Bauindustrie : Porr: "Keine einzige Baustelle steht still"

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Der Baukonzern Porr hat seinen Auftragsbestand bis Mitte 2021 im Jahresabstand um fast elf Prozent auf die Rekordhöhe von 7,85 Mrd. Euro ausgebaut. Die Produktionsleistung wuchs um ein Zehntel auf 2,50 Mrd. Euro, nach 22,7 Mio. Euro Verlust vor einem Jahr kehrte man nun mit 8,6 Mio. Euro Nettoergebnis in die Gewinnzone zurück. Den Ausblick für 2021 bestätigte der Bauriese mit 19.800 Beschäftigten, je nach Ausgang des Kartellverfahrens bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).

Der Auftragseingang wuchs im Jahresabstand um 8,4 Prozent auf 3,27 Mrd. Euro. Der Gewinn vor Steuern (EBT) lag mit 11,5 Mio. Euro deutlich über dem ersten Halbjahr 2019, im Corona-Jahr 2020 waren es beim EBT bis Juni minus 26,6 Mio. Euro gewesen. Von der Gesamtleistung der Gruppe entfielen 46,5 Prozent auf den wichtigsten Markt Österreich, gefolgt von Deutschland mit 23,9 Prozent sowie Polen mit 13,5 Prozent der Leistung.

Urbane Themen im Zentrum

Die positive Geschäftsentwicklung bis Juni zeige, dass der strategische Fokus des Konzerns stimme, hieß es am Donnerstag. Der Rekordauftragsbestand bestätige ein starkes Fundament und zeige eine aus Risiko- und Margen-Sicht verbesserte Pipeline. Die Porr sehe sich gut positioniert und erwarte einen anhaltenden Bedarf an Bauleistungen in ihren Heimatmärkten. "Dieser Trend dürfte sich mittel- und langfristig durch Themen wie Urbanisierung, Mobilität, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Gesundheit ungebremst fortsetzen." Das Konzernprogramm Porr 2025 sorge dafür, den Profitabilitätspfad erfolgreich fortzuführen.

Für den Hochbau in den Heimmärkten der Porr erwarten die Experten der KPMG ganz aktuell ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 6,3 Prozent bis 2025, heißt es im Halbjahresbericht. Dabei solle der Wohnbau mit 6,9 Prozent Anstieg den größten Beitrag leisten, im Nichtwohnungsbau der Gewerbebau mit 5,8 Prozent das größte Plus. Unterstützend würden dabei die Investitions- und Konjunkturprogramme der EU wirken. Im Tiefbau liege die erwartete jährliche Wachstumsrate bis 2025 im Schnitt bei 3,9 Prozent.

Auf Basis der guten Ergebnisentwicklung im ersten Halbjahr 2021 erwartet der Vorstand für das Gesamtjahr 2021 weiterhin eine Produktionsleistung von 5,3 bis 5,5 Mrd. Euro und eine positive EBT-Marge von 1,3 bis 1,5 Prozent, bekräftigte der Baukonzern seine Ziele für heuer. Das erste Halbjahr sei in der Bauindustrie traditionell schwächer als das zweite und lasse daher nur eingeschränkt Rückschlüsse auf das Gesamtjahr zu, wird betont. Mittelfristig strebt Porr eine Ziel-EBT-Marge auf Konzernebene von 3,0 Prozent an, heißt es im Ausblick.

Der positive Ausblick für 2021 hänge stark vom Ausgang des Kartellverfahrens in Österreich vor, betont der Baukonzern. Wie berichtet wirft die BWB der Porr und einer Vielzahl anderer Bauunternehmen wettbewerbswidrige Absprachen vor - im April brachte die BWB diesbezüglich einen Antrag auf Verhängung einer Geldbuße gegen Firmen der Porr-Gruppe ein. Im Hinblick darauf habe man im Laufe der letzten Jahre Vorsorgen dafür gebildet, die bestmöglich geschätzt worden seien, wobei keine Sicherheit bestehe, ob diese Vorsorgen ausreichend seien. Die Porr strebe nun eine zeitnahe einvernehmliche Lösung (Settlement) mit der BWB ab, auch davon sei der Ausblick fürs Gesamtjahr abhängig.

Porr-Chef rechnet mit Preisrückgängen bis Jahresende

Der Chef des heimischen Baukonzerns Porr, Karl-Heinz Strauss, sieht bei den Baumaterial-Verteuerungen zum Teil bereits eine Entspannung und rechnet bis Jahresende mit Preisrückgängen, wenn auch nicht auf frühere Niveaus. Den ministeriellen Stopp von Asfinag-Straßenprojekten bezeichnete er als "politische Debatte, wo eine Partei ihr Profil schärfen will - im Interesse einiger Kleingruppen zulasten der Allgemeinheit".

"Ich sehe hier kein schlüssiges Konzept", sagte der Porr-Chef, ohne die zuständige Ministerin oder die Partei beim Namen zu nennen. Eine Konzentration für das Jahr 2030 rein auf E-Autos sehe er als "fahrlässig" an, denn falls man nur noch elektrisch statt mit Verbrennern fahre, gäbe es dafür "zu wenig Strom", wenn nämlich in Europa die Kohlekraftwerke oder Atomkraftwerke abgeschaltet würden. "Ich habe den Eindruck, dass man uns ins Mittelalter zurückbeamen will", meinte Strauss.

Die Baumaterial-Preissteigerungen seien unerwartet gekommen und extrem hoch ausgefallen - von manchen anderen Branchen sei die Zeit "genützt" worden, um in Zeiten von Kurzarbeit oder durch ein Nichtaufsperren von Fabriken eine Knappheit herzustellen, so der Porr-Chef. Sein Konzern habe sich schon im Vorjahr sehr stark für heuer eingedeckt und dadurch vieles von den Preisanstiegen abfangen können.

In den letzten vier Wochen seien die Preise nicht mehr weiter angestiegen, sondern hätten sich vielfach bereits parallel entwickelt. In Deutschland habe es teils sogar schon leichte Rückgänge gegeben, in Polen seien sie seit zwei Monaten nicht mehr angestiegen. Er rechne damit, dass die Preise zu Jahresende wieder zurückgehen, aber nicht mehr auf ein früheres Niveau.

Wegen Materialmangels stehe bei der Porr "keine einzige Baustelle", so Strauss, wenngleich man die Auswirkungen spüre: "Auch wir transportieren dann Dämmmaterial zum Beispiel aus Polen und Rumänien nach Deutschland und Österreich."

Der Fachkräftemangel halte, wie schon vor Corona, weiter an, die Lage sei vielfach noch angespannter als früher. Auch durch die eigene Porr-Akademie, die schon eine vierstellige Zahl von Menschen durchlaufen hat, versuche man dem entgegenzuwirken. "Wir kriegen noch immer Techniker und andere Fachkräfte. Es geht uns besser als der Gastronomie - aber es wurde schwieriger." Bei den Lehrlingen habe man alle Stellen besetzen können, obwohl es dreimal so viele Anmeldungen als sonst gegeben habe. (apa/red)