Handyrecycling : Neue Prozesse für Verwertung von Handys

In diesen Tagen findet man in den Postkästen in allen Haushalten im Lande ein rotes Papiersackerl - die Ö3 Wundertüte! Durch Optimierungsmaßnahmen im Sortierprozess von kaputten und wiederverwertbaren Mobiltelefonen, kann eine Verdopplung des Durchsatzes – das heißt die gleiche Menge an Handys in der Hälfte der Zeit – erreicht werden. Dieses Ergebnis zeigt eine von sechs Studierenden des Studiengangs Produktion und Management (PMT) am FH OÖ Campus Steyr durchgeführte Semesterarbeit.

Die Verwertung der Handys der Ö3 Wundertüte läuft das ganze Jahr über in einem eigens dafür gegründeten Althandy-Zentrum von Magdas Recycling der Caritas in Wien. Jährlich werden dabei rund 450.000 Mobiltelefone getestet und sortiert. Kaputte Handys werden auf fachgerechtes Recycling vorbereitet, noch funktionstüchtige für den Verkauf versandfertig gemacht.

„Um den Wertverfall der Handys minimieren zu können, ist es wichtig die Prozesse so effizient wie möglich zu gestalten“, sagt Projektkoordinator und Student der FH OÖ Michael Seitlinger. „Je rascher die Abarbeitung der gespendeten Handys erfolgt, desto geringer ist der Wertverfall bis zum Wiederverkauf.“ Durch die erarbeiteten Optimierungsmaßnahmen der Studierendengruppe kann die bisher benötigte Zeit zur Abarbeitung halbiert und die Prozesse ideal auf die neuen Räumlichkeiten des im Juni 2019 fertiggestellten Firmengebäudes abgestimmt werden.

Die bevorstehende räumliche Veränderung veranlasste die Projektarbeit mit dem Ziel die bestehenden Prozesse – das beinhaltet die einzelnen Arbeitsschritte, die Arbeitsplatzgestaltung als auch die technische Ausstattung – von Grund auf neu zu planen, um so eine Steigerung der Arbeitseffizienz und eine Professionalisierung erreichen zu können.

Ist-Stand und Optimierungsbedarf

Aktuell werden die Mobiltelefone in zwei wesentlichen Prozessschritten sortiert. Während der Grobsortierung werden kaputte von wiederverwertbaren Mobiltelefonen unterschieden. Rund Dreiviertel der Geräte werden dann nach Marken sortiert, im Feinprozess auf Funktionstauglichkeit überprüft und einer von drei Kategorien zugeteilt: Export, Österreich und Recycle.

„Im Februar war meine Projektgruppe eine Woche in Wien um sich vor Ort ein Bild über den Sortierprozess machen zu können,“ so Projektbetreuer Joachim Althaler, Professor an der FH OÖ. „Zurzeit läuft der Sortierprozess noch eher wie in einer klassischen Werkstatt. Wir haben versucht durch konsequente Ausrichtung an einem für alle sichtbaren Kundentakt und die Integration eines Flussprinzips die Arbeit zu strukturieren.“

Vom Akkuproblem zum IMEI-Code-Scanner

Als sehr zeitintensiv hat sich das Bestimmen des Modells der jeweiligen Handymarke herausgestellt. So gibt es allein bei Samsung rund 20 Serien mit wiederum zahlreichen Mobiltelefonen je Serie. Dabei ist man bei Magdas Recycling derzeit vollends auf die Erfahrung der Mitarbeiter angewiesen. Um die Stromversorgung der Geräte sicherstellen zu können, muss nach der Typbestimmung noch der richtige Akku gefunden werden. „Alleine für den Smartphone-Riesen Samsung gibt es weit über 100 verschiedene Akkus“, erklärt Seitlinger.

Bei der Gestaltung des neuen Feinsortierungsprozesses wurde das Hauptaugenmerk auf die Erfassung des IMEI-Codes (fünfzehn stellige Nummer, die jedes Handy eindeutig identifizierbar macht) mittels Scanner, mit entsprechender softwareseitiger Verarbeitung der Daten gelegt. Dadurch würde der genaue Typ (z.B. Samsung Galaxy S8) des Mobiltelefons auf Knopfdruck und nicht mehr vom Mitarbeiter bestimmt werden, was eine enorme Zeitersparnis bedeuten würde. Außerdem würde die Scannung des IMEI-Codes auch die Rückverfolgung der einzelnen Geräte sowie die Übersichtlichkeit für die Abnehmer in Fernost wesentlich erleichtern.

Dem Problem der großen Anzahl von Akkus kann künftig mit dem Einsatz von einheitlichen Steckern zur Stromversorgung in Form einer Klemme entgegengewirkt werden. Bei Handys mit festverbautem Akku gäbe es ebenfalls einen Optimierungsvorschlag: „Die von uns vorgeschlagenen sogenannten Multicharger sind auf alle Akkuanschlüsse sämtlicher Handymarken anwendbar. Dies erspart somit das zeitintensive Heraussuchen des richtigen Ladekabels und schafft außerdem mehr Platz am Arbeitsplatz“, führt Seitlinger weiter aus.

Durch die Kombination aus der vom Personal eingegebenen Parametern (einwandfrei, Glasbruch, Bleeding Display oder keine Funktion) und dem automatisierten Erkennen des Handytyps, bewertet das Software-System selbstständig, ob das jeweilige Handy ein Modell für den Export, für Österreich oder ein sogenanntes Recycling Handy ist.

Vom Transportproblem zum Förderband

Bisher werden alle funktionsfähigen Mobiltelefone nach Marken sortiert aus der Grobsortierung mit großen Kisten von den Angestellten in die Feinsortierung gebracht. Bis die rund 200 Geräte dann an den richtigen Platz in der Feinsortierung gelangen, vergehen je Kiste zirka 20 Minuten.

„Um den Weitertransport der Handys von der Grob- zur Feinsortierung zu vereinfachen, wäre entweder der Einsatz von Fließbändern oder aber eine kostengünstigere Variante, nämlich die Verwendung von Durchlaufregalen denkbar“, so Seitlinger. Auf diese Weise könnte ein Mitarbeiter das Durchlaufregal mit den vorsortierten Handys bestücken, damit ein weiterer von der anderen Seite die entsprechende Schütte zur Feinsortierung entnehmen kann.

Vom Platzproblem zum Touchdisplay

Nichtverwertbare Inhalte wie Ladegeräte, MP3-Player oder defekte elektronische Geräte sowie weitere hunderte Handy-Akkus zum Testen der Funktionalität, führen derzeit zu einem Mangel an Arbeitsfläche und Effizienzverlusten im Arbeitsablauf.

Der grundsätzlichere Gedanke zur Optimierung liegt hier auf der Vereinfachung und Vereinheitlichung der verfügbaren Arbeitsplätze durch Recyclinghandlöcher, höhenverstellbarer Touchdisplays, Boxen für fertige Handys, eine IMEI-Scanner-Station als auch Ausgangslöcher für Ladekabel und Akkuklemmen. „Um ein Herumliegen der verschiedenen Ladestationen zu verhindern, sollen diese durch einen automatischen Rückzug in die Ausgangsposition zurückkehren“, so Seitlinger.