Standort : Keine Zunahme bei Firmenpleiten in Österreich

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Die Zahl der Firmenpleiten hat 2019 stagniert, dafür sind deutlich weniger Dienstnehmer betroffen als im Jahr zuvor, bilanzieren die Gläubigerschützer des KSV1870 in einer Hochrechnung. Auch die Schulden gingen um 18 Prozent zurück. Bei den Privatkonkursen hingegen gab es nach KSV-Berechnung einen deutlichen Anstieg von 12 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2017 und 2018.

Für 2020 erwartet KSV-Insolvenzrechtsexperte Hans-Georg Kantner keinen großen Anstieg mehr bei den Privatpleiten. Aufgrund der niedrigen Zinsen war es noch nie "so leicht, seine Schulden zu bedienen", heißt es vom KSV zur vorläufigen Insolvenzstatistik für das heurige Jahr. Allerdings: Sobald die Zinsen steigen, werde es zu einen Aufholprozess bei den Insolvenzen kommen.

Bei den Unternehmensinsolvenzen habe es heuer wenig Dynamik gegeben, die Zahl der Fälle stieg um 0,8 Prozent auf 5.018. Die eröffneten Verfahren nahmen um 1,4 Prozent auf 3.026 Fälle zu, während die mangels Vermögens nicht eröffneten Verfahren auf 1.992 geringfügig zurückgingen.

Mit Blick auf die Branchen traf es auch 2019 die "üblichen Verdächtigen", so Kantner. Die meisten Insolvenzen gab es nach Anzahl der Fälle in Unternehmensbezogenen Dienstleistungen, darunter fallen etwa Holdings, im Bau und der Gastronomie. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Betriebe gebe es in der Gastro allerdings unterdurchschnittlich viele Pleiten. Die größten Insolvenzen waren heuer die Firmengruppe SFL (Metallbau) mit Passiva in der Höhe von 92,1 Mio. Euro, gefolgt vom Folienhersteller Alufix mit 41 Mio. und dem Reiseveranstalter Thomas Cook mit 38 Mio. Euro.

Die Zahl der Dienstnehmer, die von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen waren, ging um 10,5 Prozent auf 17.000 zurück. Auch die Schulden sanken deutlich um rund 18 Prozent auf 1,69 Mrd. Euro.

Deutlich zugenommen haben laut KSV-Zahlen hingegen die Privatinsolvenzen. Verglichen zum Durchschnitt von 2017 und 2018 gab es heuer ein Plus von 12 Prozent auf 9.534 Fälle. 2017 und 2018 waren aufgrund der Novelle des Privatkonkursrechts Ausreißer, weshalb man einen Mittelwert der beiden Jahre gebildet habe, erklärte Kantner. Mit der Novelle wurde im November 2017 die Mindestquote von 10 Prozent abgeschafft und die Abschöpfungsdauer von 7 auf 5 Jahre verkürzt. Deshalb haben 2017 viele mit der Konkursanmeldung zugewartet, 2018 hat es dann einen deutlichen Nachholeffekt gegeben. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten stiegen der Anteil der abgeschlossenen Zahlungspläne (69 Prozent) und die Quoten wieder, meinte Kantner.

Von den rund 9.500 Privatpleiten entfallen rund 31 Prozent auf ehemalige Unternehmer, die einen durchschnittlichen Schuldenstand von 340.000 Euro aufweisen. 69 Prozent seien Verbraucher mit Verbindlichkeiten von im Schnitt 63.300 Euro. Der typische Schuldner sei männlich, urban und um die 20, so KSV1870-Chef Ricardo-Jose Vybiral. Oft spielten Gewinnspielsucht und Drogen eine Rolle. Auch übermäßiger Konsum treibe Menschen in die Schuldenfalle, "besonders in dieser Jahreszeit". Es brauche deutlich mehr Finanzbildung, um die Situation zu verbessern.

Punkto Firmenpleiten sei im kommenden Jahr mit einem leichten Zuwachs zu rechnen. Generell sei die Zuversicht bei den Unternehmen etwas getrübt, bei der Bewertung der Geschäftslage gebe es eine Trendumkehr. Zwar seien die Firmen sehr kapitalstark und könnten davon in schwächeren Zeiten profitieren. Die Investitionsfreude lasse aber zu wünschen übrig. Man dürfe da nicht auf die Bremse treten, so Vybiral. "Wir dürfen kein Durchschnittsland werden", sagte er in Bezug auf Investitionen in Digitalisierung, neue Geschäftsmodelle oder Forschung und Entwicklung. Auch bei den Gründungen habe es wenig Dynamik gegeben. "Mut und Risiko zu Veränderung sieht anders aus", meinte er.

Fördernd wären unter anderem Investitionsfreibeträge sowie eine qualifizierte Migration. Derzeit gibt es statt dessen einen ungeregelten Zustrom von minderqualifizierten oder gar nicht qualifizierten Einwanderern. (apa/red)

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