Energieversorger : Österreichs Stromverbrauch bleibt konstant, Gasverbrauch steigt

In Österreich ist heuer bis Juni der Stromverbrauch gleich geblieben, bei Erdgas gestiegen. In der Stromerzeugung war das erste Halbjahr durch gute Wasserführung geprägt, Windanlagen erreichten sogar einen neuen Rekordwert. Die Strom-Import-Export-Bilanz war ausgeglichen, Erdgas wurde etwas mehr eingeführt, geht aus neuen Daten der E-Control hervor. Die Gasspeicher sind voll wie selten zuvor.

Der Stromverbrauch (ohne Pumpspeicherung) betrug im Halbjahr 36,1 Terawattstunden (TWh), ein Rückgang um 0,1 Prozent, nachdem es voriges Jahr noch einen Anstieg gegeben hatte (2017: 35,7 TWh). Nach Monaten betrachtet gab es heuer bei der Endabgabe ins öffentliche Netz mit 4,5 Prozent im Jänner den höchsten Verbrauchsanstieg, im März mit -6,2 Prozent den stärksten Rückgang. Abzüglich der Netzverluste (1,7 TWh) und des Eigenbedarfs der Kraftwerke (1 TWh) betrug der endkundenseitige Verbrauch 33,4 TWh.

Erzeugungsseitig verzeichnete man bis Juni 5,7 Prozent Plus auf insgesamt 38,3 TWh (inklusive mehr als 2 TWh Pumpspeicherung) - dabei kamen Laufkraftwerke um 4,6 Prozent mehr zum Einsatz, Speicherkraftwerke dagegen um 3,4 Prozent weniger. Insgesamt erzeugten die Wasserkraftwerke um 1,8 Prozent mehr Strom als voriges Jahr. "Heuer ist ein sehr gutes Wasserjahr", sagte Urbantschitsch, der vor allem an den vielen Schnee erinnerte, der dann als Schmelzwasser zur Verfügung stand.

Vermehrt kamen Wärmekraftwerke zum Einsatz, im zweiten Quartal speziell mit Kohle befeuerte - doch sei das "ein letzter Peak" vor dem baldigen Ausstieg aus dem Kohlestrom in Österreich mit Ende der Heizsaison 2019/20. Der niederösterreichische Versorger EVN verfeuerte - bis Anfang August - in Dürnrohr seine letzten Kohlevorräte. Wärmekraft lieferte bis Juni um 0,3 TWh oder 3,4 Prozent mehr Strom, Gaskraftwerke um 0,2 TWh oder 5,3 Prozent mehr. Der erhöhte Gaseinsatz war der kalten Witterung etwa im Jänner oder April geschuldet, in den anderen Monaten gab es Rückgänge. Für Redispatch (Netzstabilisierung) blieben die Erfordernisse moderat, dafür wurden immer wieder in Österreich kontrahierte Kapazitäten aus Deutschland abgerufen, nämlich durch dortige Übertragungsnetzbetreiber (TSO); teils werde von dort auch überraschend viel abgerufen, heißt es.

Strom aus Gaskraftwerken sei heuer mit 10 Euro pro Megawattstunde (MWh) so günstig wie seit Jahrzehnten nicht, sagte dazu E-Control-Volkswirtschafts-Chef Johannes Mayer. Dafür sei Kohlestrom "weit aus dem Markt" - mit Gesamtkosten von 28 bis 29 Euro/MWh, davon 20 Euro für den Brennstoff, der Rest für CO2-Zertifikate.

In den ersten Monaten, ausgenommen Juni, war 2019 heuer auch ein sehr gutes Windjahr. Im Mai wurde etwa um 152 Prozent oder 0,5 TWh mehr Windstrom erzeugt als 2018, im Juni um 0,1 TWh oder 19 Prozent weniger.

Die Strom-Einfuhr-Ausfuhr-Bilanz war ungefähr ausgeglichen - es gab nur eine "leicht rote Null", was in der E-Control auf lange Sicht betrachtet als "etwas Besonderes" gewertet wird. Dies sei dem guten Wasser- und Windangebot zuzuschreiben, so Mayer, aber auch der Tatsache, dass durch die Trennung der früher gemeinsamen deutsch-österreichischen Preiszone nicht mehr beliebig günstig Strom importiert werden kann.

