Elektroindustrie : Kampf um Osram: AMS erreicht tatsächlich die Mehrheit

AMS Headquater
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Der steirische Sensor-Spezialist AMS ist bei der Übernahme des Münchner Lichttechnik-Konzerns Osram am Ziel. Mehr als 55 Prozent der Osram-Aktionäre hätten das bis zu 4,6 Milliarden Euro schwere Kaufangebot angenommen, teilte AMS in Premstätten bei Graz mit. Damit endet der Poker um die Übernahme des Traditionskonzerns, der Osram mehr als ein Jahr in Atem gehalten hatte.

Anfang Oktober war AMS noch am Widerstand der Osram-Aktionäre gescheitert, brachte dann aber den Osram-Vorstand um Olaf Berlien auf seine Seite, der sich lange gegen den Verkauf gewehrt hatte.

"Es war kein einfacher Weg"

"Der heutige Erfolg ist auch ein Resultat des konstruktiven und positiven Verhältnisses, das wir aufgebaut haben", sagte AMS-Vorstandschef Alexander Everke. "Es war sicherlich kein einfacher Weg, aber schlussendlich konnten wir die notwendige Mehrheit der Osram-Aktionäre von unserem attraktiven Angebot und der strategischen Logik überzeugen." Im ersten Anlauf hatten die Anteilseigner AMS noch die Gefolgschaft verweigert, nachdem AMS ihr Offert in letzter Minute auf 41 Euro je Aktie aufgestockt hatten. Dabei blieb es, doch senkte Everke die für den Erfolg des Angebots nötige Schwelle von 62,5 auf 55 Prozent.

Massenhafter Einstieg von Spekulanten des Finanzmarkts

Mit dem Erreichen der Mehrheit hat AMS auch die zwei Finanzinvestoren Bain Capital und Advent, die monatelang die Bücher von Osram geprüft hatten, aus dem Feld geschlagen.

Auch sonst musste steirische Hersteller einen massiven Widerstand von internationalen Finanzfirmen überwinden. Der massenhafte Einstieg von Hedgefonds und anderen Spekulanten hatte die Übernahme bis zum letzten Moment zu einer Zitterpartie werden lassen. Nach Schätzungen von Investmentbankern haben internationale Hedgefonds und andere Arbitragehändler in London und New York kurzfristig fast die Hälfte der Osram-Aktien aufgekauft, um damit zu pokern. Inzwischen wird deren Anteil auf zehn bis zwölf Prozent geschätzt.

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Um Finanzfirmen und internationale Anleger zur Annahme des Angebots zu bewegen, waren AMS-Chef Everke und Berlien Anfang der Woche eigens nach New York und London gereist, um bei rund 50 Hedgefonds für die Übernahme zu werben.

Eingeweihten zufolge spekulieren die Finanzfirmen jedoch weiterhin darauf, dass AMS später mehr Geld auf den Tisch legt, um seinen Anteil auf 75 Prozent oder mehr aufstocken zu können.

Milliardengebot mit neuen Schulden finanziert - Finanzmittel von Osram im Visier

Perspektivisch will AMS auf mehr als 75 Prozent an dem deutlich größeren, ebenfalls börsennotierten Traditionskonzern kommen, um Zugriff auf die Finanzmittel von Osram zu bekommen und damit die Kredite für die Übernahme tilgen zu können.

Denn AMS hat die Übernahme bisher mit Krediten finanziert. Etwa ein Drittel davon - 1,6 Milliarden Euro - sollen aber bald mit einer Kapitalerhöhung getilgt werden. AMS werde deshalb schon im Jänner zu einer Hauptversammlung einladen, um die notwendigen Beschlüsse zu fassen. Die Kapitalerhöhung solle danach "zeitnah" umgesetzt werden, so das Unternehmen.

Mitarbeiter von Osram gegen Übernahme - und eine mögliche Zerschlagung

In der Belegschaft des traditionsreichen deutschen Industriekonzerns ist die Mehrheit gegen die Übernahme. Mitarbeiter von Osram und die Gewerkschaft IG Metall befürchten eine Zerschlagung - eine Vorstellung, die alles andere als unrealistisch scheint.

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AMS will vor allem die Licht- und Sensorsparte

Nach Angaben von Osram könnten im zweiten Halbjahr 2020 nach der geplanten Kapitalerhöhung die Vorbereitungen für eine Fusion anlaufen.

AMS hat es vor allem auf die zukunftsträchtigen Sensor- und Lichtlösungen von Osram für die Auto- und Informationstechnik abgesehen, die den Konzern aus der Steiermark weniger abhängig vom Großkunden Apple machen sollen. Der Zusammenschluss könne "einen Photonik- und Sensorik-Champion von Weltrang auf den Weg bringen" sagte Berlien.

Endgültiges Ergebnis nächste Woche

Auf Tradegate notierte das Papier Freitagabend laut dpa-AFX nachbörslich mit 42,70 Euro deutlich höher. Die Osram-Aktionäre haben in einer weiteren Annahmefrist noch bis zum 24. Dezember Zeit, ihre Anteilsscheine anzubieten.

Das endgültige Ergebnis des Übernahmeangebots soll erst kommenden Dienstag vorliegen. Danach haben die restlichen Osram-Aktionäre noch einmal zwei Wochen - bis Heiligabend - Zeit, ihre Papiere an AMS zu verkaufen. Dann dürften vor allem Indexfonds ihre Osram-Aktien andienen.

(reuters/dpa-afx/apa/red)

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