Shared Economy : Sharing is caring: Wie Voestalpine und RHI Daten zirkulieren lassen

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Spricht Thomas Plank vom Teilen, tut er das mit Emphase. Es geht um Daten und damit Wissen, der 30-jährige, mit Patrick Lamplmair und Simon Pfeifhofer einer von drei Gründern des Linzer Startups Tributech, hat mit seiner Truppe dafür einen industrieverträglichen Ansatz auf die Beine gestellt. Daten gelangen nicht in die Hände dritter, sie werden über die Software der Linzer peer-to-peer, also unter gleichgesinnten, geteilt. Das sorgt für das nötige Vertrauen in eine neue Technologie, die ihren Weg macht: Hyperbolisch fielen die Meldungen über den Nutzen von Plattformen in den Anfangsjahren aus.

Nach einer rhetorischen Abkühlung folgen jetzt die Umsetzungsprojekte. Die Daten liegen immer noch auf firmeneigenen Servern „oder in der vertrauten Cloud-Umgebung“, schildert Plank. Die integrierte Funktion eines Datennotars ermögliche es dem Empfänger nun, "deren Ursprung sowie deren Integrität unternehmensübergreifend zu auditieren", erklärt er.

Mit dem Linzer Standort des Technologiekonzerns Voestalpine und dessen Feuerfest-Zulieferer RHI Magnesita - konkret dem steirischen Werk Breitenau - wird die Technologie in einem Showcase getestet. Die Software überzeugt, heißt es im Projektkonsortium. Sogar ihr konzernweiter Einsatz im Rahmen der standardisierten IoT-Architektur wird bei der Voestalpine diskutiert, hört man in Linz.

Ein erster Schritt zur Shared Economy

Denn die Vorteile des Ansatzes sind frappierend. So unterschiedliche Softwaresysteme in den beiden Unternehmen aufgesetzt sind, so einfach lassen sich die Daten selektiv unternehmensübergreifend teilen. Zwei Stoßrichtungen verfolgen die beiden Unternehmen. Die Prozessoptimierung sowie das Erfassen des ökologischen Fußabdrucks in der Supply Chain. Beim Stahlhersteller etwa werden Produktionsdaten über Kameras, Termperatur- oder Vibrationssensorik erfasst und in Microsofts Cloud-Lösung Azure übermittelt.

Über die Tributech-Software, sie fungiert als Bindeglied, hat RHI Magnesita darauf Zugriff und optimiert ihre Strategien der automatisierten Prozesskontrolle und vorbeugenden Wartung. Die Instandhaltung ihrer Linien erfolgt - dank der Anreicherung der entscheidenden Daten - punktgenau und auch die Stillstandszeiten „reduzieren sich dank des optimierten Einsatzes von Feuerfestprodukten“, heißt es beim Stahlhersteller. Zugleich können die Firmenpartner ihre Prozess- und Logistikdaten teilen und so ihren CO2-Abdruck verringern. Ein Satz in Richtung Shared Economy, der Lieferanten stärker einbindet.

An Mut, derartige Initiativen umzusetzen, mangelte es zwar in vielen Branchen schon bisher nicht. Doch die Sicherheitsbedenken waren nicht vom Tisch zu wischen. Die fortschreitende Modellierung leistungsstarker Blockchain-Architekturen erst bringt die Wende. Die Linzer Tributech etwa nutzt ein System verteilter Datenbanken, das es den Anwendern erlaubt, „lediglich Ausschnitte des Datenstroms zu teilen und dabei nicht das Gesamt-Schema offenzulegen“, erklärt CEO Thomas Plank.

Gemeinsamer Datentopf

Aus Sicht von Microsoft stellt die Anwendung von Tributech eine wertvolle Bereicherung des Arsenals an Lösungen auf der Azure Cloud dar. "Das Potenzial der noch jungen Technologie geht weit über den gegenständlichen Industrie-Showcase hinaus und kann potentiell bei Hunderten weiterer Kunden zum Einsatz kommen", heißt es bei Microsoft. So wird der Plattformanbieter die Linzer auch beim internationalen Go-to-Market sowie der Produktweiterentwicklung unterstützen. Erste Kundenprojekte konnten bereits zusammen gestartet werden - und im April erfolgt mit dem gemeinsamen Messe-Auftritt in Hannover der nächste Schritt in der Zusammenarbeit.

Neue Einnahmequelle

Wenn IT und OT zusammenwachsen, sind neue Geschäftsmodellansätze vorprogrammiert. Daten dienen bei der Tributech-Lösung als vertrauensvolle Basis für neue Datenservices und Abrechnungen. Etwa im Anlagenbau. So liefert die Tributech-Lösung ein Szenario, bei dem Drittanbieter dem Anlagenbauer Sensordaten zur Erzielung optimaler Wartungsintervalle einer Anlage abkaufen könnten, „um nicht bei Null starten zu müssen“, sagt Plank.

Erwartet werden bei Tributech starke Netzwerkeffekte. Die Fühler der Linzer sind ausgestreckt: Seit Dezember ist man Teil von Infineons Security-Partner-Netzwerk und auch mit Siemens gebe es laut Plank Austausch. Dort könnte man etwa an die IoT-Platform MindSphere andocken, meint Plank.

In der Microsoft-Welt stehen auch andere Plattformlösungen, darunter die Open Manufacturing Platform (OMP), bereit. Diese beschleunigt die Entwicklung und Skalierung von Industrie-4.0-Lösungen. "Industrielle Hersteller arbeiten damit entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammen", sagt Christoph Berlin, Partner Program Manager Azure Industrial IoT bei Microsoft. Zu sehen gibt es die Plattform auch auf der Hannover Messe (Halle 17, Stand E06). Auch das zweite Gründungsmitglied ist mit der BMW Group ein Big Player. "Unser Ziel ist es, auf der Grundlage eines Open-Community-Ansatzes skalierbare Innovationen in der Fertigung voranzutreiben", sagt Jürgen Maidl, Leiter Logistik im Produktionsnetzwerk der BMW Group. Die Zeiten bis zur tatsächlichen Wertschöpfung sollten verkürzt, die Produktionseffizienz gesteiert werden.