Ergebnisse : Siemens verfehlt Erwartungen: "Handlungsbedarf im Energiegeschäft"

Siemens Joe Kaeser
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Das bereinigte operative Ergebnis aus dem Industriegeschäft, die meistbeachtete Erfolgs-Kennziffer, brach im 1. Quartal (Oktober bis Dezember) um 30 Prozent auf 1,43 Mrd. Euro ein, wie der deutsche Industriekonzern vor der Hauptversammlung in München mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit 1,88 Mrd. Euro gerechnet. Das vor der Abspaltung stehende Energietechnik-Geschäft zeigte ebenso Schwächen wie das Aushängeschild, die Industrieautomatisierung (Digital Industries). Diese litt unter dem Abschwung in der Autoindustrie und im Maschinenbau und musste einen operativen Gewinnrückgang um ein Drittel hinnehmen.

Vorstandschef Joe Kaeser sprach von einem verhaltenen Start ins Geschäftsjahr. Der Nettogewinn ging um 3 Prozent auf 1,09 Mrd. Euro zurück. Der Umsatz stieg um ein Prozent auf 20,3 Mrd. Euro, während der Auftragseingang mit 24,8 Mrd. Euro um 2 Prozent unter Vorjahr lag. Die Kennzahlen lagen über den Analystenerwartungen. Siemens bestätigte die Prognosen für 2019/20 (Ende September): Der Umsatz soll auf vergleichbarer Basis moderat steigen, der Gewinn je Aktie soll zwischen 6,30 und 7,00 (Vorjahr: 6,41) Euro landen.

"Die unbefriedigende Situation im gesamten Energiegeschäft macht deutlich, wo der primäre Handlungsbedarf liegt", sagte Kaeser. Siemens Energy soll im September separat an die Börse gebracht werden, Siemens will dann die Mehrheit abgeben. Die restlichen Anteile sollen an die eigenen Aktionäre abgegeben werden. Kern der Sparte sind Turbinen und Dienstleistungen für Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke. Der operative Gewinn in diesem Geschäft brach im ersten Quartal um fast zwei Drittel ein, die Windkraft-Sparte Siemens Gamesa, der Hoffnungsträger für die Energiewende, rutschte sogar in die roten Zahlen.

Siemens stockt Beteiligung an Gamesa auf

Für Joe Kaeser ist die Zeit "reif, den nächsten Schritt zu gehen" und stockt seine Beteiligung an Gamesa von 59 auf 67 Prozent auf, indem der Konzern en streitbaren spanischen Mitaktionär Iberdrola um 1,1 Mrd. Euro aus seiner Windkraft-Tochter herauskauft.

Mit der Übernahme der 8,1 Prozent, die der spanische Energiekonzern Iberdrola gehalten hatte, wird Siemens einen Anteilseigner los, mit dem es seit der Fusion von Gamesa mit der Windkraft-Sparte von Siemens immer wieder Spannungen gegeben hatte. Gamesa soll Teil des Energietechnik-Konzerns Siemens Energy werden, der heuer abgespalten und separat an die Börse gebracht werden soll.

Engere Kooperation mit Gamesa

"Alle Rechtsstreitigkeiten zwischen Iberdrola und Siemens werden beigelegt", betonte der Konzern in der Mitteilung. Die Spanier hatten sich mit Siemens immer wieder über die Führung von Gamesa gestritten. Iberdrola pochte auf mehr Einfluss, erst Siemens-Chef Kaeser konnte den Streit vorübergehend schlichten. Nach dem Ausstieg von Iberdrola hofft Siemens, bei Gamesa direkter durchgreifen zu können. Durch eine engere Kooperation mit Gamesa seien Einsparungen von 100 Millionen Euro im Jahr möglich. Ein Vertrag soll die künftige Zusammenarbeit mit Iberdrola bei Windkraft- und Netz-Projekten regeln.

Siemens zahlt Iberdrola 20 Euro für jede Gamesa-Aktie. Der Preis liegt gut ein Viertel über dem Schlusskurs vom Dienstag, aber unter dem ursprünglich für einem Ausstieg von Iberdrola vereinbarten Betrag. "Wir sehen für Siemens Gamesa (SGRE) noch deutliches Wachstums- und Wertschöpfungspotenzial", erklärte Kaeser. "SGRE ist ein wesentlicher Eckpfeiler im Portfolio der neuen Siemens Energy, um die notwendige Wende von konventioneller zu erneuerbarer Energie zu gestalten." Allerdings steht die Windkraft-Branche derzeit - vor allem bei Windanlagen an Land - unter Preisdruck, weil der Bau und Betrieb der Windparks immer weniger staatlich gefördert wird.

Erst in der vergangenen Woche hatte Siemens Gamesa zum zweiten Mal in drei Monaten die Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr korrigieren müssen. Grund dafür waren unerwartete Verzögerungen bei Großprojekten in Norwegen wegen des frühen Wintereinbruchs, die zu Sonderbelastungen von 150 Millionen Euro führten. Siemens-Gamesa-Chef Markus Tacke versprach am Dienstag, dass sich solche unliebsamen Überraschungen nicht wiederholen: "Wir nehmen diesen Rückschlag nicht auf die leichte Schulter. Wir müssen unser Risikomanagement verbessern, um sicher sein zu können, dass wir unsere Projekte in aller Welt im Griff haben." (apa/Reuters)