Standort Schweiz : Schweizer Maschinenbau muss um seine Position kämpfen

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Der starke Franken nagt an der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Der Branchenverband Swissmem sieht aber in der Digitalisierung die Chance für Schweizer Unternehmen, auch künftig vorne mitzumischen.

Im vierten Quartal konnten die MEM-Unternehmen 13,4 Prozent weniger neue Bestellungen entgegen nehmen als in der Vorjahresperiode. Der Index der Bestellungseingänge sank damit auf den zweittiefsten Stand der letzten zehn Jahre ab, wie Swissmem-Direktor Peter Dietrich in Bern sagte.

Der Nachteil der Schweizer nützt den Betrieben der Nachbarländer

Während der starke Franken Schweizer Maschinen im Ausland verteuert, profitierten deutsche Unternehmen vom umgekehrten Effekt der Euroschwäche. In der Folge konnten sie den Schweizer Firmen Marktanteile wegschnappen.

Das verdeutlicht ein Blick auf die Exportzahlen: Die Schweizer MEM-Industrie exportierte 2015 Maschinen, Werkzeuge oder Schaltapparate im Wert von 63,1 Mrd. Franken (57,7 Mrd. Euro), das ist gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 4,6 Prozent. Die deutschen MEM-Firmen hingegen erzielten in den ersten drei Quartalen 2015 Exportzuwächse zwischen 6,9 und 10,7 Prozent.

Verband erwartet keine "Deindustrialisierung"

Dennoch zeigte sich Swissmem optimistisch. "Ich glaube nicht, dass es zu einer Deindustrialisierung der Schweiz kommen wird", sagte Verbandspräsident Hans Hess. Zwar gehe er davon aus, dass der gegenwärtig beschleunigte Strukturwandel auch 2016 weitere Arbeitsplätze kosten werde.

Die Talsohle könnte laut Swissmem aber im Verlauf des Jahres durchschritten werden - vorausgesetzt, der Wechselkurs und der Konjunkturverlauf in den wichtigsten Märkten verschlechtern sich nicht weiter. Hess zeigte sich überzeugt, dass die meisten Unternehmen einen Weg aus der schwierigen Situation finden werden.

Dass dieser Weg meist auch über Verlagerungen ins Ausland führt, schadet dem Schweizer Werkplatz nach Ansicht des Verbandes nicht zwingend. Die Verlagerung wertschöpfungsschwacher Tätigkeiten ermögliche es einer Firma, die Produktionskosten zu senken und damit wieder in die Gewinnzone zu kommen. "Das ist die unabdingbare Voraussetzung, damit ein Unternehmen in neue Produkte investieren und neue Jobs in der Schweiz schaffen kann", argumentierte Swissmem-Direktor Dietrich.

Das Beispiel des Komponentenherstellers Afag

Als Beispiel dafür präsentierte Swissmem die in Huttwil ansässige Firma Afag, die Komponenten zur Produktions- und Montageautomatisierung herstellt. Das Unternehmen baute zwar im vergangenen Jahr seine deutschen Standorte aus, wie Firmenchef Markus Werro sagte. Gleichzeitig wurden aber auch eine Produktefamilie sowie einige Kundenaufträge von Deutschland in die Schweiz verschoben.

Als wichtiger Standortvorteil für die Schweiz sieht Werro die gelebte Sozialpartnerschaft, die konstruktiver sei als in Deutschland. In der Schweiz erlaubt der MEM-Gesamtarbeitsvertrag beispielsweise, die Mitarbeiter 15 Monate lang unbezahlte Mehrarbeit leisten zu lassen. "In Deutschland gibt es das nicht."

Verband macht Werbung für "Innovation und Digitalisierung"

Chancen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, wittern Afag und Swissmem vor allem auch in der Innovation und Digitalisierung. Diese erlaubt es den Unternehmen, effizienter zu produzieren und neue Produkte und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Swissmem-Präsident Hess verwies darauf, dass diverse Studien die Schweiz bei der Digitalisierung zu den Trendsettern zählen. Mit den exzellenten Fachhochschulen und der guten Infrastruktur sei die Schweiz gut gerüstet.

Doch um diese Chancen zu nutzen, muss auch investiert werden. Viele Unternehmen verdienen aber weniger, weil sie wegen des starken Franken weniger Geld für ihre Produkte verlangen können. Dazu kommt die Unsicherheit bezüglich des künftigen Verhältnisses der Schweiz zur EU, die die Unternehmen zusätzlich in ihrer Investitionsbereitschaft hemmt.

Engpässe bei den KMU

Swissmem-Präsident Hess räumt am Rande der Medienkonferenz zwar ein, dass insbesondere KMU Schwierigkeiten haben könnten, das nötige Geld aufzutreiben. Genau deshalb freue er sich aber, dass der Schweizer Bundesrat für das laufende Jahr zusätzliche 61 Mio. Franken für die Innovationsförderung bewilligt hat. Bereits 2015 griff der Bund den Firmen mit zusätzlichen Mitteln für die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) unter die Arme. Dass diese Mittel voll ausgeschöpft wurden, zeige den Erfolg dieser Maßnahmen, sagte Hess.

Auch bei der Digitalisierung schläft die Konkurrenz nicht: Das entsprechende Schlagwort Industrie 4.0 ist sogar in Deutschland entstanden. Seit einigen Jahren treiben Wirtschaft, Forschung und Politik dort gemeinsam die Förderung der Industrie 4.0 voran. Hess befürchtet aber nicht, dass die deutschen Unternehmen ihre Schweizer Konkurrenten diesbezüglich abhängen: "Bei uns ist der Begriff zwar weniger sichtbar, auf Unternehmensebene aber hat sich schon viel getan." (APA/sda)