Umgekehrt zeige die Entwicklung seit 1. Oktober 2018 aber auch, dass Österreich jederzeit soviel erzeugen könne wie benötigt, betont Urbantschitsch. Es gebe also technisch keine Abhängigkeit vom Ausland. An manchen Tagen im Mai, auch im Juni und Juli, waren zudem die Strompreise in Österreich günstiger als in Deutschland, etwa weil Deutschland im Juni sehr wenig Wind, wir aber sehr viel Wasser hatten, so Mayer.

Die physikalischen Strom-Importe betrugen im Halbjahr 12,7 TWh, um 0,6 TWh oder 4,6 Prozent mehr als ein Jahr davor. Rückläufig waren dabei die Stromeinfuhren aus Italien, Slowenien und Ungarn; dagegen stiegen die Importe aus Deutschland und der Schweiz (um 1 TWh oder 15 Prozent bzw. um 0,2 TWh oder 40 Prozent). Die Strom-Exporte stiegen in Summe um 2,7 TWh oder 27,1 Prozent auf 12,5 TWh; dabei gab es Rückgänge bei den Ausfuhren nach Deutschland und Italien (um 0,3 TWh oder 15 Prozent bzw. um 0,1 TWh oder 16 Prozent), so Urbantschitsch.

Bei Erdgas wuchs die Abgabe an Endkunden um 3 Prozent auf 49 TWh. Die Eigenproduktion sank bis Juni um 19,2 Prozent - der stark verfallene Gaspreis bot nicht gerade einen Anreiz für eine hohe Förderung. Der Inlandsverbrauch betrug laut E-Control 51,4 TWh, eine leichte Steigerung um 1,8 Prozent im Jahresabstand. Die Gas-Importe wuchsen um 34 TWh bzw. um 13 Prozent, die Gas-Exporte sanken um 5,7 TWh bzw. um 2,4 Prozent.

Die Gasspeicher sind heuer atypisch gut gefüllt - die Einpressung in die Speicher kletterte im Halbjahr um 44 Prozent oder um 12,9 TWh, zugleich sank die Speicherentnahme um 50 Prozent auf 24,6 TWh. Ende Juni waren die Speicher zu 81 Prozent bzw. mit 75,5 TWh gefüllt - ein Wert, der üblicherweise erst zu Beginn des Gaswinters erreicht wird. Diese Entwicklung sei aber "wenig überraschend", verweist man bei der E-Control auf mehrere Faktoren: Erstens den mit 1. Jänner 2020 drohenden vertragslosen Zustand zwischen Ukraine und Gazprom, womit auch die Gasspeicher in unserem Land einen Sicherheitspolster darstellen. Zweitens die großen, aus vielen Weltregionen (nicht nur den USA) nach Europa drängenden Mengen an verflüssigtem Erdgas (LNG). Drittens die extrem niedrigen Erdgaspreise.

Für die Haushaltskunden sind die Strom- und Gaspreise in Europa (EU-28) im Halbjahr um 6 bzw. 5 Prozent gestiegen - bei Gas kann man sich das seitens des Energie-Regulators nur mit Nachzieheffekten früherer Verteuerungen bei Gas auf Großhandelsebene erklären, die nun beim Endkunden angekommen seien. Der entsprechende Household Energy Price Index (HEPI) bildet die Preisentwicklung in den Hauptstädten der EU-15-Länder ab, eine Erweiterung gemeinsam mit dem ungarischen Regulierer umfasst nun 32 Metropolen.

An den Haushaltskunden bleiben ja auch maßgeblich die Kosten für Ökostromförderung "hängen", deshalb sorgt sich E-Control-Vorstand Urbantschitsch auch wegen möglicherweise überschießender Regelungen in diesem Bereich. Bei den - derzeit zwei - für die Nationalratssitzung im September auf dem Tisch liegenden Initiativanträgen für eine Ökostrom-Überbrückungslösung vor dem "großen" Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) sollte man sich genau ansehen, "um wie viel Geld und um welche Volumina" es dabei gehe. Eigentlich sei das Ziel ja, von den Einspeisetarifen weg hin zu einem marktbasierten System zu kommen. Interessenvertreter aus der E-Wirtschaft hätten eine Reihe von Forderungen, bis hin zu Unterstützungen auch für Großwasserkraft und Gaskraftwerke zur Netzstützung. Doch "grundsätzlich stellt sich schon die Frage, was bleibt übrig - denn da bleibt ungefördert eigentlich nichts übrig", gibt der E-Control-Vorstandsdirektor zu bedenken. (apa/red)