Erdgas : Gazprom will keine neuen EU-Regeln für seine Gasröhre Nord Stream 2

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Die Gazprom-Tochter Nord Stream 2 hat die EU-Kommission davor gewarnt, kürzlich beschlossene Regeln für Pipelines auch auf ihr noch im Bau befindliches Projekt anzuwenden. Ein Unternehmenssprecher bestätigte der Nachrichtenagentur AFP einen entsprechenden Brief von Geschäftsführer Matthias Warnig an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Nord Stream 2 soll Gas von Russland nach Deutschland transportieren und ist besonders in Osteuropa umstritten. Die EU hatte diesen Monat eine Änderung der gemeinschaftlichen Gasrichtlinie endgültig beschlossen. Demnach unterliegen Pipelines aus Drittstaaten künftig EU-Regeln.

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Das große Problem beim Projekt Nord Stream 2

Der Betrieb der Leitung und die Belieferung mit Erdgas muss dann strikt getrennt werden. Die Nord Stream 2 AG, die mehrheitlich dem russischen Gazprom-Konzern gehört, hat bei dem deutsch-russischen Projekt beides in der Hand. Ursprünglich hatten sich auch die westlichen Energiekonzerne ENGIE (früher GDF Suez), OMV, Shell, Uniper und Wintershall an dem Projekt beteiligen wollen, sie mussten sich aber auf politischen Druck vor allem aus Polen zurückziehen.

Durch die neue Regelung würde die Nord Stream 2 AG als Investor diskriminiert, beklagte nun Geschäftsführer Warnig. Das Unternehmen habe seit 2015 knapp 6 Mrd. Euro in das Pipelineprojekt investiert. Die Entscheidungen dazu seien "vor der Annahme der Änderung der Richtlinie getroffen und umgesetzt worden", heißt es in dem Brief, über den das Magazin "Politico" zunächst berichtet hatte.

Eckdaten zur EU-Richtlinie

Die EU-Richtlinie gilt grundsätzlich für alle Pipelines aus Drittstaaten. Für bestehende Leitungen können jedoch Ausnahmen gemacht werden. Nord Stream 2 werde zum Inkrafttreten der überarbeiteten Richtlinie zwar voraussichtlich nicht betriebsfähig, aber "im Wesentlichen fertiggestellt sein", unterstrich Warnig. Das Projekt müsse daher für eine Ausnahmeregelung in Frage kommen.

Nach Angaben des Unternehmens sind bisher über 1.000 Kilometer Rohrleitung der doppelläufigen Pipeline verlegt. Sie soll über insgesamt 1.230 Kilometer durch die Ostsee verlaufen.

Insbesondere östliche EU-Staaten und die USA sehen das Vorhaben äußerst kritisch. Auch EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) hat angekündigt, das Bauvorhaben als möglicher neuer EU-Kommissionspräsident zu stoppen. Die Pipeline verstärke die "Abhängigkeit der EU von russischem Gas", sagte er in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der polnischen Zeitung "Polska The Times".

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Berlin und Wien für den Bau der Gasröhre

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist für den Bau der Pipeline. Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte in Berlin, die Position habe sich nicht geändert.

Deutschland hatte die Gesetzesinitiative zur Überarbeitung der Gasrichtlinie lange blockiert. "Der gefundene Kompromiss zu Gasrichtlinie ist ein Beleg dafür, dass Europa in der Lage ist, auch bei kontrovers diskutierten Themen zusammenzufinden", sagte Demmer. Daran habe "bestimmt auch die neue EU-Kommission ein Interesse". Zur Frage, ob es tatsächlich noch rechtliche Möglichkeiten gibt, das Projekt zu stoppen, wollte Demmer sich nicht äußern.

Eine Sprecherin des deutschen Wirtschaftsministeriums betonte, wichtig sei, dass der Gasbedarf der EU und Deutschlands gedeckt werde. Gerade in Deutschland werde dieser wegen des Atom- und des Kohleausstiegs absehbar steigen. (afp/apa/red)

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