Impfstoffe : Österreichs Impfgremium: Impfungen mit Astrazeneca sollen vorerst weitergehen

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Österreich trotzt dem europäischen Trend und wird weiter mit dem umstrittenen Vakzin von Astrazeneca impfen. Eine entsprechende vorläufige Empfehlung sprach am Montagabend das nationale Impfgremium aus. Allerdings wird auch klar gestellt, dass noch Daten fehlten. Daher könne man keine "abschließende Empfehlung" abgeben, heißt es in einer Aussendung des Gremiums, das nach dem Impfstopp unter anderem in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien tagte.

Die bis jetzt eingelangten Meldungen vermuteter Nebenwirkungen diverser europäischer Länder seien derzeit noch inkomplett und schwer vergleichbar, sodass sich keine zusammenfassende Aussage oder eindeutigen Schlüsse tätigen ließen, schreibt das Gremium. Am Dienstag würden jedoch neue Daten der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA vorgelegt, die als Entscheidungsgrundlage für das weitere Prozedere dienen sollten. Das Impfgremium wird daher am Dienstag wieder debattieren.

Gesundheitsminister Anschober will keine "nationalen Einzelgänge"

Es brauche jetzt eine klare Entscheidung und Empfehlung der EMA für die Mitgliedsstaaten, betonte Anschober, der sich gegen nationale Einzelgänge aussprach. "Von der EMA stammt die Prüfung der Marktzulassung der Corona-Schutzimpfung durch Astrazeneca. Hier bündelt sich das Detailwissen über die Impfstoffe. Bei der EMA laufen alle Informationen über Nebenwirkungen zusammen", sagte Anschober. Daher brauche es jetzt eine klare Entscheidung und Empfehlung der Europäischen Arzneimittel-Agentur.

"Wir haben uns bei den Impfungen auf ein gemeinsames europäisches Vorgehen geeinigt. Nationale Einzelgänge sind in diesem Zusammenhang weder effektiv noch vertrauensbildend", sagte der Ressortchef. "Wenn derart weitreichende Entscheidungen getroffen werden, müssen diese durch fundierte Daten und Fakten eindeutig belegt sein und am besten durch die dafür zuständige EMA empfohlen werden."

Derzeit gebe es laut Anschober keinen Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von Astrazeneca und den aktuell diskutierten gesundheitlichen Ereignissen, "die auch bei ungeimpften Personen auftreten können".

FPÖ fordert "sofortigen Stopp"

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer forderte unterdessen erneut den "sofortigen Stopp" der Astrazeneca-Impfungen. Nach den "immer häufiger auftretenden Komplikationen" müsse Österreich nachziehen.

Deutschland argumentierte den vorläufigen Impfstopp mit dem Mittel der britisch-schwedischen Firma, dass nach neuen Meldungen über Thrombosen der Hirnvenen im Zusammenhang mit der Impfung weitere Untersuchungen notwendig seien. Frankreich wolle bis zur Einschätzung der EMA den Impfstoff erst einmal nicht mehr einsetzen, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Es handle sich um eine "Vorsichtsmaßnahme". Auch Italien sprach von "einer Vorsichtsmaßnahme, die gelten soll, bis sich die EMA über die Sicherheit des Impfstoffes aussprechen wird". Der Beschluss wurde am Montag von der italienischen Arzneibehörde AIFA in Rom gefasst.

Immer weitere Länder stoppen das Produkt von Astrazeneca

Auch Spanien und Slowenien entschieden sich für ein Aussetzen: Der Impfstoff werde bis zur endgültigen Entscheidung der EMA vorläufig nicht mehr eingesetzt, sagte der slowenische Gesundheitsminister Janez Poklukar. Spanien will seine Impfkampagne mit den Dosen von Astrazeneca "für mindestens zwei Wochen" unterbrechen, sagte Gesundheitsministerin Carolina Darias. Nach Berichten über Komplikationen durch Blutgerinnsel nach der Impfung hatten zuvor die Niederlande, Irland, Dänemark, Norwegen und Island den Einsatz vorübergehend ausgesetzt. Italien und Österreich stoppten die Verwendung von bestimmten Chargen.

Tschechien und Polen setzen die Verabreichung des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca hingegen vorerst nicht aus. "Der positive Nutzen des Impfstoffs ist unleugbar - und es gibt keinen Grund für Befürchtungen", sagte Gesundheitsminister Jan Blatny nach einer Kabinettssitzung am Montag in Prag. Zugleich versicherte er, dass man die jüngsten Vorfälle in anderen Ländern und ihre Untersuchung sehr sorgfältig verfolge.

Auch Weltgesundheitsorganisation berät

Die Impf-Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden am Dienstag über den Impfstoff von Astrazeneca beraten. Das Aussetzen von Impfungen in verschiedenen Ländern war aus Sicht der WHO noch kein Alarmzeichen. Die Vorfälle seien nicht notwendigerweise auf das Impfen zurückzuführen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf.

Das Pharmaunternehmen Astrazeneca wollte in einer Aussendung vor dem Hintergrund der jüngsten Berichte im Zusammenhang mit thrombotischen Ereignissen deutlich machen, "dass der Covid-19-Impfstoff gemäß eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen sicher ist". "Die Sicherheit ist von höchster Bedeutung und das Unternehmen überwacht kontinuierlich die Sicherheit seines Impfstoffes", hieß es. (apa/red)