Leasing-Test : INDUSTRIEMAGAZIN-Vergleich: Vorsicht vor den Autobanken

Leasing-Irrsinn
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Arnold Sametinger hat einen verantwortungsvollen Job. Er leitet einen der größten Fuhrparks des Landes – jenen des ÖAMTC. Seine Aufgabe nimmt er sehr ernst, und damit steht er im Gegensatz zu manchem anderen Unternehmen, die er aus seiner Tätigkeit kennt: „Es gibt viele Betriebe, wo der Fuhrpark von irgendjemandem nebenbei mitgemacht wird. Viele Unternehmen sind sich dessen nicht bewusst, dass es da um sehr viel Geld geht“, erklärt Sametinger.

Und die Preisunterschiede, etwa bei Leasingverträgen für Firmenfahrzeuge, sind, wie der ÖAMTC-Experte weiß, eklatant. Selbst beim Touring Club – bei dem Großabnehmer und kritischen Rechner würde man eher knapp realistisch kalkulierte Angebote erwarten – liegen zwischen dem besten und dem schlechtesten Angebot oft monatliche Mehrkosten von 150 Euro. Wie aber kann es da einem KMU mit einem kleineren Fuhrpark und weniger Transaktionen ergehen? Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht und – transparent als INDUSTRIEMAGAZIN Verlag* – eine Reihe von Angeboten untereinander verglichen. Vorneweg: Die Differenzen sind enorm! (*Der Industriemagazin Verlag hat keine bestehenden Fahrzeugleasingverträge. Es existieren keine bestehenden Kundenverbindungen zu Leasinganbietern. Den Leasinganbietern wurde nicht offen gelegt, dass über das Angebot berichtet würde.)

Zuerst aber zu den Parametern unseres Vergleichs: Eingeholt wurden Angebote für einen VW Passat, einen BMW 320i und einen Mercedes C 180, jeweils für einen Leasingvertrag über drei Jahre, mit 30.000 Kilometern pro Jahr und keiner Anzahlung. Angefragt haben wir klassische Banken ebenso wie Leasinggesellschaften von Autoproduzenten und das Spezialinstitut der Autobank. Gebeten wurde um jeweils ein Offert mit fixer und einem mit variabler Verzinsung. Die Unterschiede sind in der aktuellen Zinssituation allerdings marginal. Manche Leasinggesellschaft bieten variable und fixe Verzinsung derzeit mit identen Konditionen an.

Für den Test haben wir uns für die Variante „Operating Leasing“ entschieden. Im Vergleich zum klassischen Restwert-Leasing gleicht das Operating Leasing eher einem Mietmodell. Als Kunde bekommt man ein Auto für einen definierten Zeitraum bereitgestellt und bezahlt dafür eine monatliche Miete. Das macht diese Variante einerseits einfacher – Restwert und Zinsen entfallen bzw. sind dem Kunden nicht bekannt und werden nur für die Kalkulation durch die Bank im Hintergrund verwendet. Andererseits ist Operating Leasing etwas intransparent, weil man die Berechnungsgrundlagen nicht kennt.

Ob Restwert-Leasing oder Operating Leasing zu bevorzugen ist, hängt für Gerhard Rauscher, Geschäftsführer bei Unicredit Fuhrparkmanagement, vor allem vom gewählten Fahrzeug und dessen Verwendung ab. „Bei Nutzfahrzeugen, etwa auf Baustellen, würde ich mit Restwert-Leasing finanzieren, weil ja eine Weiternutzung nach Ablauf des Leasingvertrages sinnvoll ist.“ Aber bei klassischen Dienstfahrzeugen macht es Sinn, den Wagen alle paar Jahre zu tauschen. Mit Operating Leasing kann man den alten ganz einfach zurückgeben.

Denn das Restwertrisiko, d. h. die Festlegung desselben und die anschließende Verwertung zumindest zu diesem Betrag, liegt beim Operating Leasing beim Leasinggeber. Das ist mit ein Grund, weshalb nicht jede Bank diese Variante anbietet und weshalb z. B. Mercedes-Benz Financial Services Operating Leasing nur für die eigene Marke macht.

Differenz von mehr als 7.000 Euro

Viele Angebote einzuholen und exakt zu vergleichen, lohnt auf alle Fälle. Das zeigt ein Blick auf die Ergebnistabelle unseres Tests: Beim BMW 320i lag der Unterschied in der monatlichen Belastung zwischen dem Top- und dem Flop-Angebot bei 200 Euro. Über 3 Jahre läppert sich das auf über 7.000 Euro! Die entsprechende Differenz liegt beim Mercedes C 180 bei 6.000 Euro, beim Passat bei runden 3.600 Euro.

