Auftragsfertigung : So gelingt der Wandel zum digitalen Lohnfertiger

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Wenn der Servicetechniker dreimal läutet, um an der Maschine den Zählerstand ablesen zu kommen, dann ist das ein erster Schritt. Nicht die Zukunft, denn ein Bezahlmodell für Maschinenleistung, bei dem nur der Härteprüfeindruck abgerechnet wird, erfüllt beim Prüfgerätebauer EMCO-TEST schon seit rund zwei Jahren seinen Zweck. Während Unternehmen anderer Branchen grübeln, sich langsam vortasten und doch lieber auf Sicherheit spielen, haben die Salzburger mutig ihr Portfolio umgekrempelt. Erste Kunden würden das honorieren, heißt es in Kuchl. Verschiedene Spielarten, etwa Leasing oder ein Modell ganz ohne Kapitalbindung, aber auch eine monatliche Kündigung des Angebots oder die 36-monatige Bindung seien möglich.

Das Tempo in der Branche überrascht. Und dann auch wieder nicht. Unternehmen der CNC-Welt, allen voran die Maschinenbauer, die die Fertigung all der schönen Teile erst möglich machen, konnten sich die letzten Jahre über schöne Wachstumsraten freuen – und investierten. In den Aufbau von IoT-Plattformen wie der Maschinenbauer DMG Mori. Aber auch neue digitale Geschäftsmodelle zur Absicherung der nächsten Jahre, die vielleicht weniger rosiger werden könnten. Oder infolge neuer Marktplayer disruptiver, je nach Sichtweise.

Pay-per-Method

Und so kann man nur staunen, wie schlüssig die Konzepte vieler Unternehmen in der Metallindustrie sind. Im Mai, auf der Control, einer einschlägigen Fachmesse für die Qualitätssicherung in Stuttgart, schaltet EMCO-TEST so beispielsweise in den nächsten Gang: Ein neues Produkt, Pay-per-Method, wird gelauncht. „Eine Software schaltet an der Maschine in dem Ausmaß Prüfmethoden frei, wie es der Kunde für erforderlich hält“, erzählt CIO Eric-Jan Kaak. Auch beim Drehmaschinenbauer EMCO läuft die Digitalisierung auf Hochtouren – ebenso bei DMG Mori: Deren Steuerungs- und Bediensystem auf App-Basis (Celos) punzierte den Maschinenbauer früh als Machtzentrale des Digitalen. Heute ist Celos auf allen neuen Hightech-Maschinen an Bord. Es erlaubt auch die digitale Überwachung der Produktion.

Zum Beispiel gibt es da den Messenger. Er setzt den aktuellen Status eines Maschinenparks ins Bild. Und stellt maschinenspezifische Informationen wie etwa den Betriebszustand, das aktuelle NC-Programm oder den Werkstückzähler auf mobilen Endgeräten dar. Das – man ahnt es schon – lässt Stillstandszeiten purzeln. Eine feine Sache für Produktivitätsmehrer.

Konnektoren vernetzen Maschinenpark

Ein IoT-Connector vernetzt zusätzlich DMG-Mori-Maschinen. Mit dem Retrofit-Kit des IoT-Connectors werden auch Bestandsmaschinen ins Produktionsnetzwerk einbindbar. Zugleich wächst die IoT-Plattform Adamos zu immer stattlicherer Größe heran. Das Unternehmen hat sieben Gesellschafter: einen Softwarehersteller (Software AG), fünf Maschinenbauer (DMG Mori, Dürr, Engel, Karl Mayer, ASM PT) und einen Messtechnikhersteller (Carl Zeiss). Gemeinsam soll für den Maschinenbau ein globaler Branchenstandard für IoT geschaffen werden. Marco Link, 38, leitet die Geschäfte des Maschinenbau-Joint-Ventures, Co-Chef ist Tim Busse. „IoT-Bausteine und Trainings allein greifen zu kurz, um Maschinenbauer dauerhaft ins Plattform-Business zu holen“, ist er überzeugt. „Adamos mit viel Pomp bekannt zu machen“, sei in der Startphase wichtig gewesen. Jetzt setze man auf grundsolide Schritte, um die Vision der Digitalisierung im Maschinenbau umzusetzen, gibt er zu Protokoll. 2018 sei das Jahr der Grundlagen gewesen. Einerseits anbindungsseitig, also bei der Konnektivität angebundener Maschinen im Feld, zugleich applikationsseitig, also in der Umsetzung und Weiterentwicklung von mehrwertbringenden Applikationen. Jetzt sei das Partnernetzwerk, also die Community, gefordert. Wissen und Ressourcen müssten zirkulieren. Die brennenden Themen: vertragliche Ausgestaltungen, der Umgang mit personenbezogenen Daten oder die Markteinführungshürden von Lösungen in Heim- und besonders Auslandsmärkten wie etwa China. „Alles Dinge, die über Erfolg und Misserfolg von IoT-Initiativen entscheiden“, sagt Link.

