Erdgas : Kanzler Kurz: "Nord Stream 2 im Interesse vieler EU-Länder"

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Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich gegenüber der deutschen Tageszeitung "Welt" für die Nord-Stream-2-Pipeline ausgesprochen, die russisches Gas nach Europa bringen soll. Nord Stream sei ein "europäisches Projekt", das im Interesse vieler EU-Länder sei. "Wer glaubt, dass die neue Pipeline nur im Interesse Russlands wäre, der irrt", so Kurz. Die Umweltschutzorganisation WWF kritisierte Kurz' "Lobbying".

EU dürfe sich jetzt nicht selbst schwächen

Von dem Projekt würden vielmehr auch Deutschland, Österreich und andere europäische Länder profitieren, meinte Kurz. Er halte auch nichts davon, die umstrittene Gaspipeline und mögliche Sanktionen gegen Russland wegen der Inhaftierung des Putin-Kritikers Alexej Nawalny zu verknüpfen, sagte der ÖVP-Chef der Tageszeitung. Er unterstütze die Haltung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Ich begrüße, dass die deutsche Bundesregierung weiter an Nord Stream 2 festhält." Man müsse aufpassen, "dass man sich auf Seiten der EU nicht selbst schwächt, wenn man jetzt gegen Nord Stream 2 vorgeht", betonte Kurz. Die geplante Pipeline sei insgesamt "ein sehr positives Projekt". Man müsse jedoch auch darauf achten, dass die Interessen der Ukraine gewahrt bleiben.

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Merkel hatte vergangene Woche betont, sie wolle keine Verknüpfung mit dem Streit über die Gaspipeline Nord Stream 2. Die Haltung zu Nord Stream 2 sei von "möglichen personenbezogenen Konsequenzen erst einmal unberührt". Die USA werfen Deutschland vor, Europa mit der fast fertig gebauten Pipeline zwischen Russland und Deutschland in eine zu starke Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu führen. Befürworter der Pipeline beschuldigen dagegen die USA, nur ihr eigenes Flüssiggas besser in Europa verkaufen zu wollen.

Die Mehrheit an dem Projekt hält der russische Gasriese Gazprom. Zu den Finanzinvestoren bei Nord Stream 2 zählt neben der österreichischen OMV auch der französische Energiekonzern Engie, an dessen Kapital der Staat zu knapp einem Viertel beteiligt ist.

Druck auf das Milliardenprojekt steigt

Das fast vollendete Projekt steht zunehmend unter Druck. Nachdem schon Sanktionsdrohungen aus den USA zum Ausstieg von Firmen geführt hatten, hatte sogar der russische Gasmonopolist Gazprom in einem Investorenpapier zuletzt nicht ausgeschlossen, dass das Projekt wegen politischer Spannungen noch platzen könnte. Die US-Regierung hatte kurz vor dem Ende der Amtszeit von Präsident Donald Trump konkrete Strafmaßnahmen gegen das russische Unternehmen KVT-RUS verhängt und erklärte deren Verlegeschiff "Fortuna" zu "blockiertem Eigentum".

Es blieb aber unklar, welche Auswirkungen das auf das Schiff außerhalb von US-Hoheitsgewässern hat. Russland, das etwa auch über das Verlegeschiff "Akademik Tscherski" verfügt, kritisiert die US-Strafmaßnahmen als Verstoß gegen internationales Recht.

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Joe Biden ist gegen Nord Stream 2 - genau so wie Donald Trump

Das US-Außenministerium hatte die Sanktionen damit begründet, dass die Fertigstellung von Nord Stream 2 Russland die Möglichkeit eröffnen würde, "natürliche Ressourcen als Mittel für politischen Druck und bösartigen Einfluss gegen Westeuropa zu nutzen". Auch der neue US-Präsident Joe Biden ist gegen Nord Stream 2. Die USA wollen etwa verhindern, dass die Ukraine als wichtigstes Transitland für russische Gaslieferungen in die EU ausgeschaltet wird. Das unter chronischer Geldnot leidende Land ist dringend auf die Milliardengebühren für die Durchleitung des Energieträgers angewiesen.

Befürworter der Pipeline wiederum werfen den USA vor, sie wollten nur das eigene und teurere Flüssiggas in Europa verkaufen. Russland hatte immer wieder damit geworben, dass sein Gas umweltfreundlicher gewonnen werde und deutlich billiger sei. Mecklenburg-Vorpommern hat eine landeseigne Stiftung gegründet, die gegebenenfalls auch gewerblich aktiv werden kann und so das Projekt etwa durch Ankäufe von Maschinen und Material vor Sanktionen schützen könnte. Laut Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) wird das russische Erdgas für Gaskraftwerke als Brückentechnologie der Energiewende benötigt. (apa/dpa/reuters/red)