Autoindustrie : Fusion mit Renault: Paris will Verschiebung - da wirft Fiat Chrysler das Handtuch

Fiat Chrysler (FCA) hat sein Fusionsangebot an Renault zurückgezogen. Es sei klar geworden, dass derzeit die politischen Voraussetzungen, damit ein solcher Zusammenschluss erfolgreich sei, in Frankreich nicht gegeben seien, teilte der italienische-amerikanische Autobauer in einer Stellungnahme in London mit.

FCA sei weiterhin davon überzeugt, dass der Fusionsvorschlag überzeugend gewesen sei und für alle Parteien Vorteile gebracht hätte, hieß es.

Frankreichs Regierung beantragt Versdchiebung

Aus Fiat-Kreisen verlautete, Grund für die Absage sei der Versuch Frankreichs, eine Entscheidung über die Fusion zu verschieben. Ein weiterer Insider sagte dazu, Frankreich habe den 30 Milliarden Euro schweren Zusammenschluss hinauszögern wollen, um mit Nissan und der Regierung in Tokio zu beraten. Frankreich hält 15 Prozent an Renault.

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat bei einer Sitzung des Renault-Verwaltungsrats eine zusätzliche Bedenkzeit bis kommenden Dienstag verlangt, so Renault. Zuvor hat Renault mitgeteilt, eine Entscheidung über förmliche Fusionsgespräche erneut zu verschieben. Der Verwaltungsrat hatte über die Fusionsofferte beraten, konnte aber keine Entscheidung mehr treffen, da Regierungsvertreter die Verschiebung beantragten, so Renault.

Fiat Chrysler: Paris ist schuld

Aus dem Umfeld von Fiat Chrysler wurde die französische Regierung für das Platzen der Fusion verantwortlich gemacht. Paris habe "neue Forderungen" gestellt und damit den Zusammenschluss torpediert, hieß es. Die Haltung des Wirtschaftsministeriums sei "unverständlich".

Frankreichs Minister: Nissan war dagegen

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire erklärte dagegen in Paris, die Bedingung einer "expliziten Unterstützung" der Fusion durch Nissan sei nicht erfüllt gewesen. In allen anderen Punkten habe mit Fiat Chrysler Einigkeit bestanden.

Le Maire reist Ende dieser Woche nach Japan und wollte dort um Zustimmung zu dem Deal werben. Der Renault-Verwaltungsrat hatte seine Entscheidung daraufhin vertagt, obwohl nach informierten Kreisen eine breite Mehrheit für die Fusion war.

Fiat mit Renault würden zur Nummer drei aufsteigen

FCA hatte in der vergangenen Woche sein Ansinnen öffentlich gemacht, sich mit Renault zusammenzuschließen. Die Unternehmen hätten gemeinsam noch vor General Motors zum weltweit drittgrößten Autohersteller aufsteigen und die Marktführer Volkswagen und Toyota herausfordern können. Fiat Chrysler hatte vorgeschlagen, dass beide Unternehmensgruppen - also FCA und Renault - je die Hälfte an der neuen Gesellschaft halten. Zusammen würden sie auf 8,7 Millionen Fahrzeuge im Jahr kommen.

Mit Nissan sogar größer als VW und Toyota

Hätten sich auch die japanischen Renault-Bündnispartner Nissan und Mitsubishi an dem Bündnis beteiligt, wäre sogar der weltweit größte Autokonzern mit fast 16 Millionen Fahrzeugen entstanden.

Nissan-Chef Hiroto Saikawa hatte zuvor gewarnt, im Falle einer Fusion mit Fiat Chrysler müsse die jahrelange Partnerschaft mit Renault "grundlegend neu definiert" werden. Renault hält rund 43 Prozent des Kapitals bei Nissan, der japanische Autobauer kontrolliert 15 Prozent bei Renault.

Analysten sehen die Pläne positiv

Analysten zufolge hätte die Fusion ein Erfolg für beide Seiten werden können: Renault sei besonders in Europa sowie in Russland und Osteuropa stark, etwa mit seinem erfolgreichen Modell "Dacia" im unteren Preissegment. Außerdem gehören die Franzosen bei der Elektromobilität zu den führenden Autobauern. Fiat Chrysler dagegen sei viel stärker als die Franzosen in Nordamerika gut aufgestellt, etwa mit Premiummarken wie "Jeep".

"Nehmen wir uns die Zeit, die Dinge richtig zu machen"

Renault reagiert bereits unmittelbar nach Veröffentlichung der Offerte des italienisch-amerikanischen Konzerns mit Interesse. Auch der französische Staat reagierte positiv. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warnte jedoch vor zu viel Eile bei den Gesprächen. "Nehmen wir uns die Zeit, die Dinge richtig zu machen", sagte Le Maire dem Fernsehsender BFMTV.

Paris: Gespräche könnten bald wieder anlaufen

In der französischen Regierung gibt es Zuversicht, dass die Fusionspläne noch nicht ganz vom Tisch sind. Haushaltsminister Gerald Darmanin sagte dem Sender Franceinfo, die Gespräche "könnten in nächster Zeit wieder aufgenommen werden". Er fügte hinzu: "Heute müssen wir die Arbeitsplätze in der französischen Automobilbranche schützen."

