Interview : SAP-Chef Christoph Kränkl: „Es braucht Entscheidungskraft“

Herr Kränkl, Zulieferbetriebe der Automobilindustrie, darunter auch Maschinenbauer, blicken unsicheren Monaten entgegen: Aufträge bleiben aus, mancherorts bereitet man sich auf einen Abschwung vor. Wie erleben Sie die Situation?

Christoph Kränkl Seit einigen Wochen sind wir mit einer Situation konfrontiert, in der insbesondere in der KFZ-Zulieferindustrie sehr genau abgewogen wird, in welchen Bereichen Investitionen getätigt werden. Die ersten dunklen Wolken aus Deutschland ziehen auf. Wir sehen allerdings keinen generellen Rückgang der Investitionsbereitschaft, sondern eher ein fokussiertes Vorgehen. Für klar umrissene Business Cases wird nach wie vor Geld in die Hand genommen.

Sie müssen in ROI (Return-on-Investment)-Rechnungen überzeugen...

Kränkl Und das gelingt uns auch, wenn die Zeiten härter werden. Großprojekte haben auch dann eine Berechtigung, denn Unternehmen optimieren ihre Prozesse. Sie suchen Lösungen für eine bessere Planung, bessere Tools zum Management ihrer Kundenbeziehungen und Möglichkeiten zur Automatisierung von betrieblichen Prozessen. Unterstützt durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen. Gerade werden im Bereich Human Resources sehr bewusst Investitionsentscheidungen herbeigeführt, da Mitarbeiter in diesen Zeiten ein wichtiges Asset sind. Österreich sollte sich aber nicht anstecken lassen von pessimistischen Meldungen unseres Nachbarn.

Welche Rolle spielt in Ihrem Geschäft aktuell das Mainstream-Supportende für SAP R/3, das 2025 kommen soll?

Kränkl Das ist in weniger als zehn Prozent meiner Kundentermine ein Thema. Es geht viel eher darum, die Produktivität im Unternehmen zu steigern, und da setzen wir mit dem SAP S/4HANA-Umstieg an. Wir verzeichnen hier einen sehr positiven Trend.

Ein Umstieg bis 2025 klingt lange hin – dennoch starteten große Unternehmen bereits heuer die Umstellung. Wie viel Zeit sollte man sich nehmen?

Kränkl Sinnvoll ist ein Dreijahreszyklus. Einjährige Vorbereitungen, dann ein Jahr die technologische Umsetzung und schließlich eine einjährige Phase, in der die Prozesse optimiert werden.

Wodurch unterscheidet sich die S/4HANA-Einführung von früheren ERP-Projekten?

Kränkl Wir bieten mit dem SAP S/4HANA-Movement-Programm eine klare Roadmap und Unterstützung für unsere Kunden an. SAP und ihre Partner bilden ein qualifiziertes Team mit dem gemeinsamen Ziel, dem Kunden den Umstieg leichter zu machen – da braucht es klare Entscheidungen und Feedbackschleifen. Gerade mit dem S/4HANA Adoption Starter Programm können Kunden binnen 90 Tagen zu einer Roadmap für die digitale Transformation in ihrem Unternehmen gelangen. In der Umsetzung vertrauen wir auf agile Methoden.

Und verantwortlich ist wer?

Kränkl Das ist abhängig von den jeweiligen Unternehmen. Der CIO agiert mit dem Management und den Fachbereichen – wie zum Beispiel Produktion oder Logistik – wie aber auch mit dem CFO.

Wie resümieren Sie die ersten drei Quartale?

Kränkl Es lief sehr gut. Aber auch die verbleibenden Wochen 2019 bleiben spannend. Viele Unternehmen stellen jetzt im Herbst die Weichen für 2020.

Wie zufriedenstellend sind Ihre Cloud-Umsätze?

Kränkl Heuer ist es erstmals gelungen, dass das Cloud-Geschäft beim Umsatz unser On-Premise-Geschäft überholt hat.

Die Arbeit der SAP-Mitarbeiter ändert das radikal, oder?

Kränkl Es innoviert auch radikal die Prozesse der Kunden. Es gibt jährlich bis zu vier Innovationszyklen, die Systeme werden über Nacht gepatcht. Und bei alledem hat man auch noch viel ansprechendere Oberflächen.

Abschlussfrage: Wie weit nutzt die heimische Industrie die IoT-Plattform Leonardo bereits zum Aufsetzen neuer Business Cases?

Kränkl Unsere Erwartungen wurden – auch bei der Integration von Systemen Dritter – bisher voll übertroffen.