Losgröße 1 : Supply Chain Management und Feinplanung effizient verzahnt

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Unternehmen der Fertigungsindustrie stehen vor der Herausforderung, schneller und agiler auf Kundenanforderungen zu reagieren. Auch wenn die Losgröße 1 im Rahmen von Industrie 4.0 noch ein längerfristiges Ziel bleibt, wird die Fertigung immer variantenreicher: Kundenspezifische Produkte bis hin zur Einzelfertigung, Prototypen, Anpassungen und kurzfristige Änderungen sind gefordert. Wer wettbewerbsfähig bleiben möchte braucht einen hohen Grad an Automatisierung und leistungsfähige Programme auf Maschinenebene, ebenso wie flexibel und kurzfristig zur Verfügung stehende Komponenten. Da sich aus Kostengründen kaum ein Unternehmen gefüllte Vorratslager leisten kann, wird die Integration der Supply Chain, die Einbindung der Lieferanten und Kunden in die eigene Wertschöpfungskette unumgänglich. Aktuelle Technologien versprechen hier neue Chancen und Synergien für die Wertschöpfung, den Informationsfluss und die Zusammenarbeit mit allen Teilnehmern der Lieferkette.

Automation und Supply Chain Management – oft unzureichend verzahnt

Häufig ist die Supply Chain Planungsebene stark von der Automationsebene abgekoppelt. Auf Planungsebenen stehen keine Informationen über Werkzeuge, Prüfmittel, Vorrichtungen oder Personal-Qualifikationen zu Verfügung. Daher wird die Planung dieser Objekte in der Regel unabhängig von der Automationsebene durchgeführt. Erst im Rahmen der Kapazitätsplanung wird auch gegen die tatsächliche Auslastung der Maschinen geprüft, die richtige Reihenfolge der Arbeitsvorgänge zur rüstoptimalen Einplanung ist dabei aber noch nicht inbegriffen. Auch kurzfristige Auftragsänderungen laufen meist nicht mehr digitalisiert in die Systeme der Automationsebene. Die entsprechenden Informationen sind dann nur noch auf Papier vorhanden. Umgekehrt werden auch die notwendigen Daten aus der Automation ebenfalls nur unzureichend, verspätet oder gar nicht an die SCM-Ebene weitergegeben. Ein Maschinen-Stillstand, z. B. durch einen defekten Bohrersatz, wirkt sich nicht direkt auf die Produktionsplanung aus. In solchen Fällen muss manuell auf einen anderen Arbeitsplatz umgeplant werden.

Anforderung an die Feinplanung

Um dieses permanente Informationsdefizit zwischen SCM- und Automationsebene zu beseitigen und eine wirklich durchgängige Digitalisierung zu erreichen, braucht es eine Feinplanung, die flexibel auf Veränderungen reagiert und die Verfügbarkeit, Kapazität, Fertigungshilfsmittel, sowie die Mitarbeiterqualifikation berücksichtigt. Für eine solch detaillierte und leistungsfähige Feinplanung mussten SAP-Anwender bisher zusätzlich zum entsprechenden ERP System zusätzlich ein Tool für Supply Chain Management und erweiterte Planung SAP SCM APO (Advanced Planning and Optimization) implementieren und hohe Investitionskosten einplanen, um es auf zwei Servern zu installieren.

Integration von PP/DS in die HANA Plattform

Das ändert sich nun: Seit Kurzem ist die erweiterte Produktionsplanung (PP) und die Feinplanung (DS) auf der SAP HANA Plattform in das ERP integriert. Dabei wird das Material Resource Planning (MRP) direkt über die erweiterten Planungsalgorithmen des PP-Teils ausgeführt. Der DS-Teil übernimmt währenddessen im Rahmen der Industrie 4.0 Architektur auch Funktionen der Automatisierung und kommuniziert mit den ME-Systemen und dem Shop-Floor. Die Feinplanung reagiert somit auch auf Änderungen in der Maschinensteuerungsebene.

Basis dafür ist die HANA Architektur: Mittels In-Memory Computing läuft der gesamte Planungsprozess sehr viel schneller – und das, obwohl gleichzeitig zusätzliche Funktionen zur Verfügung stehen und Prozesse ermöglicht werden, die mit der herkömmlichen Technologie nicht denkbar waren.