Paris grundsätzlich für Fusion - aber gegen Kündigungen

Die Regierung in Paris hatte zwar die Verschmelzung grundsätzlich begrüßt. Allerdings stellte sie eine Reihe von Bedingungen wie eine Garantie zum Erhalt von Arbeitsplätzen und Industrieanlagen in Frankreich. Zudem sollte der Renault-Partner Nissan eingebunden werden. Auch Italien hatte den Schutz von einheimischen Arbeitsplätzen gefordert.

In diesem Punkt herrschte Übereinstimmung mit Fiat Chrysler, wie Wirtschaftsminister Le Maire betonte. Auch einer Einbeziehung des fusionierten Konzerns in das europäische Batteriezellen-Projekt mit Deutschland stimmte der italienisch-amerikanische Konzern demnach grundsätzlich zu.

Beobachter erwarten trotzdem engere Kooperation Fiat - Renault

Experten hatten für den Fall eines Scheiterns über eine erweiterte Kooperation zwischen Fiat und Renault spekuliert. Beide Konzerne stehen unter Druck, weil sie für sich genommen zu klein sind, um die Kosten für den Wandel zu Mobilitätsanbietern zu stemmen. Renault hat zwar die Nase vorn bei Elektroautos. Hier hinkt Fiat hinterher. Beide Autobauer decken jedoch nur Teile des Weltmarktes ab. Fiat ist dank Chrysler vor allem stark in den USA, verbrennt in Europa aber Geld. Die Franzosen sind in Europa und in den Schwellenländern stark vertreten, dagegen in den USA nur über Nissan präsent. Auf dem weltgrößten Pkw-Markt China haben gleich beide Unternehmen Lücken. (reuters/dpa/apa/red)

Nach der geplatzten Fusion zwischen den Autobauern Fiat Chrysler und Renault schieben beide Seiten einander die Schuld zu. Fiat Chrysler betonte, die "politischen Voraussetzungen" seien in Frankreich derzeit nicht gegeben. Aus Kreisen der französischen Regierung war dagegen von einer "überstürzten Entscheidung" des italienisch-amerikanischen Autobauers die Rede.

Frankreich als 15-prozentiger Anteilseigner von Renault pocht auf eine Beteiligung des japanischen Herstellers Nissan, der mit Renault seit rund 20 Jahren eng verflochten ist.

Fiat Chrysler fühlte sich durch die Haltung der Franzosen offenbar so stark unter Druck gesetzt, dass der Konzern sein Angebot an den französischen Konkurrenten daraufhin zurückzog. Fiat Chrysler zeigte sich in einer Erklärung "fest überzeugt" davon, dass eine Fusion für beide Seiten vorteilhaft gewesen wäre.

Fiat Chrysler erklärte, die "politischen Voraussetzungen" seien in Frankreich derzeit nicht gegeben. Die französische Regierung reagierte zurückhaltend. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire erklärte in Paris, er nehme die Entscheidung von Fiat Chrysler "zur Kenntnis". Er betonte, der französische Staat habe sich "konstruktiv" an den Diskussionen beteiligt.

Nach der geplatzten Fusion sind die Kurse der beiden Autobauer an den europäischen Börsen abgestürzt. In Paris rutschte der Renault-Kurs am Donnerstagmorgen um mehr als 7 Prozent ab. In Mailand verlor Fiat Chrysler mehr als 3 Prozent.(afp/apa/red)

Der geplatzte Zusammenschluss mit FCA ist derzeit nicht die einzige schlechte Nachricht für Renault. Wirtschaftsminister Le Maire erklärte, in der Affäre um Ex-Spitzenmanager Carlos Ghosn werde Anzeige erstattet. Wenn der Staat Aktionär eines Unternehmens sei, müsse er sicherstellen, dass dessen Führung gut funktioniere. Die Justiz müsse dann in der Sache entscheiden, so der Minister zu BFMTV. Bis wann die Anzeige eingereicht werden soll, sagte Le Maire zunächst nicht. Mehr dazu: Renault: Die Affäre um ehemaligen Konzernchef Ghosn hört einfach nicht auf >>

Renault hatte bei einer Tochtergesellschaft in den Niederlanden zweifelhafte Ausgaben von zusammen rund elf Millionen Euro entdeckt. Wie der Renault-Verwaltungsrat am Dienstagabend mitteilte, geht es dabei unter anderem um Kosten für Flugreisen des früheren Konzernchefs Ghosn. Auch in den Niederlanden sollten rechtliche Schritte gegen Ghosn abgewogen werden.

Eine Überprüfung der gemeinsamen Tochtergesellschaft mit dem japanischen Partner Nissan bestätigte erste Hinweise, wonach es dort ebenfalls Mängel gab im Hinblick auf die finanzielle Transparenz und Verfahren zur Ausgabenkontrolle. Die Prüfung habe "problematische" Ausgaben in einem Zeitraum innerhalb der vergangenen zehn Jahre ergeben, erklärte Nissan am Mittwoch in einer Stellungnahme. Es gehe unter anderem um Kosten für private Reisen sowie um Geschenke und Spenden deren Zweck unklar oder unangemessen gewesen sei, hieß es. Die Überprüfung dauere an, so Nissan.

Nach der Verhaftung Ghosns in Japan war das von ihm geschaffene und kontrollierte französisch-japanische Auto-Bündnis zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi in eine schwere Krise geraten. Ghosn war ein Verstoß gegen Börsenauflagen in Japan vorgeworfen worden. (reuters/dpa/apa/red)