Rechtstipp : Personalabbau – der lange Schatten von Corona

Beim Personalabbau gelten drei Faustregeln: rechtssicher, effizient und sozial verträglich. Rund um Corona stellen sich aber viele Fragen – wir beantworten die wichtigsten. Dürfen Kündigungen und Kurzarbeit auf dieselben Schwierigkeiten zurückgehen?

Ja. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die bereits zur Kurzarbeit geführt haben, können auch betriebsbedingte Kündigungen rechtfertigen. Allerdings sollte der Arbeitgeber im Streitfall individuell begründen können, warum gerade diese Schwierigkeiten zur Kündigung bestimmter Mitarbeiter geführt haben.

Kann ich noch während der Kurzarbeit/Behaltefrist kündigen? Bei erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind betriebsbedingte Kündigungen auch schon während der Kurzarbeit bzw. der anschließen­ den einmonatigen Behaltepflicht möglich – vorausgesetzt der Betriebsrat bzw. die Gewerkschaft und das AMS stimmen zu.

Mein Unternehmen hatte keine Kurzarbeit: Erleichtert dies betriebsbedingte Kündigungen? Ja, aber nur in zeitlicher Hinsicht, da hier keine Behaltefrist eingehalten werden muss. Auch in diesem Fall sollte eine wirtschaftliche Begründung für die Kündigungen vorliegen, etwa Auftragsrückgänge oder die Verschiebung von Projekten. Je stärker diese Begründung ist, desto höher sind die Erfolgsaussichten im Streitfall.

Soll ich einen Sozialplan anstreben? Durch einen Sozialplan kann ein Personalabbau besonders friedlich und sozial verträglich durchgeführt wer­ den, das Risiko von Kündigungsanfechtungen entfällt. Voraussetzung für einen Sozialplan ist allerdings eine Einigung mit dem Betriebsrat. Zudem lenkt ein Sozialplan meist zusätzliche mediale Aufmerksamkeit auf den Personalabbau. Die Kosten eines Sozialplanes orientieren sich in der Praxis an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens und den Risiken für das Unternehmen im Falle von betriebsbedingten Kündigungen. Sozialplanleistungen sind aber steuerlich begünstigt.

Kann jedes Unternehmen einen Sozialplan abschließen? Sozialpläne sind erst vorgesehen für Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitnehmern, in denen zumindest erhebliche Teile der Belegschaft betroffen sind. In kleineren Unternehmen oder wenn nur weniger Mitarbeiter betroffen sind, bleiben nur einzelvertragliche Lösungen.

Das Vorhandensein eines Betriebsrates ist allerdings nicht zwingend notwendig. Mit einem Vertrauenskomitee können Modelle erarbeitet werden, die einem Sozialplan ähnlich sind. Unter bestimmten Voraussetzungen gilt auch hier eine steuerliche Begünstigung der Leistungen an die Mitarbeiter.

Wie hoch sind freiwillige Abfertigungen bei einvernehmlichen Lösungen? Hier gibt es keine verbindlichen Regeln. Die Höhe von freiwilligen Abfertigungen hängt in der Praxis vom Risiko ab, das ein Unternehmen im Falle einer Kündigungsanfechtung hat. Als Daumenregel gilt: Je stärker die wirtschaftlichen Gründe, desto niedriger ist dieses Risiko und desto niedriger sind die Abfertigungen. Vor jedem Personalabbau sollte daher das Risiko von Anfechtungen analysiert werden.

Wann sollte man das Personal abbauen? Wenn feststeht, dass Personal abgebaut werden muss, sollte man möglichst früh mit der Planung beginnen. Je näher der Personalabbau zur Corona-­Pandemie liegt, desto glaubwürdiger ist die betriebsbedingte Notwendigkeit. Dadurch steigt die Rechtssicherheit und die Kosten von Auflösungen sinken (Stichwort: Sozialplan). In die Planung sollte der Betriebsrat möglichst frühzeitig einbezogen werden.

Rechtsanwalt Dr. Philipp Maier, LL.M., leitet die Arbeitsrechtspraxis bei Baker McKenzie in Wien.

Die Taxonomie­-Verordnung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie definiert, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten, und ermöglicht damit, die Nachhaltigkeit von Finanzinvestitionen zu messen. Die Verordnung soll für Unternehmen, Investoren und sonstige Finanz­ marktakteure Transparenz schaffen und „Green Washing“ verhindern.

Die Taxonomie ist ein wichtiger Meilenstein für den Grünen Deal, der als „Wachstums­motor“ für den Post­-Corona-Wiederaufbau beschleunigt umgesetzt werden soll. Das Klassifizierungssystem der Taxonomie-­Verordnung bildet auch die Grundlage für die EU­-Offenlegungsverordnung, die bereits im Dezember beschlossen wurde. Für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater ergeben sich daraus verpflichtende Offenlegungsanforderungen ab 2021.

Während die Taxonomie-­Verordnung selbst ein recht kurzes Dokument ist, finden sich die Details zu den einzelnen Wirtschaftstätigkeiten in sog. technischen Evaluierungskriterien. Die Kriterien für die zwei Umweltziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ liegen bereits im Entwurf vor und werden bis Ende dieses Jahres finalisiert. Die Kriterien für die anderen vier Umweltziele folgen bis Ende 2021. Nach dem „Do no significant harm“-Prinzip gilt eine Aktivität, die beispielsweise wesentlich zum Klimaschutz beiträgt, aber eines der anderen Umweltziele (z. B. Schutz von Wasserressourcen oder Biodiversität) erheblich beeinträchtigt, dennoch nicht als nachhaltig.

Rechtsanwältin Dr. Eva- Maria Ségur-Cabanac, LL.M., leitet die Kapitalmarktrechtspraxis bei Baker McKenzie in Wien und ist Mitglied der globalen Sustainable-Finance-Service-Line.