Rechtstipp : Neue Möglichkeiten zur Bonitätsprüfung
Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 hat nicht nur zu einer Reform des Privatkonkurses geführt, sondern enthält auch neue Regelungen in der Exekutionsordnung, die zusätzliche Informationsmöglichkeiten für Gläubiger mit sich bringen. Ab 1.1.2019 wird ein Gläubiger „zur Beurteilung, ob er einen Rechtsstreit oder ein Exekutionsverfahren einleiten oder weiterführen soll“ in bestimmte Daten über Exekutionsverfahren, die gegen seinen Schuldner wegen Geldforderungen geführt werden, elektronisch Einsicht nehmen können. Voraussetzung ist die Bescheinigung einer Forderung sowie berechtigter Zweifel an der Bonität des Schuldners.
Abgefragt werden können das Exekutionsgericht, die Aktenzahl und insbesondere die Höhe der betriebenen Forderungen aus aktiven anhängigen Verfahren. Außerdem erhält der Gläubiger einen Hinweis auf die Art der Exekutionsmittel sowie auf eine allfällige Aufschiebung des Exekutionsverfahrens. Bei Exekutionsverfahren auf bewegliche körperliche Sachen liefert die Abfrage auch Informationen über die erfolgten Pfändungen und ergebnislosen Vollzugsversuche. Wurde innerhalb eines Jahres vor der Abfrage ein Vermögensverzeichnis abgegeben, wird der Gläubiger auch über diese Tatsache informiert. Abfrageberechtigt sind Rechtsanwälte und Notare als Vertreter von Gläubigern sowie Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträger, wenn sie selbst Gläubiger sind. Zur Vermeidung von Datenmissbrauch dürfen Rechtsanwälte und Notare pro Kalendertag höchstens 25 Abfragen durchführen.
Eine Datenabfrage setzt die Bescheinigung einer Forderung und berechtigter Zweifel an der Bonität des Schuldners voraus. Die Wortwahl des Gesetzgebers deutet zwar darauf hin, dass das Gericht ein aufwändiges Bescheinigungsverfahren zur Prüfung der Abfragevoraussetzungen durchzuführen hätte. Dass dies tatsächlich so gemeint ist, darf jedoch bezweifelt werden, zumal der Prüfaufwand kaum bewältigbar wäre und sich die Gesetzesmaterialien mit dieser Frage überhaupt nicht beschäftigen. Zur Verhinderung von Missbrauch sollen ohnedies die Verrechnungsstellen und die Bundesrechenzentrum GmbH die Abfragen protokollieren und aufbewahren, damit stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden können. Es ist daher anzunehmen, dass die „Bescheinigung“ durch das Ausfüllen eines Textfelds in einer elektronischen Eingabemaske erfolgen wird.
Nicht ganz klar ist, wann Zweifel eines Gläubigers an der Bonität seines Schuldners „berechtigt“ sind und da her eine Abfrage ermöglichen. Dies wird wohl regelmäßig dann der Fall sein, wenn der Schuldner eine Forderung trotz Mahnung nicht bezahlt und dafür auch keine stichhaltigen Gründe vorbringt.
Bislang hatten Gläubiger abgesehen von der Einsichtnahme in die Insolvenzdatei nur wenige Möglichkeiten zur selbständigen Einholung von zur Beurteilung der Bonität ihres Schuldners geeigneten Informationen. Die Situation verbessert sich mit Inkrafttreten der neuen Bestimmungen insbesondere erheblich dadurch, dass die Abfrage von Exekutionsdaten bereits zum Zweck der Prüfung, ob überhaupt ein Rechtsstreit eingeleitet oder weitergeführt werden soll, möglich sein wird. Gläubiger bekommen daher wertvolle Informationen, die sie in ihre Entscheidung einfließen lassen können, ob sie überhaupt eine Klage einbringen oder wegen des Kostenrisikos lieber davon Abstand nehmen. Die neuen Regelungen werden da her auch zu einer Entlastung der Schuldner dadurch führen, dass bei einer gewissen Aussichtslosigkeit der Lage wegen des Abstehens von gerichtlichen Betreibungsmaßnahmen keine zusätzlichen Kostenersatzpflichten entstehen und die Schulden nicht noch größer werden.
Mag. Günther Billes ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte. Er ist Experte im Insolvenzrecht.
Nach geltendem EU-Recht (ROM I-Verordnung) gilt grundsätzlich auch für Verbraucherverträge die freie Rechtswahl. Die EU-Verordnung sieht aber vor, dass der Verbraucher durch die Vereinbarung ausländischen Rechts nicht schlechter gestellt werden darf als durch die Verbraucherschutzbestimmungen seines Wohnsitzstaats.
Eine Verschärfung für AGB-Verwender ergibt sich nun aus der jüngsten Rechtsprechung von EuGH und OGH: Der EuGH hat entschieden, dass eine in den AGB enthaltene, zu Lasten des Verbrauchers gehende Rechtswahlklausel bei elektronischen Vertragsabschlüssen missbräuchlich ist, wenn dem Verbraucher der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, dass ausschließlich das Recht des Mitgliedstaats des Unternehmers anwendbar ist, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen seines Wohnsitzstaats genießt. Basierend auf diesem Urteil entschied der OGH kürzlich die Unwirksamkeit solcher missbräuchlichen Rechts wahlklauseln. Ein Umstand, der von nun an in vielen Fällen zur Anwendbarkeit des Rechts jenes Staates führen wird, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Unternehmer, die ihre Geschäftstätigkeit auch auf Verbraucher anderer EU-Mitgliedstaaten ausrichten, sollten ihre AGB daher dringend einer kritischen Prüfung unterziehen.