Rechtstipp : Konzernmanager: Warum man seine Hüte nicht verwechseln sollte

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Sobald ein Unternehmen eine gewisse Größe erreicht, wird es fast ausnahmslos als Konzern organisiert: Mehrere Gesellschaften bzw. andere Rechtsträger agieren wirtschaftlich integriert, sind aber rechtlich selbstständig. Die genaue gesellschaftsrechtliche Struktur hängt dabei von einer Vielzahl von Faktoren ab: Rechtliche Gründe (etwa die Steuerung von Haftungsrisiken) können dabei ebenso eine Rolle spielen wie steuerliche Vorteile oder auch bloße historische Gegebenheiten.

Wenig überraschend spiegelt der tatsächliche rechtliche Aufbau die aus dem Blickwinkel des Managements gelebte Unternehmensstruktur oft nicht wider. So werden etwa interne Berichtslinien und Funktionsbeschreibungen typischerweise deutlich häufiger angepasst als der rechtliche Konzernaufbau. Auch Unternehmensakquisitionen führen häufig dazu, dass die rechtlichen Einheiten innerhalb eines Konzerns nicht der gelebten Realität entsprechen.

Ein Manager mit vielen Hüten

Manager, deren Verantwortungsbereiche über die Grenzen verschiedener Rechtsträger hinausgehen, übernehmen dabei oft mehrere Organfunktionen – etwa die eines Geschäftsführers bzw. Vorstandsmitglieds in einer Gesellschaft und die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat von Tochtergesellschaften.

Aus rechtlicher Sicht ist jedoch zu beachten, dass die Rechte und Pflichten dieser Organwalter für jede Gesellschaft getrennt beurteilt werden. Das gilt auch für Informationsflüsse innerhalb des Konzerns. Selbst wenn dieselbe Person einerseits eine Vorstands- und andererseits eine Aufsichtsratsposition in einheitlich geführten, aber rechtlich selbstständigen Unternehmen einnimmt, kommen z. B. die von Aufsichtsratsmitgliedern zu beachtenden Verschwiegenheitspflichten grundsätzlich voll zur Anwendung.

Informationen weder teilen noch nutzen

So dürfen Organwalter etwa die Information, die sie in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied eines Konzernunternehmens erhalten, nicht ohne Weiteres auch an die Mitarbeiter der Muttergesellschaft weitergeben. Selbst die Verwendung solcher Informationen für Zwecke der Muttergesellschaft kann schon rechtlich problematisch sein.

Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt es nur, soweit rechtlich anerkannte Gründe für einen Informationsaustausch bestehen. So ergibt sich etwa schon aus der Pflicht zur Aufstellung konsolidierter Finanzberichte die Rechtfertigung, gewisse Informationen an den Aktionär bzw. Gesellschafter (also die Muttergesellschaft) weiterzugeben. Allerdings reicht diese Ausnahme wiederum nur so weit wie die rechtliche Pflicht, auf der sie basiert. Sie erstreckt sich damit nicht ohne Weiteres auf die Gesamtheit der für die Unternehmensführung relevanten Informationen wie etwa die künftige Strategie.

Auch wenn dies in der Praxis oft nicht allzu streng genommen wird, sollten Manager und generell von Aktionären nominierte Aufsichtsratsmitglieder rechtlich genau prüfen, inwieweit bestehende Informationsflüsse zulässig sind. Jedenfalls empfiehlt es sich, die Rechtfertigung für die konkret bestehenden Informationsflüsse innerhalb des Konzerns sowie auch zwischen einer Muttergesellschaft und einem konzernfremden Aktionär vorab festzuhalten, um mögliche Haftungsrisiken zu minimieren.

Rechtsanwältin Dr. Eva-Maria Ségur-Cabanac, LL.M., leitet die Kapitalmarktrechtspraxis bei Baker McKenzie in Wien. Mag. Edmund Schuster ist Of-Counsel ebendort und lehrt Unternehmensrecht an der London School of Economics.

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