Bahnindustrie : Gut für Siemens: Paris vergibt riesigen TGV-Auftrag an Alstom

Siemens-Chef Joe Kaeser hat angesichts von Bedenken in Frankreich erneut für die geplante Fusion der Bahnsparten seines Unternehmens mit dem französischen Hersteller Alstom geworben. Es handle sich um eine Fusion unter Gleichen, sagte er der französischen Tageszeitung "Le Figaro". "Das ist eine großartige Gelegenheit in einem Wachstumssektor."

Frankreich bestätigt riesigen Auftrag der nächsten TGV-Generation

Vor dem Hintergrund der angekündigten und in Frankreich durchaus umstrittenen Fusion hat die Pariser Regierung einen geplanten Großauftrag bestätigt: Der französische Staat werde 100 Hochgeschwindigkeitszüge einer neuen Generation des Alstom-Aushängeschilds TGV bestellen, sagte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire.

Zwar müsse dieser Auftrag Ende April oder Ende Juni noch in einem Gremium des staatseigenen Bahnbetreibers SNCF durchgewunken werden, doch die Entscheidung stehe fest. Nach früheren Angaben von Alstom soll die geplante neue TGV-Generation 2022 in Dienst genommen werden.

ICE und TGV in Zukunft vom selben Hersteller

Alstom und der deutsche Siemens-Konzern hatten im September angekündigt, ihre Zugsparten zusammenzulegen. Damit würden der deutsche ICE und der französische TGV künftig aus dem gleichen Haus kommen.

Siemens soll eine knappe Mehrheit an dem Unternehmen halten. Dies hatte in Frankreich für Diskussionen gesorgt. Französische Gewerkschaften sehen den Deal kritisch.

Französische Gewerkschaften wollen vermeiden, dass mittelfristig und entgegen den offiziellen Ankündigungen doch zahlreiche Arbeitsplätze verschwinden müssen.

Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat zu diesem Thema diese Woche mit Vertretern der Arbeitnehmer sowie mit den Konzernchefs Kaeser und Poupart-Lafarge gesprochen. Konkrete Änerungen im Plan der Fusion wurden jedoch anschließend keine bekannt.

Kaeser: "Siemens Alstom wird ein französisches Unternehmen sein"

Kaeser versicherte: "Siemens Alstom wird ein französisches Unternehmen sein, mit einem Sitz in Frankreich, an der französischen Börse notiert und mit einem sehr guten französischen Chef." Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge soll den Zusammenschluss führen.

Verwaltungsrat von Siemens Alstom steht fest

Während der Treffen wurde die Spitze des künftigen Verwaltungsrates von Siemens Alstom nominiert: Vorsitzender des Gremiums soll der für die Mobilitätssparte zuständige Siemens-Vorstand Roland Busch werden.

Als sein Stellvertreter wurde der französische Industriemanager Yann Delabriere nominiert, der dem Alstom-Verwaltungsrat bereits angehört. Auch die Nominierungen gelten vorbehaltlich der Zustimmung der Alstom-Aktionäre sowie der Genehmigung der Allianz durch die Behörden.

Kaeser räumte ein, es stimme, dass Siemens die Mehrheit des Kapitals haben werde. "Aber das wird sich nur einmal im Jahr zeigen, zum Zeitpunkt der Hauptversammlung."

In Deutschland gebe es dagegen Sorgen, weil Mitarbeiter künftig für eine französische Firma arbeiten müssten. "Aber sie werden vor allem Mitglieder einer großen Familie sein", lässt sich Kaeser zitieren.

Massive "Synergieeffekte" - und mögliche Einschnitte

Spätestens ab 2022 soll die Fusion Synergieeffekte von 470 Millionen Euro pro Jahr bringen, wie Siemens bereits angekündigt hatte. Der deutsche Konzern hatte sich im Zuge der Fusionsentscheidung mit Arbeitnehmervertretern auf vierjährige Standort- und Jobgarantien, auf den Erhalt der Mitbestimmung und die Absicherung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in Deutschland und Frankreich geeinigt.

In vielen Bereichen ergänzten sich die beiden Unternehmen, es gebe aber auch Doppelarbeit, die man künftig vermeiden wolle, verlautete aus Unternehmenskreisen. Einsparpotenziale böten sich zudem beispielsweise im Einkauf.

Fusion als direkte Reaktion auf Chinesen

Die Fusion wird als direkte Reaktion der europäischen Zughersteller auf eine riesige Fusion zweier Konzerne aus China, die nach Jahren des Wachstums und "Technologietransfers" heute zum weltweit mit Abstand größten Bahnindustriekonzern CRRC aufgestiegen sind.

Vor der Einigung mit Alstom hatte Siemens erfolglos versucht, seine Zugsparte mit Bombardier zusammenzulegen.

(red/dpa/apa)