Neue Funktionen für die Produktions- und Feinplanung

Das Add-on für das integrierte PP/DS wird nach der Aktivierung der zugehörigen Business Funktion auf einem einzelnen Server bereitgestellt. In dieser Anwendung sind die SAP-APO-Prozesse für die Feinplanung und Produktionsplanung vereinfacht implementiert und harmonisieren mit den entsprechenden SAP-ERP-Prozessen. Die Bedarfsplanung im ERP (MRP) erfolgt grundsätzlich tagesgenau, im PP/DS sekundengenau, dies ist z. B. für eine Just-in-time-Abwicklung essentiell. Darüber hinaus ist es möglich, mit Hilfe von deskriptiven Merkmalen eine feinere Steuerung der Verrechnung vorzunehmen, also z.B. spezifisch für einzelne Kunden.

Das PP/DS ermöglicht eine simultane Planung von Mengen und Kapazitäten und unterstützt den Planer dabei, Mengen nur dann für die Produktion einzuplanen, wenn auch ausreichend Kapazitäten und Komponenten zur Verfügung stehen. Mit Hilfe sogenannter „Pegging“-Beziehungen zwischen Bedarfen und Beschaffungselementen über alle Stücklistenstufen hinweg werden im PP/DS mit dem Verschieben eines Auftrags auch die Termine sämtlicher betroffener Aufträge für die Komponenten mit verschoben.

Wie in der herkömmlichen APO Variante ist es auch im „embedded“ PP/DS in SAP ERP möglich, den automatisierten Produktionsplanungsprozess auf einfache Art und Weise aus mehreren Schritten aufzubauen. Dafür stehen eine Vielzahl verschiedener Planungsalgorithmen, die sogenannten Heuristiken und Optimierungsverfahren zur Verfügung. Das Ergebnis des Produktionsplanungslaufes ist ein Beschaffungsplan, in dem möglichst viele Rahmenbedingungen der Planung, wie Kapazitätsengpässe oder Terminerfordernisse bereits berücksichtigt sind. Aber auch die Bestimmung der terminlich optimalen Bezugsquelle und kostenbezogene Planungen sind möglich und das Alert-Handling geht in seinen Möglichkeiten weit über das des ERP hinaus.

Nahezu alle in der Ursprungslösung, dem PP/DS in APO, erarbeitete Lösungen sind im PP/DS on ERP realisierbar und können bei einer möglichen zukünftigen Umstellung auf SAP S/4 HANA übertragen werden.

Im Einzelnen bietet das Add-on für das integrierte PP/DS folgende Funktionen:

Synchronisierung von Stammdaten und Integration von BewegungsdatenMaterialien können in SAP ERP angelegt und sofort ins SAP APO übertragen werden. Wichtige Parameter für die erweiterte Planung lassen sich im ERP-Materialstamm definieren, ohne dass der APO-Produktstamm dazu geöffnet werden muss. Ist ein Material für die erweiterte Planung relevant kann im ERP-Materialstamm ein Disponent definiert werden, der ins nach SAP APO übertragen und dort als Produktionsplaner gespeichert wird.

Auch Arbeitsplätze, die im SAP ERP angelegt wurden, lassen sich sofort nach SAP APO übertragen. Die Übertragung von Produktionsdatenstrukturen (PDS) und Stücklisten funktioniert ohne Integrationsmodell oder Queues. Fehler können unmittelbar durch den Anwender bearbeitet werden und müssen nicht wie früher erst eskaliert, separat aufgerufen und abgearbeitet werden. Das spart in den täglichen Prozessen ebenfalls Zeit und Aufwand.

Harmonisierung der Benutzungsoberflächen und ProzesseDer MRP Live kann Komponenten über die ERP- oder die APO-Logik planen, hierbei können Komponenten verwendet werden, die entweder in SAP ERP oder SAP APO geplant sind. Das System greift dabei auf die entsprechenden Dispositionsmerkmale und Produktheuristiken zurück. Das bedeutet, Anwender können von einem Auftrag in einer SAP-APO-Transaktion heraus in den ursprünglichen Auftrag in SAP ERP, sowie in alle definierten kundenspezifischen Transaktionen navigieren. Mit Hilfe von SAP-Fiori-Apps lassen sich zudem jederzeit und ortsunabhängig die Kapazitätsauslastungen einsehen.

Im Ergebnis werden so in nur einem Durchlauf und unter Berücksichtigung der größtmöglichen Anzahl von Kriterien machbare Produktionspläne erzeugt. Die Planungen auf Automatisierungs- und SCM-Ebene greifen direkt ineinander: Indem jedem Teilnehmer seine für ihn relevanten Daten in Echtzeit zur Verfügung stehen, erreicht man die gewünschte Transparenz und Flexibilität im Fertigungsprozess: Das Beschaffen und Planen der Logistikkette, sowie die Produktion werden nachfrageabhängig eingestellt und synchronisiert, kurzfristige Änderungen und Personalisierungswünsche des Kunden können erfüllt werden.