Ausbildung : Lehrlinge in Österreich haben es nicht immer leicht

Dass sich laut einer ÖGB-Umfrage 41 Prozent der Lehrlinge das Internat selber bezahlen müssen, hat Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) genutzt um seiner Forderung nach einem Gratis-Internat Nachdruck zu verleihen.

Weiters beharrt er auf einem Gratis-Führerschein, da Lehrlinge oft zu morgendlichen Stunden zu arbeiten beginnen müssten, wenn die Öffi-Versorgung am Land noch sehr schlecht sei.

Stöger verwies auch darauf, dass von den Arbeitssuchenden immer mehr Mobilität gefordert wird, diese aber auch ermöglicht werden muss. Wobei der Erwerb eines Führerscheins - inklusive Nebenkosten wie Erste Hilfe-Kurs - bis zu knapp 2.000 Euro kosten könne. Dazu kämen dann noch Internatskosten von 800 bis 1.000 Euro pro Jahr.

Überstunden werden oft gar nicht bezahlt

Diesen Mehrkosten stünden wiederum nicht geleistete Vergütungen für Überstunden gegenüber. Laut Lehrlingsmonitor des ÖGB leisten 27 Prozent der Lehrlinge in Gastronomie und Tourismus unbezahlte Überstunden. Zum Vergleich: In der Industrie sind es nur zwei Prozent.

Und selbst bei den bezahlten Stunden scheint nicht alles rund zu laufen. Laut Umfrage verrichtet ein Drittel der Lehrlinge häufig ausbildungsfremde Tätigkeiten. Jeder Fünfte gab an, dass er keine Unterstützung bei der Lehrabschlussprüfung bekomme. Und nur 26 Prozent hätten in ihrer Lehrzeit eine Zusatzausbildung erhalten. 41 Prozent gaben an, dass es keine Zeitaufzeichnung gibt oder sie diese nicht kennen.

Jeder dritte Lehrling will nicht mehr in seinem Ausbildungsberuf arbeiten

Letztendlich wollen 31 Prozent der Lehrlinge nach Beendigung der Ausbildung nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten, besonders hoch sei dies im Einzelhandel, in der Gastronomie, im Karosseriebau und bei Tischlern.

Insgesamt gibt es in Österreich knapp 84.000 Ausbildungsbetriebe, Tendenz sinkend. Dazu kommen knapp 9.000 überbetriebliche Ausbildungsstätten, auch diese wurden gegenüber 2016 weniger. Aber auch die Zahl der Lehrlinge sinkt: Von 2016 auf 2017 um 1,8 Prozent auf 92.567 Auszubildende.

"Jedes Jahr fangen um rund 16 Prozent weniger junge Menschen eine Lehre an und jährlich verabschieden sich ca. 1.500 Betriebe aus der Lehrlingsausbildung", rechnete Sabine Jungwirth, Wirtschaftssprecherin der Grünen, heute in einer Aussendung vor. Auch sie kritisiert die Internatskosten und fordert einen Lehrlingsfonds, in den alle Betriebe einzahlen und von dem aus alle Ausbildungskosten getragen werden. Und auch Julia Herr, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Österreich, schloss sich heute dem Wunsch nach einem Gratis-Internat an.

Der Zwang, mobil zu sein

Mario Drapela, Bundesjugendvorsitzender der Gewerkschaft Vida, erinnerte daran, dass bei geringer Lehrlingsentschädigung wie in der Gastronomie, Hotellerie und bei Friseuren die Bezahlung oft das ganze Einkommen auffressen würde. Und Rainer Wimmer, Vorsitzender der Produktionsgewerkschaft ProGe, erinnerte die Arbeitgeber daran, dass die von ihnen geforderten flexiblen Arbeitszeiten eben auch eine entsprechende Mobilität, und daher oft einen Führerschein erfordere - dessen Erwerb für Lehrlinge gratis sein sollte.

Der Anspielung auf die Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten kam nicht von ungefähr, denn in zwei Wochen starten ProGe und die Dienstleistungsgewerkschaft GPA die Herbstlohnrunde mit der Übergabe der Forderungen an die Metallindustrie.

KV-Verhandlungen stehen an

Da im Regelfall drei bis vier Verhandlungsrunden für eine Einigung auf den Metaller-KV erforderlich sind, könnte das Finale auf die Tage der Nationalratswahl fallen. Dass dies Einfluss auf die ohnehin immer sehr zähen und von Streikdrohungen begleiteten Kollektivvertragsverhandlungen haben könnte, glaubt Stöger nicht. "Die Sozialpartner werden vernünftig damit umgehen", meinte er am Rande einer Pressekonferenz in Wien. (apa/red)