Chinesen und Österreich : Gastgeber, die gerne selbst zu Besuch kommen - und Firmen aufkaufen

Es ist wie berichtet die bisher größte Delegation aus Österreich, die China besucht. Der erste Programmpunkt von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seiner ebenso zahlreichen hochkarätigen Entourage bringt das Motto des groß angelegten österreichischen Staatsbesuchs im Reich der Mitte auf den Punkt: "Austria Connect China 2018" heißt die Wirtschaftskonferenz in Peking. Kontakte wurden freilich bereits in der Vergangenheit geknüpft.

China fünftgrößter Handelspartner für Österreicher

Österreichische Firmen investieren gerne in China, es gibt aber auch schon zahlreiche chinesische Beteiligungen in Österreich. China ist für die österreichische Wirtschaft der fünftgrößte Handelspartner und der wichtigste in Asien. 2017 hat Österreich Waren im Wert von 3,7 Mrd. Euro nach China geliefert - vor allem Maschinen und Motoren, Elektrogeräte und Messinstrumente.

Hoffnung macht man sich auch wegen der Olympischen Winterspiele 2022 in der chinesischen Hauptstadt. Sie könnten den Wintersportsektor in dem rund 1,4 Milliarden Einwohner zählenden Staat beflügeln. Dadurch rechnen sich verschiedene österreichische Firmen wie der Lifthersteller Doppelmayr aber auch Ski- und sonstige Winter-Accessoires-Produzenten gute Chancen aus.

Neue Verträge, neue Aufträge

Daher kommt vielleicht dem Untertitel des Events besondere Bedeutung zu: "Let's talk strategy". An der Business-Conference im Ballroom eines renommierten Pekinger Hotels werden am Sonntagvormittag neben Van der Bellen auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ), Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) sowie Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und zahlreiche Wirtschaftsvertreter teilnehmen.

Neben einem Treffen mit der chinesischen Staatsspitze in Peking am Nachmittag steht für den Großteil der Delegation im weiteren Verlauf der Reise auch ein Besuch des Boao-Wirtschaftsforums auf der Insel Hainan auf dem Programm.

China geht in Europa sehr gern auf Einkaufstour - in der Firmenlandschaft

Aber auch China drängt mit Akquisitionen auf den österreichischen Markt. "Die chinesischen Firmen kaufen im Ausland Kompetenz ein", meinte dazu Jonas Puck, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), im Vorfeld der Reise im APA-Gespräch.

Zuletzt gab es Anfang März eine spektakuläre Übernahme: Der chinesische Investor Fosun schnappte sich den Vorarlberger Wäschekonzern Wolford. Ein weiteres prominentes Beispiel ist der oberösterreichische Luftfahrtzulieferer FACC, der seit 2009 mehrheitlich der staatlichen Militärhersteller Aviation Industry Corporation of China (AVIC) gehört.

Zwei Jahre nach dem FACC-Deal ging der steirische Motorenhersteller ATB aus der ehemaligen A-Tec-Gruppe ebenfalls an Chinesen. Das Industrieunternehmen Wolong machte für ATB rund 100 Mio. Dollar locker.

Ein Jahr später verschwand für eine gute Milliarde Euro der Mobilfunker Orange vom österreichischen Markt, als der hinter dem Konkurrenten "Drei" stehende Hongkonger Mischkonzern Hutchison zugriff. Auch die 2017 erfolgte 95 Mio. Euro schwere Übernahme von Tele2 Österreich geht auf das Konto von Hutchison/Drei.

Der oberösterreichische Spezialmotorenbauer Steyr Motors wurde 2012 zu 100 Prozent an den Hongkonger Finanzinvestor Phoenix Tree HSC Investment (Wuhan) verkauft. Hauptgesellschafter war bis dahin der frühere Minister Rudolf Streicher. Der Autobahn-Raststättenbetreiber Rosenberger gehört seit 2013 den beiden chinesischen Familien Liu und Ni. Im selben Jahr beteiligten sich der Salzburger Kranhersteller Palfinger und sein China-Partner Sany Heavy Industries mit je 10 Prozent aneinander. 2017 reduzierte Sany auf 7,5 Prozent.

