Wirtschaftspolitik : OeNB-Gouverneur Holzmann für tieferes Inflationsziel der EZB

Kurz vor dem Führungswechsel bei der EZB hat sich der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, für ein deutlich tieferes Inflationsziel der Notenbank ausgesprochen. Das könnten 1,5 Prozent sein, was er bevorzugen würde, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters am Rande des Jahrestreffens des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington.

"Falls aber jemand 1,2 Prozent nennen würde, würde ich auch nicht Nein sagen," fügte er hinzu. Bisher strebt die Europäische Zentralbank (EZB) knapp zwei Prozent Teuerung als Idealwert für die Wirtschaft der Eurozone an. Dieses Marke verfehlt sie aber bereits seit Anfang 2013.

"Seit das Ziel eingeführt wurde, hat sich das Inflationsumfeld verändert," sagte Holzmann. Inzwischen sei dies schwieriger zu erreichen, was auch zu viel Liquidität erfordere. Die EZB hatte vor 16 Jahren die letzte größere Überarbeitung ihrer Zielmarke vorgenommen. Finnlands Notenbank-Chef Olli Rehn hatte sich bereits vor einigen Monaten für eine Überarbeitung der geldpolitischen Strategie der Notenbank ausgesprochen. Die frühere IWF-Chefin Christine Lagarde, die ab November das Ruder bei der EZB übernimmt, hatte eine Strategie-Überprüfung in Aussicht gestellt.

Kritisch äußerte sich Holzmann zu den jahrelangen Negativzinsen der EZB. Langfristig seien diese nicht tragfähig, sagte er mit Blick auf Banken, Versicherer und Pensionsfonds, die unter den Ultratiefzinsen leiden. Ihnen fällt es unter anderem immer schwerer, die Renditeversprechen ihrer Kunden zu erfüllen. "Dies ist der Grund, warum wir die Geldpolitik überdenken müssen," sagte er. Trete die nächste Krise ein, funktionierten eine Erhöhung der Anleihenkäufe oder noch negativere Zinsen nicht mehr, warnte er.

Holzmann hofft zudem, dass sich unter der Führung von Lagarde auch die Art und Weise ändert, wie über die Geldpolitik diskutiert und entschieden wird. "Ich hoffe, sie ermutigt unterschiedliche alternative Sichtweisen, um den gegenwärtigen Ansatz zu überdenken und zu verbessern," sagte er. (reuters/apa/red)