp Steel Europe ist mit uns nicht zu machen. Verträge müssen eingehalten werden."

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EU hat eine Fusion mit Tata Steel Europe verboten

Eine Fusion mit Tata Steel Europe war im vergangenen Jahr am Widerstand der EU-Kommission gescheitert. Völlig abgerissen ist der Gesprächsfaden aber Insidern zufolge nie. Thyssenkrupp halte eine Konsolidierung der europäischen Stahlindustrie nach wie vor für richtig, hatte auch das Management seitdem immer wieder betont. Zudem gerät das konjunkturanfällige Geschäft von Thyssenkrupp Steel Europe weiter unter Druck: Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019/20 fuhr die Sparte einen operativen Verlust von 372 Millionen Euro ein. (reuters/apa/red)