Hintergrund : Italiens Industrielle warnen vor einem "sozialem Kollaps" im Herbst

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© Porto di Trieste

Während Italien seit Montag die Ausgangssperre leicht gelockert hat, warnen die Industriellen vor der Gefahr eines "sozialen Kollaps" ab kommendem Herbst. Die Regierung habe zwar Stützungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt, mit denen die Italiener vielleicht bis zu drei Monate weitermachen könnten. Es fehle jedoch an Investitionen in das Produktionssystem.

"Die italienische Regierung verteilt Gelder, die sie auf Kredit nimmt. Damit kann man ein, zwei, oder drei Monate weitermachen. Wenn das Geld zu Ende geht, ohne dass in der Zwischenzeit in das produktive System investiert wurde, wird die Situation jedoch dramatisch", sagte der Chef des Industriellenverbands Confindustria, Carlo Bonomi, im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera".

"Wenn dies die Strategie der Regierung ist, kann es zu einem einzigen Ergebnis kommen: Die Explosion eines wahren sozialen Notstands schon ab September oder Oktober", warnte Bonomi. Er forderte Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und leichteren Zugang zur Liquidität.

Industrieproduktion sehr stark gesunken

Italiens Industrieproduktion sank im April um 26,1 Prozent gegenüber März. Im März war die Industrieproduktion bereits gegenüber Februar um 25,5 Prozent rückgängig. Die Lockerung der Ausgangssperre ab dem heutigen Montag werde jedoch nicht zu einem raschen Neustart führen.

Die Familien werden weiterhin den Konsum drosseln und aus Sorge um die Zukunft weiterhin sparen, hieß es in einer veröffentlichten Confindustria-Studie. Die Auslandsnachfrage sei wegen der Coronavirus-Krise in Europa rückgängig und die Perspektiven in Zusammenhang mit der Sanitären Krise seien ungewiss.

Italien hat nach fast zwei Monaten Ausgangssperren gelockert

Italien hat diese Woche die seit fast zwei Monaten geltenden strengen Ausgangssperren gelockert. Nun dürfen rund 60 Millionen Menschen wieder zum Sport oder Spazierengehen nach draußen. Auch fahren Industrie und Bauwirtschaft wieder ihre Produktion hoch.

Allerdings dürfen die meisten Geschäfte immer noch nicht öffnen. Restaurants und Bars dürfen nur Liefer- oder Mitnehm-Service anbieten und bleiben bis Juni für Besuche weiter geschlossen.

Bisher fast 29.000 Menschen mit dem Coronavirus gestorben

Italien zählt zu den am härtesten von der Lungenkrankheit Covid-19 getroffenen Staaten, allerdings fiel am Montag die Zahl der gemeldeten Todesfälle mit 174 auf den niedrigsten Wert seit fast zwei Monaten. Insgesamt haben die Behörden 28.884 Todesfälle registriert sowie 210.717 Infizierte. Besonders viele Fälle gibt es in der industriestarken Lombardei und anderen nördlichen Regionen.

Regierungschef Giuseppe Conte steht unter Druck, die Maßnahmen weiter zu lockern. Museen und Kleinhandel sollen erst ab 18. Mai wieder öffnen dürfen. Friseure, Bars und Restaurants erst ab Juni. Schulen und Kindergärten bleiben bis September geschlossen. (apa/dpa/red)