Arbeitsrecht : Neue Kritik am Algorithmus des Arbeitsmarktservice

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© AMS, Fotostudio B&G

Die von diversen Stellen geäußerte Kritik am AMS-Algorithmus mündet nun in eine Petition. Die Interessenvertretung epicenter.works, die sich auf Grund- und Freiheitsrechte konzentriert, präsentierte den Start einer Kampagne, die sich gegen die Einführung des Computer-Algorithmus zur Arbeitslosen-Kategorisierung wendet. "Ziehen sie den Stecker", forderte Andreas Czak von Ministerin Christine Aschbacher.

Kampagnen-Leiter Czak bezeichnete das System in Wien als ungerecht und unfair. Es würde Berater dazu bringen, Fehlentscheidungen zu treffen, weil sie sich auf vermeintlich objektive Computersysteme verließen. Diese Systeme seien aber nicht wissenschaftlich überprüfbar. Die Daten seien vor allem nach der Coronavirus-Pandemie "völlig unbrauchbar".

Kritik hatten zuvor auch die Volksanwaltschaft und Behindertenvertreter geäußert. Der AMS-Algorithmus soll mit Jahresbeginn 2021 in Österreich eingeführt werden, seit dem Vorjahr befindet er sich in einer Testphase. Online werden nun unter amsalgorithmus.at Unterschriften gegen die Einführung gesammelt.

Zu den sieben präsentierten Forderungen zählt jene, dass Menschen und nicht Computer über menschliche Schicksale und Zugang zu staatlichen Leistungen entscheiden müssten. Zudem müsse das AMS über mehr und besser ausgebildete Beraterinnen und Berater verfügen, Daten müssten offengelegt werden und schließlich müssten Algorithmen vor der Einführung auf deren Technik und soziale Auswirkungen überprüft werden.

Einteilung der Arbeitslosen in drei Gruppen

Der Algorithmus teilt Arbeitssuchende aufgrund von Profildaten nach ihren Arbeitsmarktchancen in drei Gruppen ein: Klasse A, rasch vermittelbare Servicekunden, Klasse B, Betreuungskunden mit mittleren Chancen sowie Klasse C, Beratungskunden, die schwer vermittelbar sind. Von der Einteilung ist abhängig, welche AMS-Fördermaßnahmen gewährt werden. Bei Stufe C gibt es laut den Kritikern keine Weiterbildung, sondern nur kostengünstige Förderangebote.

Es sei problematisch, dass ein intransparent arbeitender Algorithmus über persönliche Schicksale entscheide, betonte epicenter.works. Ein Algorithmus könne Doppeldeutigkeiten nicht miteinbeziehen. Die vereinfachte Kategorisierung berge ein sehr hohes Risiko der Diskriminierung.

Zwar sind Auf- und Abstufungen durch den Berater möglich. Doch bei einem ähnlichen System in Polen sei bei 200 Fällen nur einmal die vom Computer vorgenommene Einstufung revidiert worden, hieß es. "Unsere größte Sorge ist, dass sich AMS-Betreuerinnen und Betreuer nicht trauen, dem System zu widersprechen", sagte Barbara Blaha, die Leiterin des Momentum-Instituts.

Ben Wagner vom Computing Lab der Wirtschaftsuni Wien sagte, es gebe Alternativen. "Man könnte diesen Algorithmus viel transparenter gestalten, man könnte eine objektive externe Kontrolle ermöglichen und man könnte in dieser Situation, in der es Diskriminierungsmöglichkeiten gibt, ganz anders operieren", so der IT-Fachmann.

Andere Länder wie Polen, Schweden oder Australien hätten mit diesem System Probleme gehabt. "Gerade in diesem Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge und der Versicherung müsste eine besondere Sorgfaltspflicht gelten. Es geht auch anders, man kann das sowohl technisch als auch organisatorisch anders lösen." (apa/red)