In den vergangenen Jahren gab es mehrere kleinere Übernahmen. So bekam der Flachkabelhersteller I&T 2014 nach abgeschlossenem Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung ebenfalls einen chinesischen Mehrheitseigentümer: Die Changzhou Xingyu Automotive Lighting Systems Co. Ltd. hält seitdem 70 Prozent der Anteile des burgenländischen Automobilzulieferers.

Der Salzburger Softwareentwickler Snapshot hat seit 2015 chinesische Mehrheitseigentümer. Ebenso die P & P Industrietechnik GmbH, die zu 100 Prozent der Harbin Boao Environmental Technology Co.Ltd. gehört.

Der Kläranlagenbauer KWI mit Sitz in Ferlach, Kärnten, wird seit 2015 über eine schwedische Zwischengesellschaft von Shanghai Safbon Water Service gehalten. Der Transaktionswert der Übernahme belief sich auf 38,8 Mio. Euro, wie es vom Unternehmensberater EY unter Berufung auf ThomsonReuters-Daten heißt.

Der Autozulieferer Austria Druckguss aus Gleisdorf in der Steiermark steht seit 2016 zur Gänze im Eigentum der Anhui Zhongding Holding. Die Leobersdorfer Maschinenfabrik (LMF) ist nach mehreren Eigentümerwechseln ebenfalls bei Chinesen gelandet: Um 23 Mio. Euro übernahm Kaishan Compressor 95,5 Prozent an dem Industrieanlagenbauer.

Auch die Wiener Fondsgesellschaft C-Quadrat kommt in chinesische Hände, nämlich in die des Mischkonzerns HNA Group. Bisherige Kernaktionäre haben vergangenes Jahr nämlich aufschiebend bedingte Aktienkaufverträge mit der HNA Group über den Erwerb von Aktien der C-Quadrat Investment AG abgeschlossen, wie C-Quadrat im Mai 2017 mitteilte.

Chinesen besitzen schon ganze Skigebiete in Österreich

Das Salzburger Skigebiet Gaißau-Hintersee ist nach der Insolvenz vergangenes Jahr von Zhonghui Wang zu 75 Prozent übernommen worden. Der Investor betreibt auch in China Liftanlagen. Allerdings sind Einheimische und das Land Salzburg nicht sehr glücklich mit dem neuen Betreiber. Erst zu Weihnachten wurden acht von neun Liften aufgesperrt.

Ebenfalls 2017 stieg die Haier Group beim Kärntner Solarunternehmen GREENoneTEC ein. In Wiener Neustadt schluckte die Wanfeng Aviation Industry Corporation den Flugzeughersteller Diamond Aircraft und in Grambach bei Graz übernahm die PIA Automation Holding (Ningbo Joyson Electronic) den Automationsspezialisten M&R Automation.

Wolford ist übrigens nicht der einzige Vorarlberger Wäschehersteller, bei dem Chinesen die Mehrheit übernehmen. Schon 2005 beteiligte sich die in Hongkong ansässige chinesisch-australische Benger Brands an Huber Tricot aus Götzis. Bis 2010 erhöhte Benger Brands den Anteil an Huber auf 100 Prozent.

Chinesen (inklusive Hongkong) sind derzeit die sechstgrößte Investorgruppe in Österreich, hinter der klaren Nummer eins Deutschland, den USA, der Schweiz, Frankreich und Schweden. Allerdings: "Österreich befindet sich nach wie vor nur am Rande des Radars chinesischer Investoren" glaubt EY-Expertin Eva-Maria Berchtold kürzlich in einer Studie zu chinesischen Direktinvestitionen in Europa. Die einzelnen Transaktionen zeigten, dass Chinesen hierzulande gezielt nach stark spezialisierten Betrieben und führenden Technologien Ausschau hielten.

Die Ansiedelungsagentur Austrian Business Agency (ABA) zählt im Firmenbuch aktuell 100 chinesische Unternehmen in Österreich (Firmen mit chinesischen Gesellschaftern und Zweigniederlassungen chinesischer Firmen). Laut Nationalbank beliefen sich die Direktinvestitionen aus China und Hongkong 2016 auf 3,4 Mrd. Euro. (apa/red)