Rechtstipp : Öko-Autos: Öffentliche Hand gibt Gas

Im August 2019 hat die Europäische Union die „Clean Vehicles Directive“ (CVD) beschlossen. Die Richtlinie (2019/1161) ist Teil der ambitionierten Pläne der Union, die Treibhausgasemissionen zu senken. Die öffentliche Beschaffung wird traditionell als starker Nachfrageanreiz für die Industrie gesehen. Die Erstfassung der CVD aus dem Jahr 2009 war aber zu zahnlos, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Deshalb wurde zehn Jahre später ein deutlich ehrgeizigerer Ansatz gewählt. Nun wurden alle öffentlichen Auftraggeber und Sektorenauftraggeber einbezogen.

Zudem wird von der neuen Richtlinie nicht nur der Kauf von Straßenfahrzeugen reguliert, sondern auch die Miete, das Leasing und der Ratenkauf. Die Richtlinie geht sogar noch einen Schritt weiter: Auch private Dienstleister (insb. in den Bereichen Öffentlicher Nahverkehr, Müllabfuhr oder Post- und Paketbeförderung) werden den Regelungen unterworfen.

Durch die Richtlinie werden jedem Mitgliedstaat bestimmte Mindestziele vorgegeben, welcher Anteil der neu beschafften Fahrzeuge mit ökologisch vorbildlichen Antrieben ausgestattet sein muss. Dabei wird unterschieden zwischen „sauberen Fahrzeugen“ und gänzlich emissionsfreien Fahrzeugen.

Quoten für alle Auftraggeber

Umsetzen muss Österreich die Richtlinie bis zum 2. August 2021. Derzeit scheint nur klar, dass das nicht im Bundesvergabegesetz erfolgen wird, denn sonst wären die Quotenvorgaben in jeder einzelnen Ausschreibung zu berücksichtigen – was Vergabeprojekte mitunter sehr aufwändig machen würde. Um aber ein politisches Schwarzer-Peter-Spiel zu vermeiden, soll jeder Auftraggeber verpflichtet werden, für sich die Quote zu erfüllen.

Die Zeit drängt jedenfalls: Denn die Richtlinie findet bereits auf Neubeschaffungen ab dem 21. August 2021 Anwendung. Ab dann müssen bei leichten Nutzfahrzeugen 38,5 Prozent der beschafften Autos „sauber“ sein, ab 2026 sogar komplett emissionsfrei. Bei schweren Nutzfahrzeugen müssen ab nächstem Jahr zehn Prozent und ab 2026 15 Prozent der Fahrzeuge „sauber“ sein. Am strengsten sind die Vorgaben bei Bussen: Für sie gilt ab August 2021 eine Vorgabe von 45 Prozent und ab 2026 von 65 Prozent – jeweils die Hälfte dieser Quote muss sogar auf Null-Emissions-Fahrzeuge entfallen. Für die Industrie bedeuten diese Vorgaben eine große Herausforderung, denn nicht in allen Fahrzeugklassen gibt es bereits die entsprechenden Fahrzeuge.

Zahlreiche Ausnahmen

In der Richtlinie gibt es zahlreiche Ausnahmen: Zum einen gelten die Quoten nur für künftige Beschaffungen. Zum anderen gilt die Richtlinie nur für Beschaffungen im Oberschwellenbereich – doch diese Hürde ist bei Fahrzeugen bekanntermaßen rasch genommen. Deutlich wichtiger ist, dass zahlreiche Fahrzeugtypen gänzlich ausgenommen sind, darunter Spezialfahrzeuge für Feuerwehr, Polizei und Rettung, Land- und Forstwirtschaft sowie für den Einsatz beim Militär oder im Katastrophenschutz. Auch für Überlandbusse, Schneepflüge, Quads, Kettenfahrzeuge, Fahrzeuge auf Baustellen, in Steinbrüchen, Häfen oder auf Flughäfen finden sich Ausnahmen.

Nichtsdestotrotz bleiben gewichtige Beschaffungsprojekte, in denen die ökologischen Vorgaben voll durchschlagen werden. Trotz der fehlenden rechtlichen Grundlage sollten sich daher alle Anbieter von Fahrzeugen oder fahrzeugbezogenen Dienstleistungen dafür wappnen, ab dem Sommer entsprechende ökologische Alternativen anbieten zu können.

Dr. Kathrin Hornbanger, MBL, leitet die Praxis für Öffentliches Recht bei Baker McKenzie in Wien. Dr. Eva-Maria Ségur-Cabanac, LL.M., ist Mitglied der globalen Sustainability-Arbeitsgruppe der Kanzlei.

17 Vorhaben sind es, die unter Federführung der Vereinten Nationen definiert wurden, um die nachhaltige Entwicklung des Planeten zu sichern. Die „Sustainable Development Goals“ (SDG) benennen konkrete ökonomische, ökologische und soziale Zielvorgaben, die bis 2030 weltweit erreicht werden sollen.

Adressaten dieser ambitionierten Ziele sind die nationalen Gesetzgeber, aber immer mehr Unternehmen entdecken das Potenzial der SDG für sich. Eine Ausrichtung entlang dieser Zielvorgaben reduziert das Risiko, Opfer neuer regulatorischer Vorgaben zu werden, und steigert die Resilienz des Unternehmens. Den eigenen Business-Case auf eine nachhaltige Perspektive auszurichten, erhöht auch das Innovationspotenzial des Unternehmens und eröffnet mittelfristig neue Marktchancen.

Doch wo beginnen? Weil man sich leicht im Dickicht der Ziele und Unterziele verliert, gibt es jetzt eine Art Self-Assessment-Tool, mit dem Unternehmen einfach ihre Nachhaltigkeits-Performance analysieren können. Anhand des Unternehmensprofils werden die größten Risikobereiche geortet und konkrete Maßnahmen identifiziert. Das Tool hilft Unternehmen dabei, sich einen klaren Überblick über die Auswirkungen der SDG auf Abläufe, Lieferketten und Geschäftsmodell zu verschaffen.

Der „SDG Action Manager“ findet sich auf den Seiten des „UN Global Compact“, der seit 20 Jahren nachhaltig engagierte Unternehmen vernetzt.

Dr. Armin Assadi ist Rechtsanwalt bei Baker McKenzie in Wien und publiziert regelmäßig zum Thema Nachhaltigkeit.