Gasturbinen : Kraftwerke: Siemens gewinnt offenbar den wichtigen Milliardenauftrag im Irak

Siemens kann im Irak mit Aufträgen über rund 15 Milliarden Dollar zum Bau von Kraftwerken rechnen. Die irakische Regierung habe Siemens den Zuschlag erteilt, berichtet die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf eine Mitteilung der irakischen Regierung. Es geht um den Wiederaufbau der Stromproduktion in dem vom Krieg zerstörten Land.

Riesiges Projekt

Der Irak soll im Zuge des Wiederaufbaus nach den immensen Kriegszerstörungen elektrifiziert werden. Der Vorschlag von Siemens sieht vor, binnen vier Jahren die Stromversorgung von 23 Millionen Irakern sicherzustellen. Dafür will der Konzern Energieerzeugungskapazitäten von elf Gigawatt aufbauen. Iraks Stromerzeugung würde dadurch um fast 50 Prozent steigen. Außerdem sollen mehrere zehntausend Arbeitsplätze entstehen.

Siemens hat die Meldung derzeit offiziell nicht bestätigt

Ein Siemens-Sprecher sagte, man wisse von der Entscheidung nur aus den Medien. Siemens sei bereit, seinen Elektrifizierungsplan umzusetzen. Auch der amerikanische Rivale GE hatte sich - mit politischer Hilfe aus dem Weißen Haus - um die Aufträge im Irak bemüht. Ob die Amerikaner nun gar nicht zum Zug kommen, ist derzeit unklar.

Turbinensparte in Turbulenzen

Die Kraftwerksparte von Siemens befindet sich derzeit in einer schwierigen Situation. Der größte Teil ihres Geschäfts ist die Herstellung und der Einbau großer Gasturbinen - doch die Gewinne in diesem Segment gehen zurück und wegen der Umstellung auf Erneuerbare wird der Markt für fossilen Kraftwerksbau kleiner. Die Konzernführung reagiert mit harten Einschnitten und plant die Streichung von knapp 3.000 Arbeitsplätzen in dieser Sparte allein in Deutschland. Außerdem gibt es immer wieder Berichte über einen möglichen Verkauf der Sparte.

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Möglicherweise gute Nachrichten auch für Siemens Österreich

Trifft der Bericht über den Milliardenauftrag im Irak zu, wäre das deshalb auch für Siemens Österreich mit seinen rund 10.000 Mitarbeitern eine gute Nachricht. Die Kraftwerkssparte von Siemens hat auch einen Standort in Wien. Ende 2017 waren für Wien wegen rückläufiger Aufträge rund 200 Stellenstreichungen angekündigt worden.

Absichtserklärungen im Oktober

Im Oktober des Vorjahres hat Siemens-Chef Joe Kaeser auf Twitter geschrieben. man habe eine richtungweisende Absichtserklärung mit der irakischen Regierung unterzeichnet und wolle auf den Gebieten Energieversorgung, Gesundheit und Ausbildung zusammenarbeiten. Siemens werde im Irak elf Gigawatt an zusätzlichen Kraftwerkskapazitäten aufbauen.

Allerdings gab damals auch General Electric eine Vereinbarung mit dem Ministerium bekannt, der zufolge der US-Konzern in dem Land bis zu 14 Gigawatt Stromerzeugung aufbauen werde. Konkrete Geldsummen nannten beide zunächst nicht. Danach sagte ein an den Verhandlungen beteiligter Eingeweihter der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad, diese Absichtserklärungen seien nicht bindend.

Offenbar gab es massiven Druck aus Washington

Ebenfalls im vergangenen Oktober hat die britische "Financial Times" unter Berufung auf Insider berichtet, die USA hätten Druck auf die Regierung in Bagdad ausgeübt, damit diese die Aufträge an General Electric vergebe. Die deutsche Regierung wiederum soll Siemens unterstützt haben. Nach Berichten des "Handelsblatt" habe Kanzlerin Angela Merkel den irakischen Ministerpräsidenten Haider al-Abadi angerufen.

Damals bestätigte ein Vertreter des irakischen Energieministeriums in Bagdad, dass die USA auf die Auftragsvergabe Einfluss genommen hätten. Es hätten Angebote von beiden Firmen vorgelegen, sagte er: "Der Druck der Amerikaner war heftig." Mehr dazu: "America First": Milliardenauftrag im Irak geht offenbar an GE statt an Siemens >>

Die Elektrifizierung des Irak

Bisher müssen Millionen Iraker damit leben, dass sie über Stunden keinen Strom erhalten. Das Land produziert nur 16.000 Megawatt, obwohl die Nachfrage um die 24.000 liegt. Im Sommer, wenn die Temperaturen auf 50 Grad Celsius steigen und im ganzen Land die Klimaanlagen anspringen, kann die Nachfrage sogar 30.000 Megawatt erreichen. Millionen Iraker müssen dann bis zu 20 Stunden am Tag ohne Strom auskommen.

Ein Grund für die Knappheit ist laut dem Irakischen Energieinstitut (IEI), dass in den veralteten Netzen 30 bis 50 Prozent des Stroms verloren gehen. Hinzu kommt, dass seit 2014 viele Kraftwerke, Pipelines und Stromleitungen im Kampf mit der IS-Miliz zerstört wurden.

Der Irak verfügt zwar über 153 Milliarden Barrel an Ölreserven, doch ist er zum Betrieb seiner Turbinen auf Gasimporte angewiesen. Um den USA entgegenzukommen, will Bagdad künftig zumindest die Stromimporte aus dem Iran durch Elektrizität aus der Türkei, Jordanien und Kuwait ersetzen. Allerdings schuldet Bagdad dem Iran noch 800 Millionen Dollar für Gas und 350 Millionen für Strom, wie aus dem Haushaltsentwurf für 2019 hervorgeht.

(red mit apa/reuters/afp/dpa)