IM-Expertenpool: Welthandel : Staatlich-private Programme zur Exportförderung: Das Exportfinanzierungsverfahren der OeKB zur Stärkung unserer Wirtschaft

Der durch die COVID-19 Pandemie hervorgerufene plötzliche Einbruch des Welthandels führt uns abermals vor Augen, wie verwundbar unser modernes, globalisiertes Wirtschaftssystem gegenüber (endogenen und) exogenen Schocks sein kann. Ein zweites Mal nach der globalen Wirtschaftskrise 2008/09 wurde die Weltwirtschaft von einem – plausiblen jedoch als relativ unwahrscheinlich wahrgenommenen – Ereignis vorübergehend zum Stillstand gebracht.

Markt oder Staat?

Das Ausmaß, die Langzeitfolgen und Nebenwirkungen der gegenwärtigen Krise können noch nicht vollends abgeschätzt werden, aber es steht fest, dass es sich nur um das jüngste Beispiel einer Reihe von tiefgreifenden Krisen handelt, die uns in unterschiedlicher Ausprägung, aber verlässlich immer wieder vor große Herausforderungen stellen. Diesmal wurden in erster Linie die Gesundheitssysteme und Notfallpläne nationaler und lokaler Regierungen auf die Probe gestellt. Im nächsten Schritt wurde versucht, den wirtschaftlichen Auswirkungen, die durch den Lockdown entstanden, durch die Ankündigung großzügig kalibrierter Unterstützungsprogramme und Soforthilfen entgegenzusteuern.

Zunächst wurden durch die, mittlerweile zum Standardrepertoire der Notenbanken gehörenden, geldpolitischen Maßnahmen die Liquidität gesichert und Zinssätze niedrig gehalten, nicht zuletzt um der typischen Panikreaktion der Aktienmärkte entgegenzuwirken. Die folgenden Ankündigungen der staatlichen Regierungen und der Europäischen Union umfassten erwartungsgemäß grob skizzierte Investitionsprogramme, Förderungen und Sozialpakete.

Wieder scheint sich zu bestätigen, dass ein sich selbst überlassener Markt in Krisenzeiten nicht für die nötige Stabilität sorgen kann, um dem Wirtschaftskreislauf am Leben zu erhalten und die Schäden zu minimieren. Der Balanceakt zwischen der nötigen Marktbereinigung und gezielter Unterstützung von Unternehmen birgt jedoch viel Konfliktpotential, das sich auch in den Verhandlungen über den EU-Aufbaufonds widerspiegelte.

Kontrolle ist gut, reicht aber nicht!

Dass gut entwickelte und tiefe (liquide) Finanzmärkte grundsätzlich als Katalysator für das Wirtschaftswachstum eines Staates oder einer Region wirken, ist einigermaßen unbestritten. Allerdings ist dieser Effekt beispielsweise bei Schwellenländern stärker zu beobachten als bei hoch entwickelten Volkswirtschaften. Unbestritten ist wohl auch, dass nicht selten die Exzesse der Finanzwirtschaft in realwirtschaftliche Krisen mündeten, deren Folgen die wirtschaftliche Entwicklung auf Jahre hemmen. Die jüngsten Skandale rund um Wirecard und Commerzialbank sind vielleicht eher typisch für menschlich-charakterliche Fehlleistungen, doch zeigt sich abermals, dass ein System selbst durch ein hohes Maß an Kontrolle und Regulierung nicht unfehlbar wird und Vertrauen nach wie vor ein zentrales Element in diesem Kreislauf einnimmt.

Was aber macht eine Volkswirtschaft gegenüber solchen Schocks letztlich resilient und welche allfälligen Erkenntnisse können aus dem Krisenmanagement in der Pandemie gezogen werden? Das Erfolgsrezept zur Eindämmung der Pandemie waren schnelles Reagieren, überregional koordiniertes Vorgehen, klare Kommunikation. Eine unmittelbare Antwort auf die (drohende) Konjunkturkrise hat aktuell auch das bewährte Modell der österreichischen Exportförderung im Rahmen des Exportfinanzierungsverfahrens (EFV) parat. In einer Allianz aus dem Bundesministerium für Finanzen (BMF), der österreichischen Kontrollbank (OeKB) und den österreichischen Banken wurden der heimischen Exportwirtschaft rasche Unterstützungen zugesichert und, viel wichtiger, auch ebenso rasch umgesetzt. Das System aus Haftungsübernahmen und Finanzierungen, welches schon seit Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zum Erfolg österreichischer Unternehmen im Ausland leistet, stellte und stellt sich gerade unter unsicheren, volatilen Rahmenbedingungen als stabilisierender Faktor heraus.

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Das durch die OeKB abgewickelte Exportfinanzierungsverfahren dient unterschiedlichen Zielsetzungen: Es ist Motor für Investitionen, erleichtert die Erschließung „exotischer“ Märkte und sichert die Liquidität der Exporteure und es erfüllt diese Aufgaben als stabiler Partner auch unter widrigen Bedingungen. Durch glücklicherweise bereits im letzten Jahr erfolgte Anpassungen in der Abwicklung (tägliches Pricing) konnten während der gesamten kritischen Phase seit Ausbruch der Pandemie ohne Einschränkungen Finanzierungsmittel bereitgestellt werden. Die weitgehende Umstellung auf eine digitale Dokumentation half, die erste Tranche des COVID-19 Sonderprogrammes für Betriebsmittelfinanzierungen in der Höhe von zwei Milliarden Euro - zu gleichen Konditionen für kleine und große Unternehmen - rasch auszuzahlen

Welchen sinnvollen Platz können nationale Programme neben den europäischen Unterstützungsfonds einnehmen?

Schon im Laufe der letzten Niedrigzinsphase, die unmittelbar auf die Finanzkrise 2008/09 folgte, wurde deutlich, dass niedrige Zinsen und Finanzierungskosten allein nicht mehr ausreichen, um ein System wie das EFV zu legitimieren. „Billiges Geld“ wurde durch die geldpolitischen Maßnahmen allgegenwärtig. Im reinen Wettbewerb der Niedrigzinsen, treten aber auch andere Aspekte der Finanzierung in den Vordergrund: Bereitschaft zur Risikoübernahme, niedrige Finanzierungsnebenkosten, unbürokratische Dokumentation, schnelle Entscheidungsfindung, flexible Handhabung von Leistungsstörungen, verlässliche Ansprechpartner.

Nur wenn sich das EFV auch in Zukunft nach diesen Grundsätzen ausrichtet und dabei offen für neue Entwicklungen bleibt, wird es weiterhin eine zentrale Rolle für die österreichische Exportwirtschaft einnehmen.

Hannes Juvan ist seit 2011 in der OeKB tätig und zuständig im Bereich Export Services für das Exportfinanzierungsverfahren. Er betreut nationale und internationale Banken vom Onboarding über die Strukturierung bis zur Abwicklung der einzelnen Finanzierungen und ist Vortragender bei der Exportakademie zu diesem Thema.