Auftragsfertiger treiben Digitalisierung

Doch die feinsten technologischen Neuerungen wären vergeblich, wenn nicht auf Anwenderseite ein Umfeld für digitale Innovation gestaltet würde. Die Sparte Auftragsfertigung der 600 Mitarbeiter starken Leibnitzer Umdasch Store Makers, spezialisiert unter anderem auf die Gitterbearbeitung und ganzheitliche Komponentenfertigung, ist so ein Beispiel. 3D-Druck nutze das Unternehmen etwa bereits im Bereich des Prototypings, schildert der verantwortliche Bereichsleiter Michael Ketschler. Auch sonst ist die Fertigung, die für den Leistungsbereich Draht und Rohr bei Verfahren wie Laserschneiden, Umformen und Roboterschweißen langjähriges Prozess-Know-how besitzt, fürs digitale Zeitalter gerüstet. Sowohl auftragsseitig, wo auf Kundenwunsch auch Elektronik, wie etwa Bildschirme, verbaut werden. Aber auch im bestehenden Maschinenpark selbst. „Uns ist es gelungen, unterschiedliche Aggregate zu vernetzen“, heißt es in Leibnitz. So ist es mittlerweile Usus, „dass Anweisungen und Informationen aus der Konstruktionsabteilung – etwa Maschinenparameter – als digitale Information den gesamten Fertigungsprozess begleiten“, sagt Ketschler. Und natürlich bringen Neuinvestitionen wie der erst kürzlich angeschaffte Faserlaser „zusätzliche digitale Intelligenz mit“, so der Bereichsleiter.

Neue Anwendungsfelder

In der Gunskirchenerstraße 19 in Wels nutzt man die digitalen Möglichkeiten, die durch Neuinvestitionen in den üppigen Maschinenpark immer wieder ins Unternehmen finden, ebenso. Im Vorjahr investierte Heinz Himmelfreundpointner, Geschäftsführer und Inhaber des gleichnamigen 315-Mitarbeiter-Fertigungstechnikbetriebs, in eine neue Drehmaschine, eine weitere – speziell für das Vertikaldrehen – „könnte heuer angeschafft werden“, erzählt Himmelfreundpointner. Neben dem Erschließen neuer Anwendungsfelder – die Oberösterreicher sind mit den Standbeinen Drehen, Fräsen, Schleifen, Verzahnen bis hin zum Montieren von Baugruppen ungewöhnlich breit aufgestellt und in zahlreichen Branchen wie der Automobil-, Anlagen-, Bahn- oder Flugzeugtechnik aktiv – ist auch das Thema Usability ein Punkt. „Attraktivere Bedienoberflächen und -hilfen, aber auch deren Vereinheitlichung sind angesichts der immer komplexer werdenden Prozesse zielführend“, sagt Wolfgang Brandstätter, kaufmännischer Leiter des Unternehmens. Auch weil die Maschinenbediener des Unternehmens auf vielen Maschinen zugleich Kompetenzen aufgebaut hätten – und dies auch noch weiter tun sollen. Vier Programmierer beschäftigt der Auftragsfertigungsbetrieb – der Leiter des CAD/CAM-Bereichs ist Patrick Kinberger. Auch er schätzt die neuen Möglichkeiten der quartalsweise aufgespielten Updates der CAD/CAM-Lösungen – etwa in der „Königsdisziplin“ des Unternehmens, wie er sagt, „dem technologisch besonders anspruchsvollen Stangendrehen“.

CAM-Hersteller zieht es in die Cloud

Kein Wunder, dass die Hersteller nachlegen müssen. In seiner aktuellen Version 2019.1 der CAM-Lösung für die High-Speed- und Fünf-Achsen-Programmierung (PowerMill) hat der US-Hersteller Autodesk den Funktionsumfang noch einmal erweitert. Die Software bietet neue Funktionen für die additive Fertigung, mehr Effizienz bei Schruppvorgängen und einfachere 5-Achsen-Kollisionsvermeidung sowie Zusammenarbeit und CNC-Maschineneinrichtung. „Gleichzeitig sind Anwender in der Lage, die Vorteile der Cloud zu nutzen“, sagt Steffen Krause, Technical Sales Manager bei Autodesk. Die Version 2019.1 verfügt über eine neue „Posts in the Cloud“-Plattform, mit der CAM-Programmierer ihre Postprozessor-Dateien besser verwalten können.

Testen ist wie gehabt kein Problem: Eine 30-Tage-Testversion ist auf der Website der Amis downloadbar.