Kaum vorstellbar, dass etwa idente Wohnungen zu so unterschiedlichen Preisen vermietet werden, warum aber gibt es beim KFZ-Leasing derartige Differenzen? Dazu Arnold Sametinger vom ÖAMTC: „Es gibt Banken, die das Auto eigentlich gar nicht zurückhaben wollen, weil sie nicht die Spezialisten in der Ver-wertung sind.“ Entsprechend vorsichtig kalkulieren diese Institute beim Opera-ting Leasing und setzen einen sehr nied rigen Restwert an. „Außerdem“, so Same tinger, „weiß man ja nicht genau, was ein Wagen in drei oder vier Jahren wert sein wird. Da gibt es große Unsicherheiten, beispielsweise auch, was die mögliche zukünftige Besteuerung von Diesel betrifft.“

Für Gerhard Rauscher von Unicredit Fuhrparkmanagement haben die Zinsen beim Operating Leasing aktuell keine Auswirkung auf den Preis. „Ein Angebot wird davon bestimmt, wie mutig man den Restwert einschätzt. Den sehen Sie als Kunde zwar nicht, aber in der Kalkulation gibt es ihn natürlich“, erklärt Rauscher. Die Bewertungen der Banken sind da sehr unterschiedlich und das ist ein riesiger Hebel für den Preis.

Und außerdem besteht im Leasinggeschäft großer Konkurrenzdruck. Manche Institute fallen daher mit besonders günstigen Konditionen aus dem Rahmen. Das gilt auch für Zeiträume, in denen bestimmte Stückzahlen erreicht werden sollen. Entscheidend für einen Vergleich der Kosten ist nur das Leasingentgelt, ohne zusätzliche Services aus dem Bereich Fuhrparkmanagement (Wartung, Reifen, Kraftstoff, Schadensmanagement, Versicherung etc.) heranzuziehen. Ansonsten wäre das irreführend, weil man ab und an schon auf den Trick stößt, Nebenleistungen reinzupacken, um die tatsächlichen Kosten des Leasings zu verschleiern.

Die Überraschung: Klassische Banken liegen vor Autobanken

Weil ja auch die Service-Qualität entscheidend ist, sei noch erwähnt, dass das schnellste Offert von der Porsche Bank kam. Unsere Anfrage wurde um 10:53 Uhr versandt, das komplette Angebot war um 15:07 Uhr in unserer Inbox. Schneller war nur Easy Leasing, die uns binnen vier Minuten mitteilten, dass sie kein Operating Leasing anbieten. Platz zwei geht an die Unicredit: 16:12 Uhr. Sämtliche Berater, die wir kontaktiert haben, waren freundlich und kompetent, und alle haben auf Nachfrage auch Verhandlungsspielraum bei der Preisgestaltung signalisiert.

Was sogar den Fuhrparkleiter des ÖAMTC überrascht hat, ist die Tatsache, dass die Angebote der klassischen Banken durchgehend besser waren als jene der Institute der Autoproduzenten. Selbst bei einem Volkswagen ist etwa die Porsche Bank nicht Bestbieter – trotz „Porsche Bank Bonus“. „Eigentlich sind die Fahrzeugbanken in einer besseren Situation, weil sie im Hintergrund auf ein Vertriebsnetz zurückgreifen können“, erklärt Sametinger deren Vorteil im Bereich der Verwertung.

In diese Kerbe schlägt auch Rauscher: „Da wundere ich mich schon. Bei Mitbewerberangeboten erlebe ich oft das Gegenteil.“ Auch er verweist auf die guten Verwertungsmöglichkeiten der „Autobanken“ und dass das natürlich einen positiven Effekt auf den Restwert hat.

Aber, wie man sieht, „glauben ist gut, vergleichen ist besser“. Sametinger rät vor allem KMUs dazu, viele Angebote einzuholen. „Als ÖAMTC sind wir da auch gerne behilflich, die Offerte zu bewerten.“ Außerdem empfiehlt er, gängige Autos zu wählen, die später wieder leicht zu verwerten sind. Nicht die Mitarbeiter sollten entscheiden, welches Dienstfahrzeug sie bekommen, sondern ein Experte, der die monetären Auswirkungen beurteilen kann. In keinem Fall sind das die Vorzimmerdame oder der Hausmeister – die den Fuhrpark nebenbei mitschupfen – das kann echt ins Geld gehen.

Anmerkung: Der Test wurde im Juni 2017 durchgeführt. Die erste Version dieses Artikels erschien im Juli 2017.